Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
er einem gewaltig in den Arsch treten.
    Schmatzend aß er einen Cracker nach dem anderen und weigerte sich, seinem Magen Zugeständnisse zu machen, der alles wieder hochwürgen wollte. Er dachte an die Exedrintabletten in seiner Tasche und beschloss zu warten, bis sich sein Magen ein wenig beruhigt hatte. Es hatte keinen Zweck, ein Schmerzmittel zu nehmen, wenn man es doch gleich wieder ausspuckte. Du musst deinen Verstand gebrauchen. Den gefeierten Jack-Torrance-Verstand. Sind Sie nicht der Bursche, der von seinem Verstand leben wollte? Jack Torrance, der Bestseller-Autor. Jack Torrance, der anerkannte Dramatiker und Gewinner des Preises der New Yorker Kritiker. Jack Torrance, Literat, hochgeschätzter Denker, dem mit siebzig für seine scharfsichtigen Memoiren Mein Leben im Zwanzigsten Jahrhundert der Pulitzerpreis zuerkannt wurde. Was diese ganze Scheiße eigentlich bedeutete, hieß: von seinem Verstand zu leben.
    Von seinem Verstand zu leben, bedeutete, immer zu wissen, wo die Wespen sind.
    Es lief immer wieder, so glaubte er, darauf hinaus, dass sie ihm nicht vertrauten. Sie glaubten einfach nicht daran, dass er wusste, was für sie alle am besten war und wie man es bewerkstelligen konnte. Seine Frau hatte versucht, ihn zu hintergehen, zuerst mit fairen,
    (ziemlich)
    dann mit unfairen Mitteln. Als ihre kleinen Andeutungen und ihre kläglichen Einwände durch seine sachliche Argumentation entkräftet waren, hatte sie seinen Jungen gegen ihn aufgehetzt, hatte versucht, ihn mit einer Flasche zu erschlagen, und hatte ihn ausgerechnet in diesem gottverdammten Vorratsraum eingesperrt.
    Dennoch störte ihn eine kaum wahrnehmbare innere Stimme.
    (Ja, aber wo war der Schnaps hergekommen? Ist das nicht tatsächlich der zentrale Punkt? Du weißt, was geschieht, wenn du trinkst, du weißt es aus eigener, bitterer Erfahrung. Wenn du trinkst, verlierst du den Verstand.)
    Er schleuderte die Cracker-Schachtel durch den kleinen Raum. Sie prallte gegen ein Regal mit Dosengerichten und fiel zu Boden. Er sah kurz hin, wischte sich mit der Hand die Lippen ab und schaute auf die Uhr. Es war fast achtzehn Uhr dreißig. Er hockte hier schon seit Stunden. Seine Frau hatte ihn eingesperrt, und er hatte hier schon gottverdammte Stunden zugebracht.
    Langsam hatte er volles Verständnis für seinen Vater.
    Jack wusste jetzt, dass er sich eines nie gefragt hatte: warum hatte sein Vater überhaupt je mit dem Trinken angefangen? Und wirklich … hatte nicht die Frau Schuld gehabt, mit der er verheiratet war? Eine Muttertochter, die immer stumm durchs Haus schlich, den Ausdruck ihrer traurigen Märtyrerschaft ständig im Gesicht? Eine Kugel und eine Kette um Daddys Fuß? Nein, keine Kugel und keine Kette. Sie hatte niemals aktiv versucht, Daddy zu einem Gefangenen zu machen, wie Wendy es mit ihm gemacht hatte. Für Jacks Vater musste es sich eher wie das Schicksal McTeagues ausgemacht haben, des Zahnarztes im Schlußteil des großen Romans von Frank Norris: durch Handschellen in der Wüste an eine Leiche gekettet. Ja, das war besser. Die Ehe hatte seinen Vater an eine geistig und seelisch Tote gefesselt. Dennoch hatte Daddy immer versucht, das Rechte zu tun, während er ihre verfaulende Leiche durch das Leben mitschleppte. Er hatte versucht, die vier Kinder so zu erziehen, dass sie Recht von Unrecht zu unterscheiden wussten, dass sie Disziplin lernten und, vor allem, Respekt vor ihrem Vater.
    Sie hatten es ihm alle nicht gedankt, er eingeschlossen. Und nun zahlte er den Preis; sein eigener Sohn war abtrünnig geworden. Aber es gab Hoffnung. Irgendwie würde er hier rauskommen. Er würde sie beide bestrafen, und zwar streng. Er würde an Danny ein Exempel statuieren, so dass er, wenn er einmal groß war, besser wissen würde, wie man sich verhalten musste, als sein Vater es je gewusst hatte.
    Er erinnerte sich an das Sonntagsessen, bei dem sein Vater seine Mutter am Tisch mit dem Stock verprügelt hatte … und wie entsetzt er und die anderen gewesen waren. Jetzt sah er ein, wie notwendig das gewesen war, wie sein Vater nur so getan hatte, als sei er betrunken, wie sein Verstand die ganze Zeit völlig klar gewesen war und er nur auf das geringste Anzeichen von Respektlosigkeit gewartet hatte.
    Jack kroch zu den Crackers hinüber und fing wieder an zu essen. Er saß an der Tür, die sie so heimtückisch verriegelt hatte. Er fragte sich, was sein Vater damals wohl gesehen und auf welche Weise er sie erwischt hatte. Hatte seine Frau hinter

Weitere Kostenlose Bücher