Shining
schwöre ich. Sie wird gar nicht dazu in der Lage sein.«
»Ich fürchte, Sie werden sie töten müssen«, sagte Grady kalt.
»Ich werde tun, was ich tun muss. Aber lassen Sie mich raus.- «
»Geben Sie mir Ihr Wort darauf, Sir?« wollte Grady wissen.
»Mein Wort, mein Versprechen, meinen heiligen Eid. Was zum Teufel Sie immer wollen. Wenn Sie –«
Es gab ein leichtes Knacken, als der Riegel zurückgeschoben wurde. Die Tür öffnete sich um ein paar Zentimeter. Jack schwieg und hielt den Atem an. Einen Augenblick hatte er das Gefühl, als stünde der Tod selbst vor der Tür.
Aber das Gefühl ging vorüber.
Er flüsterte: »Danke, Grady. Ich schwöre Ihnen, dass Sie es nicht bereuen werden. Das schwöre ich Ihnen.«
Er bekam keine Antwort. Er merkte, dass alle Geräusche verstummt waren. Nur der Wind heulte um das Hotel.
Er stieß die Tür ganz auf. Die Angeln knarrten leise.
Die Küche war leer. Grady war weg. Im kalten, weißen Glanz der Leuchtstoffröhren lag alles ruhig da. Sein Blick fiel auf den großen Hackblock, an dem sie ihre Mahlzeiten eingenommen hatten.
Ein Martiniglas stand darauf, ein Fünftel Gin und eine Plastikschale mit Oliven.
Am Block lehnte einer der Roque-Schläger aus dem Geräteschuppen. Er betrachtete ihn sehr lange.
Dann sprach eine Stimme von irgendwoher, viel tiefer und lauter als die Gradys. Sie schien von überhall her zu kommen … aus ihm selbst.
(Halten Sie Ihr Versprechen, Mr. Torrance.)
»Ich werde es halten«, sagte er. Er hörte die kriecherische Unterwürfigkeit in seiner Stimme, aber er konnte nichts dagegen tun. »Ich werde es halten.« Er trat an den Hackblock und legte die Hand an den Griff des Schlägers.
Er hob ihn hoch.
Ließ ihn niedersausen.
Bösartig zischte er durch die Luft. Jack Torrance lächelte.
49
HALLORANN UNTERWEGS IN DIE BERGE
Es war dreizehn Uhr fünfzehn, und nach den schneeverklebten Hinweisschildern und dem Kilometerzähler des Buick von der Firma Hertz waren es noch etwa drei Meilen bis Estes Park, als er schließlich von der Straße abkam.
In den Bergen fiel der Schnee schneller und wütender, als Hallorann es je erlebt hatte (was vielleicht nicht viel besagte, da Hallorann sich in seinem Leben so wenig wie nur möglich mit Schnee befasst hatte), und der Sturm war völlig unberechenbar – mal von Westen kommend, dann wieder auf Nord drehend, fegte er Wolken von Pulverschnee über sein Gesichtsfeld, und immer wieder war sich Hallorann eiskalt bewusst, dass er keine Wegbiegung verfehlen durfte, wollte er nicht gute fünfhundert Meter tief abstürzen. Dass er, was Winterfahrten betraf, blutiger Amateur war, verschlimmerte alles noch. Es machte ihm Angst, dass der gelbe Mittelstreifen unter dem wirbelnden Schnee begraben war, und es machte ihm Angst, dass die heftigen Böen durch die Bergeinschnitte ungehindert heranfegen konnten und den schweren Buick schlingern ließen. Es machte ihm Angst, dass die Hinweisschilder durch den Schnee unkenntlich waren, und man eine Münze werfen konnte, ob der Weg hinter der riesigen weißen Leinwand, die er zu durchfahren schien, nach links oder nach rechts weiterführte. Ja, er hatte Angst. Seit die Berge westlich von Boulder und Lyons erreicht waren, hatte er nur noch geschwitzt und Gaspedal und Bremse wie Ming-Vasen behandelt. Zwischen Rock-and-Roll-Klängen hatte der Diskjockey im Radio ständig gemahnt, die Hauptstraßen zu meiden und auf keinen Fall in die Berge zu fahren, da viele Straßen unpassierbar und alle gefährlich seien. Dutzende von leichteren Unfällen waren gemeldet worden und zwei schwere: eine Skigesellschaft in einem VW -Bus und eine Familie auf dem Weg durch die Sangre de Cristo-Berge nach Albuquerque. Insgesamt hatte es vier Tote und fünf Verletzte gegeben. »Meiden Sie also diese Straßen und hören Sie gute Musik vom Sender KTLK«, beendete der Jockey heiter seine Durchsage und komplettierte Halloranns Elend, indem er »Seasons in the Sun« spielte. »We had joy, we had fun, we had –« schnatterte Terry Jacks fröhlich, und Hallorann schaltete wütend das Radio aus, obwohl er wusste, dass er es in fünf Minuten wieder einschalten würde. Das Programm mochte sein wie es wollte, es war immer noch besser, als allein durch diesen weißen Wahnsinn zu fahren.
(Gib’s zu. Dieser schwarze Junge hat mindestens einen gelben Streifen … und der läuft ihm dauernd den Rücken rauf!)
Es war nicht einmal komisch. Er hätte schon aufgegeben, bevor er Boulder hinter sich
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