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Shining Girls (German Edition)

Shining Girls (German Edition)

Titel: Shining Girls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Beukes
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Weitermachen lohnt. Das war nicht teuer für dieses Wissen. Dafür, den Scheißkerl zu finden. Ganz besonders jetzt, wo die Cops nicht mehr mit ihr reden wollen. Weil es anscheinend nicht gesund oder hilfreich ist, zu viel Interesse für den eigenen Fall zu entwickeln.
    «Das ist sehr interessant», sagte Rachel höflich, während sie den Hefter zuklappt und ihn zurückgeben will. Aber Kirby nimmt ihn nicht. Ihre Hände sind zu sehr damit beschäftigt, Stöckchen zu zerbrechen. Knick. Ihre Mutter legt den Hefter zwischen sie beide auf die Mauer. Sofort fängt die Pappe an, sich mit dem Schneewasser vollzusaugen.
    «Mit der Feuchtigkeit im Haus wird es immer schlimmer», sagt Rachel und beendet damit das Thema.
    «Das ist das Problem deines Vermieters, Mom.»
    «Du weißt doch, wie Buchanan ist.» Sie lacht säuerlich. «Er würde nicht mal vorbeikommen, wenn das Haus einstürzt.»
    «Vielleicht solltest du ja mal ein paar Wände einreißen, um zu sehen, was er dann macht.» Es gelingt Kirby nicht, die Bitterkeit aus ihrer Stimme zu verbannen. Sie ist wie ein inneres Barometer, wenn sie den Mist ihrer Mutter ertragen muss.
    «Und ich verlege mein Atelier in die Küche. Da ist mehr Licht. Es kommt mir zur Zeit so vor, als bräuchte ich mehr Licht. Glaubst du, ich habe Onchozerkose?»
    «Ich hab dir doch gesagt, dass du diesen Gesundheitsratgeber wegwerfen sollst. Du kannst dir nicht deine eigenen Diagnosen stellen, Mom.»
    «Aber Onchozerkose ist unwahrscheinlich. Schließlich bin ich nicht mit Gewässerparasiten in Kontakt gekommen. Es könnte die Fuchs-Endotheldystrophie sein, vermute ich.»
    «Oder du wirst einfach älter und musst damit klarkommen», faucht Kirby. Aber ihre Mutter sieht so traurig und verloren aus, dass sie wieder weich wird.
    «Ich könnte kommen und dir beim Umzug des Ateliers helfen. Wir könnten im Keller nach Sachen zum Verkaufen suchen. Ich wette, dass einiges von dem Zeug ein Vermögen wert ist. Diese alte Druckmaschine bringt bestimmt allein schon zweitausend Dollar. Du kannst mit dem Zeug vermutlich einen Haufen Geld machen. Du könntest ein paar Monate freinehmen. Endlich die
Tote Ente
fertigmachen.» Das laufende Projekt ihrer Mutter ist morbide, die Geschichte eines abenteuerlustigen Entenkükens, das durch die Welt zieht und tote Tiere fragt, wie sie gestorben sind. Aktuelles Beispiel:
    «Und wie sind Sie gestorben, Mr. Kojote?»
    «Tja, ich bin vom Laster überfahren worden, Ente.
    Beim Überqueren der Straße nicht aufgepasst.
    Jetzt bin ich der Krähen Mittagsfraß.
    Es ist so schaurig, ich bin so traurig,
    doch dankbar für das Leben, das mir war gegeben.«
    Die Episoden enden immer gleich. Jedes Tier stirbt auf eine andere, grässliche Art, gibt aber dieselbe Antwort, bis Ente selbst stirbt und darüber nachdenkt, dass auch sie traurig ist und dankbar für das, was sie hatte. Es ist die Art düsterer pseudophilosophischer Schrulligkeit, die auf dem Kinderbuchmarkt vermutlich sehr gut laufen könnte. Wie dieses idiotische Buch über den Baum, der sich selbst opfert und immer wieder selbst opfert, bis er nur noch das graffitibeschmierte, verrottende Holz einer Parkbank ist. Diese Geschichte hat Kirby schon immer gehasst.
    Rachel zufolge hat ihre Ente nichts mit dem zu tun, was ihrer Tochter passiert ist. Angeblich geht es um Amerika, wo jeder glaubt, der Tod wäre etwas, das man bekämpfen muss, was ziemlich merkwürdig ist in einem christlichen Land, in dem die Leute an ein Leben nach dem Tod glauben.
    Sie versucht einfach, es als normalen Vorgang zu beschreiben. Ganz egal, wie man stirbt, das Endresultat ist immer das gleiche.
    Das sagt Rachel immer. Aber sie hat damit angefangen, als Kirby noch auf der Intensivstation lag. Und dann hat sie alles zerrissen, Seite um Seite hinreißend grausiger Illustrationen. Wieder und wieder fängt sie mit diesen Geschichten von den süßen toten Tieren an, ohne sie je abzuschließen. Und dabei muss ein Bilderbuch für Kinder nicht einmal besonders lang sein.
    «Das heißt also nein, oder?»
    «Ich finde einfach, dass du deine Zeit besser nutzen solltest, Honey.» Rachel tätschelt ihre Hand. «Das Leben ist zum Leben da. Mach was Sinnvolles. Geh wieder aufs College.»
    «Klar. Das ist ja auch so unheimlich sinnvoll.»
    «Davon abgesehen», sagt Rachel, den Blick träumerisch auf den See gerichtet, «habe ich das Geld nicht.»
    Es ist unmöglich, ihre Mutter wegzustoßen, denkt Kirby und lässt die Holzkrümel von den Stöckchen aus ihren vor

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