Shimmer
des Meeres verstand, der Biscayne Bay, des Intracoastal Waterway und des Hafens von Miami war man auf der sicheren Seite. Man musste auf das Wetter achten, auf Tanker, Multimillionendollarjachten und Segelboote, auf Schwimmer, Delphine und die verdammten, unter Naturschutz stehenden Seekühe – vor allem aber musste man nach der Küstenwache und Marinepatrouillen Ausschau halten.
Nach dem Gesetz .
Natürlich galt das besonders, wenn man einen frisch Ermordeten an Bord hatte.
Rückblickend schien es Cal, als habe er damals zunächst geplant, aufs Meer hinauszufahren und die Leiche einfach zu versenken. Tatsächlich hatte er entsprechende Vorbereitungen getroffen und sich unmittelbar vor der Nase der Milliardäre von Star Island hinausgeschlichen, sogar durch Staatsgewässer. Dabei waren sein Gesicht und sein Haar noch immer silbern gewesen, und er hatte einen toten Mann an Bord gehabt.
Man stelle sich das vor!
Und dann hatte er das Ruderboot gesehen, erhellt vom Mondlicht und vertäut an einem Segelboot, das mitten im Nirgendwo vor Anker lag. Und niemand schien ihn zu beobachten, außer vielleicht Gott, und der, so dachte Cal, hatte gerade in die andere Richtung geschaut, als er den Anker geworfen hatte und zu dem Ruderboot geschwommen war, um es mit einem Messer loszuschneiden.
Damals war ihm das wie eine geniale Idee erschienen, erinnerte er sich nun, obwohl die eigentliche Tat ihn beinahe umgebracht hätte. Seine Anspannung war schier unerträglich gewesen, als er das kleine Boot an der Baby festgemacht hatte, um mit ihm aufs offene Meer hinauszufahren und dort die Leiche ins Boot zu legen. Das tote Gewicht über die Reling zu wuchten hatte viel Kraft erfordert – so viel, dass Cal sich fast übergeben hätte, und sein Herz schlug so schnell, dass er geglaubt hatte, er müsse sterben, doch er hatte überlebt.
Cal war klüger und kräftiger gewesen als erwartet.
Er wünschte nur, er hätte Jewel davon erzählen können.
Na ja, nicht ganz.
Dabei hätte es durchaus schiefgehen können. Der Tote hätte das Ruderboot verfehlen, hätte es zum Kentern bringen oder gar zerschmettern können; aber dann wäre er ohnehin auf den Meeresgrund gesunken, vermutete Cal, also war auch das kein Problem.
Aber wie dem auch sei, es hatte es funktioniert.
Diesmal ging Cal auf Nummer sicher. Er hatte Kleider zum Wechseln dabei – ein schwarzes T-Shirt, graue Shorts und Sneakers –, dazu Make-up-Entferner für seinen silbernen Mascara, Seife und Feuchtigkeitscreme für seine Haut. Die Tür zum Abgang hatte er verriegelt und mit einem Schloss versehen – nicht dass ein einfaches Vorhängeschloss die Cops aufgehalten hätte, sollte jemand sie rufen, aber Cal war zumeist recht optimistisch.
Und vielleicht war er ein Spieler.
Im Augenblick zum Beispiel spekulierte er darauf, dass seine tote Tigerkatze während der Fahrt auf der Baby unentdeckt blieb, solange er zu Fuß nach einem kleinen Boot suchte. Er wusste von ein paar Dingis, die ein Stück weiter südlich an größeren Booten vertäut waren.
Bingo!
Cal fand nicht nur einen, sondern zwei Kandidaten, die nahezu perfekt für seine Zwecke waren. Eines der Boote sah ein wenig teurer aus als das andere; also war es vermutlich mit einer Alarmanlage gesichert. Das zweite Boot war viel schlichter. Es verfügte über zwei Ruder und einen Außenbordmotor, und es war nicht an einem anderen Boot vertäut, sondern direkt am Anleger.
Kein Problem.
Cal wartete kurz, beobachtete und lauschte.
Alles ruhig.
Die Entscheidung war getroffen, und er schlich sich an das Boot heran. Plötzlich kam ihm der Gedanke, dass er das Boot vielleicht behalten könnte. Er könnte Tabby einfach versenken und mit der Baby sowie dem Dingi als kleines Extra davonsegeln.
Doch ein Plan war ein Plan. Und wenn alles so lief wie beim letzten Mal, war Cal schon neugierig darauf, was diesmal geschehen würde, wenn man die Leiche fand.
Falls man sie fand. Das Dingi könnte von einer großen Welle erfasst werden, sodass Tabby doch noch spurlos versank; aber auch das war okay. Letztlich wäre es für Cal sogar sicherer.
Aber nicht so interessant.
Das Hochgefühl trieb ihn bis zum Ende an. Es war ein stetig wachsendes Gefühl des Erfolgs, wie er es noch nie empfunden hatte, besser sogar als letztes Mal, denn da hatten die Anspannung und das Wissen um sein Anfängerglück ihm irgendwie die Laune verdorben. Diesmal wusste er, was er tat.
Er ruderte mit dem Dingi durch das dunkle Wasser zurück zur Flamingo
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