Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shining Girls (German Edition)

Shining Girls (German Edition)

Titel: Shining Girls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Beukes
Vom Netzwerk:
angerufen, mit so tiefer Stimme gesprochen wie nur möglich und einen Besprechungstermin für «eine neue Geschäftsidee auf einer potenziell höchst lukrativen Basis» (die Wörter hatte sie sich aus dem Artikel geholt) im protzigsten Restaurant ausgemacht, das ihr eingefallen war.
    Zuerst war er ratlos, als sich eine Teenagerin zu ihm an den Tisch setzte, dann verärgert und dann amüsiert, als sie ihm die Liste mit ihren Forderungen präsentierte: dass er sich wieder mit Rachel treffen sollte, weil es ihr ohne ihn total mies ging, dass er Unterhalt zahlen und die gleiche Zeitschrift, die seine Kurzbiographie gebracht hatte, dazu bringen sollte, abzudrucken, dass er eine uneheliche Tochter hatte. Darüber hinaus informierte sie ihn, dass sie ungeachtet besagten Eingeständnisses ihren Namen nicht ändern würde, weil sie sich an Mazrachi gewöhnt habe und der Name zu ihr passe. Er lud sie zum Essen ein und erklärte, dass Kirby schon fünf Jahre alt gewesen sei, als er Rachel kennengelernt hatte. Aber ihm gefiel ihre Art, und falls sie irgendwann einmal Unterstützung bräuchte … Sie konterte mit einem beißenden Einzeiler, irgendetwas Mae-West-artiges über Fische und Fahrräder, und zog ab. Sie hatte die Oberhand und ihren Stolz behalten, jedenfalls glaubte sie das.
    «Wer, glaubst du, hat deine Arztrechnungen bezahlt?»
    «Verdammt!»
    «Warum stört dich das denn so?»
    «Weil er dich
benutzt
hat, Mom. Und zwar fast zehn Jahre lang.»
    «Beziehungen unter Erwachsenen sind kompliziert. Wir haben beide das voneinander bekommen, was wir gebraucht haben. Leidenschaft.»
    «Oh Gott, ich will das nicht hören.»
    «Eine Art Sicherheit. Trost. Es ist einsam hier draußen. Aber es hat eben den üblichen Verlauf genommen. Es war sehr schön, solange es gehalten hat. Aber alles ist endlich. Das Leben. Die Liebe. All das.» Sie macht eine vage Handbewegung über die Kartons. «Auch die Traurigkeit. Obwohl sie schwerer loszulassen ist als das Glück.»
    «Oh, Mom.» Kirby bettet ihren Kopf auf den Schoß ihrer Mutter. Das liegt am Joint. Normalerweise würde sie so etwas nie machen.
    «Es ist okay so», sagt Rachel. Sie wirkt überrascht. Aber nicht unangenehm. Sie streicht Kirby übers Haar. «Diese irrwitzigen Locken. Ich habe nie gewusst, was ich mit ihnen machen soll. Die hast du nicht von mir.»
    «Wer war er?»
    «Oh, ich weiß nicht. Es gab mehrere Möglichkeiten. Ich war zu der Zeit in einem Kibbuz im Hula-Tal. Da hatten sie eine Fischfarm. Aber es hätte auch danach in Tel Aviv sein können. Oder auf dem Weg nach Griechenland. Ich habe nur ziemlich diffuse Erinnerungen an die genauen Daten damals.»
    «Oh, Mom.»
    «Ich bin nur ehrlich. Es ginge dir besser, wenn du das machen würdest, weißt du?»
    «Was machen?»
    «Versuchen, deinen Vater ausfindig zu machen, statt diesen Mann, der … dich verletzt hat.»
    «Diese Möglichkeit hast du mir nie gegeben.»
    «Ich könnte dir ein paar Namen nennen. Höchstens fünf. Vier. Fünf. Von einigen kenne ich nur die Vornamen. Aber die Kibbuzim haben wahrscheinlich ein Verzeichnis, falls es einer von dort war. Du könntest eine Pilgerfahrt machen. Geh nach Israel und Griechenland und in den Iran.»
    «Du warst im Iran?»
    «Nein, aber es ist bestimmt faszinierend dort. Ich habe hier irgendwo Fotos. Willst du sie sehen?»
    «Ja, eigentlich schon.»
    «Irgendwo müssen sie …» Rachel schiebt Kirby von ihrem Schoß und kramt in den Kartons, bis sie ein Fotoalbum findet. Der rote Plastikeinband hat einen Prägedruck, damit er nach Kunstleder aussieht. Rachel schlägt es bei dem Foto einer jungen Frau auf, der das Haar um den Kopf weht. Sie trägt einen weißen Badeanzug, blinzelt unwillig lachend in die Sonne, die einen scharfgezeichneten, schrägen Schatten über sie und den Betonpfeiler wirft, an dem sie hinaufklettert. Der Himmel ist verwaschen blau. «Das war am Hafen von Korfu.»
    «Du siehst genervt aus.»
    «Ich wollte nicht, dass Amzi mich fotografiert. Das hatte er schon den ganzen Tag gemacht, und langsam wurde ich wahnsinnig davon. Also war es natürlich dieses Foto, das er mir gegeben hat.»
    «Ist er einer von ihnen?»
    Rachel überlegt. «Nein, mir war zu der Zeit schon ständig schwindlig. Ich dachte, das liegt an all dem Ouzo.»
    «Super, Mom.»
    «Ich wusste es nicht. Du musst schon da gewesen sein. Du warst ein Geheimnis für mich.»
    Sie blättert weiter – die Fotos scheinen nicht chronologisch sortiert zu sein, denn sie kommt von Kirbys

Weitere Kostenlose Bücher