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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Drink würde ihm jetzt sehr helfen. Und in diesem verdammten Haus gab es keinen Tropfen außer dem Sherry zum Kochen. In dieser Phase wäre ein Drink Medizin. Nichts anderes, bei Gott. Nur ein Betäubungsmittel – ein wenig stärker als Exedrin. Aber es gab nichts.
    Er hatte das Hotel gerettet. Das Hotel würde ihn belohnen wollen. Da war er ganz sicher. Er nahm das Taschentuch aus der hinteren Tasche und ging zur Treppe. Er wischte sich den Mund. Nur ein kleiner Drink. Nur ein einziger. Damit es nicht so wehtat.
    Er hatte das Overlook gut bedient, und nun würde das Overlook ihn gut bedienen. Das wusste er genau. Rasch und zielstrebig stieg er die Treppe hoch, mit den schnellen Schritten eines Mannes, der aus einem langen, erbitterten Kampf heimkehrt. Es war fünf Uhr zwanzig Ortszeit.

 
41
     
    TAGESLICHT
     
    Mit einem erstickten Keuchen wachte Danny aus einem schrecklichen Traum auf. Es hatte eine Explosion gegeben. Das Overlook brannte ab. Und seine Mommy und er schauten vom Rasen aus zu.
    Mommy hatte gesagt: »Sieh nur, Danny, sieh nur die Hecken.«
    Er hatte hingeschaut, und sie waren alle tot. Ihre Blätter hatten sich in hässliches Braun verwandelt, und ihre verdorrten Zweige ragten auf wie Skelette aus zerstückelten Leichen. Und dann war sein Daddy wie eine Fackel brennend aus den großen Doppeltüren des Overlook hervorgestürzt. Seine Kleidung stand in Flammen, seine Haut hatte eine entsetzliche, dunkle Farbe angenommen und wurde immer dunkler. Sein Haar war ein brennender Busch.
    In diesem Augenblick wachte er auf. Seine Kehle war vor Angst wie zugeschnürt, und seine Hände krallten sich in die Decke. Hatte er geschrien? Er schaute zu seiner Mutter hinüber. Wendy lag auf der Seite, die Decke bis ans Kinn gezogen, und eine Strähne ihres strohblonden Haars fiel ihr über die Wange. Sie sah selbst wie ein Kind aus. Nein, er hatte nicht geschrien.
    Er lag im Bett und schaute nach oben, und der Alptraum verflüchtigte sich. Er hatte das merkwürdige Gefühl, dass irgendeine schreckliche Tragödie
    (Ein Feuer? Eine Explosion?)
    um Haaresbreite abgewendet worden war. Er schickte seine Gedanken aus, um Daddy zu suchen, und er fand ihn. Er stand irgendwo unten. Im Foyer. Danny konzentrierte sich stärker, um die Gedanken seines Vaters zu erkennen. Es war nicht gut, denn Daddy dachte wieder an das Schlimme. Er dachte jetzt
    (einer oder zwei könnten nicht schaden, auch wenn die Sonne noch nicht verschwunden ist, weißt du noch, wie wir das immer sagten, Gin und Tonic und Tonic mit Bourbon und einen Spritzer Bitters und Scotch und Soda-Rum und Cola mit sonst was und einen Drink für dich und einen für mich, und die Martinis sind irgendwo auf der Welt gelandet, in Princeton oder Houston oder Stokely oder an irgendeinem anderen verdammten Ort, denn schließlich ist Saison, und keiner von uns ist)
    (GEH AUS SEINEN GEDANKEN RAUS, DU KLEINER SCHEISSKERL!)
    Entsetzt schauderte er vor dieser Stimme zurück. Weit riss er die Augen auf, und seine Hände krampften sich auf dem Laken zusammen. Es war nicht die Stimme seines Vaters gewesen, aber eine geschickte Nachahmung. Eine Stimme, die er kannte. Rau und brutal, wenn auch eine Art leerer Humor in ihr mitschwang.
    Er warf die Decke zurück und stellte die Füße auf den Boden. Mit den Füßen angelte er seine Hausschuhe und zog sie an. Dann trat er auf den Flur hinaus. Er ging zum Hauptkorridor, und seine Schuhe huschten mit einem leisen Geräusch über den Teppich. Er bog um die Ecke.
    Zwischen Danny und der Treppe hockte auf allen Vieren ein Mann auf dem Boden.
    Danny stand wie angewurzelt.
    Der Mann sah zu ihm auf. Er hatte winzige rote Augen und war mit einer Art silbernem Flitterkostüm bekleidet. Ein Hundekostüm, erkannte Danny. Am hinteren Rumpfende hing ein langer Schwanz mit einer Quaste am Ende schlaff herab. Über den Rücken lief ein Reißverschluss bis zum Nacken. Links von ihm lag ein Hunde- oder Wolfskopf mit leeren Augenhöhlen. Er hatte das Maul zu einem sinnlosen Knurren aufgerissen, und zwischen seinen Fangzähnen, die anscheinend aus Pappmache waren, sah man das blauschwarze Muster des Teppichs.
    Der Mund des Mannes, das Kinn und die Wangen waren blutbeschmiert.
    Er fing an, Danny anzuknurren. Der Mann grinste, aber das Knurren war echt. Es kam tief aus seiner Kehle, ein abstoßend primitiver Laut. Dann fing er an zu bellen. Auch seine Zähne waren rot gefärbt. Er kroch auf Danny zu und schleifte seinen knochenlosen Schwanz hinter sich her.

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