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Shimmer

Shimmer

Titel: Shimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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halb im Schatten verborgen, die sichtbare Hälfte angespannt und blass im schwachen Licht, das aus dem Zimmer nach draußen fiel.
    Sam versuchte, in dem einen Auge zu lesen, das er sehen konnte, doch es war schwer.
    Er sah nur eines: Furcht.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte er.
    Claudia atmete tief ein und stieß die Luft mit einem leisen Seufzen wieder aus.
    »Komm rein«, sagte sie.
    »Möchtest du nicht lieber rauskommen?«, fragte Sam.
    Schließlich hatte er Claudias Schwester genau das versprochen.
    »Bitte«, sagte Claudia. »Komm rein.«
    So einfach würde es also nicht werden.
    »In Ordnung«, sagte Sam.
    Er trat über die Schwelle und in Frank Luccas Heim. Der Geruch, der ihm in die Nase stieg, ließ ihn zögern.
    Und fast sah er die Gestalt, als die Tür sich hinter ihm schloss.
    Nur ein flüchtiger Eindruck, für mehr war keine Zeit.
    Denn der Fuß einer alten vergoldeten Lampe traf ihn mit voller Wucht an der rechten Schläfe, und für Sam gingen die Lichter aus.

61
     
    »Ich sollte ihn anrufen«, sagte Grace.
    Sie waren schon vor einiger Zeit in die Küche gegangen. David und Saul saßen am Tisch und tranken Kaffee, während Joshua in seinem Laufstall hockte und Woody anstarrte, der in seinem Körbchen neben der Hundeklappe lag und Grace dabei zuschaute, wie sie auf den Fliesen nervös auf und ab ging.
    »Es ist noch nicht wirklich viel Zeit verstrichen«, sagte David.
    »Du musst ihnen wenigstens Gelegenheit geben, erst einmal miteinander zu reden«, ergänzte Saul.
    »Schließlich lernen sie sich gerade erst kennen«, sagte David.
    »Aber wenn sie nur miteinander reden«, warf Grace ein, »und Claudia geht es gut, warum hat Sam mich dann nicht längst angerufen, um mir Bescheid zu geben?«
    Vater und Sohn schauten einander an.
    »Vielleicht ist keiner da«, bemerkte Saul.
    »Es hat ja auch niemand aufgemacht, als die Polizei vorbeigefahren ist«, fügte David hinzu.
    »Also hat Sam es vermutlich noch gar nicht reingeschafft«, sagte Saul.
    »Würdet ihr bitte aufhören«, sagte Grace. »Wir alle wissen, dass irgendwas nicht stimmt.«
    »Sam kommt schon damit zurecht«, sagte Saul.
    »Ich rufe ihn an«, erklärte Grace und nahm das Telefon vom Tisch.
    »Vielleicht störst du ihn in einem delikaten Augenblick«, bemerkte David. »Wer weiß?«
    »Dad hat recht«, sagte Saul.
    »Ich weiß, wie schwer dir das fällt«, fügte David hinzu.
    Grace hätte die beiden am liebsten rausgeworfen, doch sie wusste, dass sie wahrscheinlich recht hatten. Auf was immer Sam dort treffen würde – er war ein erfahrener Ermittler, und was er bei der Arbeit am allerwenigsten brauchte, war ein Anruf von seiner dummen Frau.
    »Ich wünschte nur, er würde anrufen«, seufzte sie.
    »Mit diesem Wunsch bist du nicht allein«, sagte David.

62
     
    »Sam.«
    Die Stimme klang, als käme sie aus dichtem Nebel.
    »Sam!«
    Er zwang sich, die Augen zu öffnen, und fand sich auf dem Rücken liegend auf dem Linoleumfußboden eines engen Flurs wieder. Selbst in dem trüben Licht konnte er erkennen, dass die Decke fleckig war, vielleicht von Nikotin. Allerdings war der Gestank, der ihm in die Nase stieg, nicht der von Zigarettenrauch.
    Sams Hände waren hinter dem Rücken gefesselt; seine Augen brannten, und er musste husten, um den Gestank loszuwerden, der ihm auch in der Kehle brannte. Das Husten schmerzte ihn in Kopf und Brust.
    »Scheiße«, stieß er rau hervor und hustete erneut. »Verdammte Scheiße!«
    »Sam, alles in Ordnung?«
    Dieselbe Stimme. Eine Frauenstimme. Sam drehte den Kopf, spähte ins Halbdunkel und sah seine Schwägerin gut drei Meter entfernt auf dem Boden. Sie war an einen Heizkörper gefesselt.
    »Gott sei Dank«, sagte Claudia. »Ich dachte schon, sie hätte dich umgebracht.«
    »Sie?« Es dauerte einen Moment, bis Sam seine chaotischen Gedanken wieder geordnet hatte. Dann erinnerte er sich plötzlich wieder daran, wo er war, und auch an die Gestalt, die er kurz vor seinem K.o. gesehen hatte.
    »Roxanne«, sagte Claudia. »Sie ist weg. Schon eine ganze Weile.«
    Die Nebel um Sams Verstand klärten sich ein wenig. »Was ist mit Jerome? Und mit deinem Dad?«
    »Ich habe sie nicht gesehen.« Angst funkelte in Claudias Augen. »Ich weiß nicht mal, ob sie hier sind. Ich habe nur die Frau gesehen.«
    »Eine nette Frau.« Sam lauschte einen Augenblick, hörte nichts und hoffte, dass das Haus verlassen war. Dann versuchte er, sich aufzusetzen, und stöhnte vor Schmerz. »Nicht gerade sehr gastfreundlich,

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