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Shining Girls (German Edition)

Shining Girls (German Edition)

Titel: Shining Girls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Beukes
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Abgesehen davon kannst du ja selbst mal ausprobieren, wie es ist, wenn man gleichzeitig ein Praktikum macht, studiert
und
versucht, einem Serienmörder auf die Spur zu kommen.»
    «Und wie läuft’s da so?»
    «Schleppend. Bisher gab es keine Meldungen auf die Anzeige. Aber ich habe einen Termin mit der Anwältin der Typen, die für den Mord an Julia Madrigal verurteilt wurden.»
    «Du hättest mit dem Staatsanwalt reden sollen.»
    «Der hat einfach aufgelegt, als ich angerufen habe. Anscheinend glaubt er, ich will den Fall neu aufrollen.»
    «Tja, willst du ja auch. Aufgrund einer halbgaren Theorie, die du dir zurechtgebastelt hast.»
    «Dann muss diese Theorie eben noch ein bisschen schmoren, bis sie ausgereift ist. Also, könntest du jetzt diese Aufsätze lesen, während ich uns was zu trinken hole?»
    «Du nutzt mich aus», knurrt er halbherzig, zieht aber trotzdem seine Brille aus der Tasche.
     
    Die Textinhalte sind eine wilde Mischung, die von der Frage, ob es einen freien Willen gibt (anscheinend nicht, wie er zu seinem Bedauern lesen muss), bis zur Geschichte der erotischen Kunst in der Populärkultur reicht. Kirby lässt sich mit einer Cola light für ihn und einem Bier für sich auf den Stuhl neben ihm fallen und sieht ihn beim Lesen die Augenbrauen heben.
    «Es hieß, entweder schreibe ich darüber oder über ‹Propagandafilme des zwanzigsten Jahrhunderts›, und
Bugs Bunny gegen die Nazis
, das Meisterwerk seiner Epoche, habe ich schon gesehen.»
    «Du musst mir nicht deine Auswahl erklären, aber es ist doch offensichtlich, dass derjenige, der diesen Unterricht abhält, es nur darauf anlegt, seine Studentinnen ins Bett zu kriegen.»
    «Eigentlich ist es eine weibliche Dozentin, und nein, sie ist nicht lesbisch. Obwohl, wenn ich jetzt darüber nachdenke, hat sie einen Nebenjob bei einem Catering-Dienst für Orgien erwähnt.»
    Er hasst es, wie leicht sie ihn dazu bringt, rot zu werden.
    «Schon gut, halt die Klappe. Wir müssen über deine Leidenschaft für Kommata reden. Man kann die nicht einfach überall reinschieben, wo’s einem gefällt.»
    «Das sagt mein Professor für Geschlechterforschung auch.»
    «Darauf gehe ich jetzt nicht ein. Du musst mit den Mysterien der Zeichensetzung klarkommen. Und diesen hölzernen Akademikerstil loswerden. All den ‹Dies muss jedoch innerhalb der Strukturen des postmodernen Bezugssystems kontextualisiert werden›-Mist.»
    «Weißt du, akademischer Stil gehört an der Uni automatisch dazu.»
    «Sicher, aber er bricht dir das Genick, wenn du journalistisch schreiben willst. Halt es einfach. Sag, was du meinst. Davon abgesehen sind die Texte okay. Ein paar Gedanken sind nicht gerade neu, aber in die Entwicklung eigener Ideen wächst du noch hinein.» Er sieht sie über seine Brille hinweg an. «Und noch was: So viel Spaß es mir auch macht, ein Textspektrum durchzulesen, das von den Erwachsenenfilmen der 1920 er bis zu den Blaxploitation-Pornos reicht, solltest du es vielleicht doch in Betracht ziehen, diese Besprechungen in einer Arbeitsgruppe mit anderen Studenten abzuhalten.»
    «Ach, keine Lust», lehnt sie seinen Vorschlag ab. «Es ist schon schlimm genug, zu den Kursen gehen zu müssen.»
    «Stell dich nicht dumm. Ich bin sicher, du könntest …»
    Sie unterbricht ihn. «Falls du gerade sagen wolltest: ‹Freunde finden, wenn du es versuchen würdest›, dann lass es lieber, okay? Es ist, als wäre ich die Katastrophenopfer-Fixerschlampenberühmtheit, aber ohne Ausfahrten in der Limousine oder Designerklamotten. Jeden Tag starren mich alle an. Alle wissen es. Alle reden darüber.»
    «Ich bin sicher, das stimmt nicht, Kleine.»
    «Ich hab echt eine unglaubliche Fähigkeit. Und zwar kann ich um mich herum Wolken der Stille erschaffen. Es ist die reinste Zauberei. Ich gehe in einen Raum, in dem geredet wird, und es wird still, schlagartig. Und in dem Moment, in dem ich rausgehe, fängt die Unterhaltung wieder an. In gedämpftem Ton.»
    «Das wird sich geben. Sie sind jung und dumm. Du bist eine Modeerscheinung.»
    «Ich bin eine
groteske
Erscheinung. Da gibt es einen gewissen Unterschied. Ich hätte nicht überleben sollen. Und wenn ich schon unbedingt überleben musste, hätte ich anders sein sollen. Wie die tragischen Jungfrauen, die meine verdammte Mutter immer malt.»
    «Du bist keine zusammenschrumpelnde Wasserleichen-Ophelia, so viel ist sicher.» Und als Antwort auf ihre gehobene Augenbraue setzt er hinzu: «He, ich habe auch eine Collegeausbildung

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