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Shimmer

Shimmer

Titel: Shimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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Marina und zur Baby , wo er das Boot an einer Klampe festmachte.
    »Klampe«, sagte er laut. »Kla-, Kla-, Klampe.«
    Das hätte eine nette, rhythmische Melodie gegeben, aber jetzt war nicht die richtige Zeit zum Singen oder Tanzen, jetzt war die Zeit für stumme Konzentration. Cal kletterte an Bord der Baby und überlegte, zu was für einem Seemann er sich entwickelte. Mann, inzwischen könnte er sogar als Matrose anheuern!
    Sex-Matrose.
    Aber nun lief ihm erst einmal die Zeit davon. Die Nacht würde nicht ewig dauern, und in Jachthäfen begann der Tag stets früh. Tabby musste noch vor Sonnenaufgang von hier verschwinden, und so schickte er sich an, seine brillanten seemännischen Kenntnisse in die Tat umzusetzen. Vorsichtig stieß er vom Anleger ab, ließ den Motor an und manövrierte das Boot von seinem Liegeplatz, wobei er sorgfältig darauf achtete, nicht gegen die Stoßfänger eines anderen Bootes zu stoßen aus Angst, sonst noch vor dem Frühstück in einer verdammten Zelle zu landen ...
    Doch alles ging glatt. Anschließend navigierte Cal entlang der Bojen in die Bucht hinaus. Mit gleichmäßiger Geschwindigkeit fuhr er unter der East Bridge des Julia Tuttle Causeway hindurch und lenkte die Baby unter dem 79th Causeway hindurch nach La Gorce Island. Von da aus ging es diesmal in Richtung Baker’s Haulover Inlet. Beim letzten Mal war er durch Staatsgewässer gefahren, doch er wollte sein Glück nicht noch einmal auf die Probe stellen. Baker’s Haulover war zwar schwieriger zu befahren, aber sicherer – zumindest für Cal. Irgendwann würde er dann auf dem Atlantik Anker werfen, wo die größte Gefahr für seine Arme und Beine bestand – und vielleicht für seinen Verstand –, wenn er wieder mal ein totes Gewicht die Treppe hinaufschleppen, es aus dem Quilt wickeln und den nackten, zerschundenen Leib sehen musste, bevor er ihn über die Reling und ins Dingi wuchtete.
    Doch er schaffte es und machte seinen Job perfekt.
    »Na? Wer ist jetzt der dumme Hund, Jewel?«, brüllte Cal in die Nacht hinaus.
    Niemand hörte ihn außer den Vögeln und Fischen.
    Und vielleicht Gott.

49
     
    Ein paar Minuten nach sieben kam Grace mit Joshua auf den Armen die Treppe hinunter und fand Claudias Brief an ein Marmeladenglas auf dem Küchentisch gelehnt.
    Liebe Grace,ich habe mich mitten in der Nacht entschlossen, zurückzugehen. Ich weiß, hätte ich gewartet, um zuerst mit dir zu reden, hätte ich mich vielleicht wieder anders entschieden, und dann hätte ich nie den Mut gefunden, das Richtige zu tun. Ich liebe euch alle und danke euch aus tiefstem Herzen.Eure Claudia Grace brach in Tränen aus, und das wiederum brachte auch Joshua zum Weinen.
    »Oh, tut mir leid, mein Süßer«, sagte sie zu dem Baby und hörte sofort zu weinen auf. »Alles in Ordnung. Mommy geht es gut.« Sie wischte sich die Augen mit dem Handrücken ab und küsste Joshua auf die Nasenspitze, was ihn oft zum Lachen brachte.
    Nun aber lachte niemand, weder Grace noch ihr Sohn.
    Grace wartete, bis Joshua sich wieder beruhigt hatte; dann setzte sie ihn in sein Stühlchen, griff nach dem Telefon und drückte die Schnellwahltaste für das Handy ihrer Schwester.
    Ausgeschaltet.

50
     
    Cal gefiel nicht, wie er sich fühlte.
    Er war sichtlich mitgenommen und fühlte sich nicht annähernd so gut wie beim letzten Mal.
    Kein Singen im Blut.
    Diesmal war es anders. Diesmal hatte er die Tat geplant, und vielleicht war das der Grund dafür, warum ihm inzwischen mehr als nur ein wenig unheimlich wurde.
    Das war schlimm.
    Cal hatte die Baby geputzt und geputzt, schon als sie noch auf See gewesen waren. Bis auf die Scheuerbürste waren sämtliche Beweise verschwunden, genau wie beim ersten Mal im Meer versenkt. Als Cal mit dieser harten Arbeit fertig gewesen war, hatte er überlegt, ob es nicht an der Zeit sei, sein Boot an einen neuen Liegeplatz zu bringen. Doch zu guter Letzt brachte er die Baby wieder in die Flamingo Marina, denn da hatte er die Liegeplatzgebühren schon bezahlt. Außerdem – selbst wenn er ein weit entferntes Ziel ansteuern würde, müsste er mehrere Male anlegen, um zu tanken, wodurch er riskiert hätte, Aufmerksamkeit zu erregen. Und niemand hatte ihn, soweit er wusste, vergangene Nacht mit Tabby im Hafen ankommen sehen; also hätte es auch keinen Sinn gemacht zu gehen.
    Nicht dass überhaupt noch etwas Sinn machte.
    Cal konnte sich nicht daran erinnern, ob das überhaupt je anders gewesen war. Sein Verstand war draußen auf dem Meer

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