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Shimmer

Shimmer

Titel: Shimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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großer Wahrscheinlichkeit nichts mit dem Fall zu tun haben oder mit Joe Myerson in Verbindung stehen – jenem Mann, ohne den das Verbrechen womöglich nie entdeckt worden wäre, wie Sam ihm gleich zu Beginn der Befragung erklärt hatte.
    »Ich nehme an, irgendwo wäre er schon an Land gespült worden«, hatte Myerson gesagt.
    »Nicht unbedingt«, hatte Sam erwidert. »Für die nächste Zeit sind weitere Unwetter angekündigt.«
    Für einen Moment wirkte Myerson beruhigt; dann musste er wieder daran denken, was er gesehen hatte.
    Es würde noch sehr lange dauern, bis er es vergessen würde.

4
     
    Es war nicht leicht, aus Claudia etwas herauszubekommen.
    Kurz nach ihrer Ankunft hatte sie Grace gefragt, ob sie eine Zeitlang bleiben könne.
    »Sicher«, hatte Grace geantwortet. »Das weißt du doch.«
    Es kostete sie einige Mühe, nicht nach dem Warum zu fragen.
    »Dan arbeitet von zu Hause aus«, sagte Claudia. »So kann er sich um die Jungs kümmern.«
    »Hat er denn Zeit dafür? Schließlich muss er ein Büro leiten.«
    »Findest du nicht, dass ich mir auch mal eine Pause verdient habe?«
    Diese Art von schnippischem Selbstmitleid war gar nicht typisch für Claudia, und Grace wollte gerade nachbohren, als plötzlich Joshua aufwachte, sodass sich in der nächsten Stunde alles um ihn drehte. Als Grace sah, wie zärtlich Claudia mit dem Jungen umging und wie glücklich Joshua darauf reagierte, empfand sie erneut eine ungetrübte, überwältigende Freude, dass ihre Schwester gekommen war – die Schwester, die sich so oft auf der Suche nach Trost an sie geklammert hatte, nachdem sie von Frank Lucca, ihrem Vater, missbraucht worden war. Und schließlich war sie Grace gefolgt, als diese ihre innere Kraft entdeckt und die Flucht von Chicago nach Florida geplant hatte. Grace – die Schwester, die ihr noch immer nahestand, die sie liebte und ohne die sie nicht leben konnte.
    Es fiel Grace schwer, sich vorzustellen, was im Haus der Brownleys schiefgegangen sein könnte, denn als Claudia, Daniel und die Jungs noch auf den Florida Keys gelebt hatten, schienen sie eine Bilderbuchfamilie zu sein. Dann aber hatte Daniel beschlossen, nach Nordwesten zu ziehen, nach Washington State, wo er in Seattle ein neues Architekturbüro eröffnet und seiner Familie ein großes Haus an der Küste von Bainbridge Island gekauft hatte, fünfunddreißig Minuten mit der Fähre von der Stadt entfernt – ein Ort, den CNN und das Money Magazine einmal zur zweitbesten Wohngegend der Vereinigten Staaten erkoren hatten.
    Die Uferlage war bewusst gewählt, damit die Familie sich wie zu Hause fühlte, und Grace hatte den Eindruck, dass es bei Daniel und den Jungs funktioniert hatte: Sie fühlten sich pudelwohl. Bei Claudia aber war es anders, wie Grace schon seit langem vermutete.
    Ohne etwas dagegen getan zu haben. Nicht dass sie viel hätte ausrichten können, außer sie regelmäßig anzurufen, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen und sich Sorgen um sie zu machen.
    Nun brach eine neuerliche Woge von Schuldgefühlen über Grace herein. Sie war viel zu sehr mit ihrem eigenen Leben beschäftigt gewesen, mit ihrer eigenen Familie und ihren Patienten, als dass sie richtig über Claudia hätte nachdenken können. Und dann war vor gut einem Jahr die Hölle ausgebrochen, und kurz darauf war sie mit Joshua gesegnet worden. Anschließend war es nur noch darum gegangen, ihre Mutterrolle zu erfüllen und mit ihrer eigenen, unvertrauten Unsicherheit zurechtzukommen.
    Ausflüchte.
    »Du kannst so lange bleiben, wie du willst«, sagte Grace nun zu ihrer Schwester.
    Sie konnte nicht glauben, dass sie das nicht schon sofort gesagt hatte.
    »Ich dachte«, sagte Claudia, »da Cathy nun weg ist, hättet ihr vielleicht ein bisschen Platz.«
    Cathy, ihre angeschlagene Tochter, die in ihren jungen Jahren schon mehr erlitten hatte als die meisten Menschen in einem ganzen Leben, hatte Grace und Sam vor gut drei Monaten erklärt, dass sie ein wenig reisen wolle. Hier gebe es einfach zu viele böse Erinnerungen, egal ob auf dem Campus der Trent University, zu Hause, am Strand oder sonst wo in und um Miami.
    »Ich weiß, dass diese Erinnerungen mich überallhin verfolgen werden«, hatte Cathy zu ihren Eltern gesagt. »Trotzdem habe ich das Gefühl, es könnte mir helfen, eine Zeitlang fortzugehen.«
    Sam hatte sich länger dagegen gesträubt als Grace. Leidenschaftlich hatte er sich dafür eingesetzt, dass ihre Tochter zu Hause blieb, damit sie ihr beim Heilungsprozess zur

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