Shining Girls (German Edition)
Weißen in die Vorstädte.»
Und mit großer Geste präsentiert er einen braunen Briefumschlag. «Ta-daaa! Koreanischer Nationalfeiertag 1986 . Dein Mädchen hat beim Aufsatzwettbewerb den zweiten Platz belegt.»
«Wie machst du das bloß?»
«Wenn ich dir das verraten würde, müsste ich dich umbringen», sagt er und taucht mit seiner absichtlich zerzausten Frisur hinter seinen Comic ab.
Swamp Thing
. Ohne aufzuschauen, fügt er hinzu: «Nein, echt jetzt.»
Sie beginnt mit Detective Amato.
«Ja?», sagt er.
«Ich rufe im Mordfall Jin-Sook Au an.»
«Ja?»
«Ich wollte ein paar Informationen darüber haben, wie sie getötet wurde …»
«Holen Sie sich Ihre perversen Kicks woanders, Lady.» Er legt einfach auf.
Sie ruft wieder an und erklärt dem Officer von der Telefonzentrale, dass ihr Anruf versehentlich unterbrochen wurde. Sie wird an Amatos Schreibtisch durchgestellt. Er nimmt sofort ab.
«Amato.»
«Bitte, legen Sie nicht auf.»
«Sie haben zwanzig Sekunden, um mich zu überzeugen.»
«Ich glaube, Sie haben es mit einem Serienmörder zu tun. Wenn Sie mit Detective Diggs in Oak Park reden, wird er meinen Fall bestätigen.»
«Und Sie sind?»
«Kirby Mazrachi. Ich wurde 1989 angegriffen. Und ich bin sicher, dass es derselbe Typ war. Haben Sie etwas bei der Leiche gefunden?»
«Nichts für ungut, Miss, aber wir müssen gewisse Vorgehensweisen einhalten. Ich kann solche Informationen nicht herausgeben. Aber ich werde mit Detective Diggs sprechen. Haben Sie eine Nummer, unter der ich Sie erreichen kann?»
Sie gibt ihm ihre Nummer und noch dazu die bei der
Sun-Times
. Sie hofft, das bringt ihn dazu, sie ernst zu nehmen.
«Danke. Ich melde mich.»
Kirby liest die Artikel, die Chet für sie ausgegraben hat. Sie findet nichts Neues über Jin-Sook Au, aber mehr über unsaubere Immobiliengeschäfte und die wechselvolle Geschichte der Wohnungsbehörde, als sie je erfahren wollte. Man muss unglaublich willensstark und idealistisch sein, um in so einer Behörde zu arbeiten.
Sie zappelt auf ihrem Stuhl herum. Sie ist versucht, zu dem Tatort zu fahren, aber stattdessen holt sie sich das Telefonbuch. Es stehen vier Aus drin. Es ist einfach, die richtige Familie zu finden. Es ist die Nummer, bei der ständig besetzt ist, weil sie den Hörer neben den Apparat gelegt haben.
Schließlich nimmt sie ein Taxi nach Lakeview zum Haus von Don und Julie Au. Sie gehen nicht an die Tür. Sie wartet hinter dem Haus, auch wenn es eiskalt ist und ihre Fingerspitzen taub werden, obwohl sie die Hände unter die Achseln steckt. Und achtundneunzig Minuten später, als Mrs. Au in einem Bademantel aus der Hintertür kommt, auf dem Kopf einen cremefarbenen Häkelhut mit einer Häkelrose vorne, steht Kirby bereit. Die Frau braucht eine Ewigkeit, um zu dem Eckladen zu laufen, als wäre jeder Schritt eine Pflicht, die sie sich neu ins Gedächtnis rufen muss. Kirby kann nichts anderes machen, als ihr unauffällig zu folgen.
In dem Laden entdeckt sie Mrs. Au in dem Gang mit Tee und Kaffee. Sie hat ein Päckchen Jasmintee in der Hand und starrt es mit leerem Blick an, als könnte es ihre Fragen beantworten.
«Verzeihung», sagt sie und berührt Mrs. Au am Arm.
Die Frau dreht sich zu ihr um, aber sie nimmt Kirby kaum wahr. Ihr Gesicht ist eine tief zerfurchte Maske voller Schmerz. Kirby kann nichts dagegen tun, sie erschrickt vor der Frau.
«Keine Reporter!» Die Frau erwacht aus ihrer Erstarrung und schüttelt heftig den Kopf. «Keine Reporter!»
«Bitte, das bin ich nicht, jedenfalls nicht so richtig. Jemand hat versucht, mich umzubringen.»
Die ältere Frau ist entsetzt. «Hier? Wir müssen die Polizei rufen!»
«Nein, warten Sie.» Die Situation gerät außer Kontrolle. «Ich glaube, Ihre Tochter wurde von einem Serienmörder umgebracht, der auch mich vor ein paar Jahren angegriffen hat. Aber ich muss wissen, wie sie erstochen wurde. Hat der Mörder versucht, sie auszuweiden? Hat er etwas bei ihrer Leiche hinterlassen? Etwas, das nicht dorthin gehörte? Von dem Sie wussten, dass es nicht ihr gehört?»
«Ist alles in Ordnung, Ma’am?» Der Kassierer ist hinter seiner Theke herausgekommen, um Mrs. Au beschützend den Arm um die Schulter zu legen, denn die alte Dame hat ein vor Aufregung rotes Gesicht, zittert und weint. Kirby wird bewusst, dass sie ihre Fragen herausgebrüllt hat.
«Sie sind ja pervers!», schreit Mrs. Au. «Hat der Täter etwas bei der Leiche gelassen? Ja! Mein Herz. Hat es mir mitten aus
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