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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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bekommen.
    »Nein, Doc«, sagte er leise.
    »Hat Tony dir gesagt, dass du abschließen sollst?« fragte Wendy und strich ihm über das Haar.
    »Ja.«
    »Und was wollte er dir zeigen?«
    Danny wurde in ihren Armen ganz steif; es war, als hätten sich alle Muskeln seines Körpers in Klaviersaiten verwandelt. »Ich kann mich nicht erinnern«, sagte er verwirrt. »Fragt mich nicht. Ich … ich erinnere mich an gar nichts!.«
    »Pssssst«, sagte Wendy erschrocken. Sie wiegte ihn wieder. »Es macht doch nichts, wenn du dich an nichts mehr erinnerst, Honey. Das macht überhaupt nichts.«
    Endlich beruhigte Danny sich wieder.
    »Soll ich noch ein wenig bei dir bleiben? Dir eine Geschichte vorlesen?«
    »Nein. Nur das Licht anmachen.« Scheu sah er seinen Vater an.
    »Kannst du nicht eine Minute bleiben, Daddy?«
    »Klar, Doc.«
    Wendy seufzte. »Ich geh ins Wohnzimmer, Jack.«
    »Okay.«
    Sie stand auf, und Danny glitt unter die Decke. Wie klein er war.
    »Bist du sicher, dass du dich besser fühlst?«
    »Ich fühl’ mich besser. Schalt nur Snoopy an, Mom.«
    »Gern.«
    Sie schaltete die Nachttischlampe an, die Snoopy zeigte, der auf seiner Hundehütte lag und schlief. Bevor sie ins Overlook zogen, hatte er nie bei Licht schlafen wollen, aber dann hatte er darauf bestanden. Sie löschte das Deckenlicht und drehte sich noch einmal zu den beiden um. Sie sah Dannys kleines weißes Gesicht und Jack, der sich über ihn beugte. Sie zögerte einen Augenblick.
    (und dann ging ich in den Spiegel)
    Dann verließ sie leise das Zimmer.
    »Bist du müde?« fragte Jack und strich ihm das Haar aus der Stirn.
    »Ja.«
    »Möchtest du ein Glas Wasser?«
    »Nein …«
    Fünf Minuten Schweigen. Seine Hand lag noch an Dannys Kopf. Er dachte, der Junge sei eingeschlafen, und wollte gerade gehen, als Danny im Halbschlaf sprach:
    »Roque.«
    Jack erstarrte.
    »Danny –?«
    »Du würdest Mommy doch nie etwas tun, Daddy?«
    »Nein.«
    »Und mir auch nicht?«
    »Nein.«
    Wieder gedehntes Schweigen.
    »Daddy?«
    »Was ist denn?«
    »Tony hat mir was von Roque erzählt.«
    »So? Was hat er denn gesagt, Doc?«
    »Ich weiß es nicht mehr genau. Aber er hat gesagt, dass die Spieler abwechselnd an der Reihe sind. Wie beim Baseball. Komisch.«
    »Ja.« Jack hatte Herzklopfen. Wie konnte der Junge das wissen? Roque wurde abwechselnd gespielt. Nicht wie beim Baseball, sondern wie beim Cricket.
    »Daddy?« Er schlief schon fast.
    »Was denn?«
    »Was ist Drom?«
    »Drom? Vielleicht brauchen das die Indianer auf dem Kriegspfad.« Schweigen. »Heh, Doc.«
    Aber Danny schlief. Sein Atem ging gleichmäßig. Wie liebte er den Jungen. Warum hatte er ihn so angeschrien? Es war doch normal, dass ein Kind ein wenig stottert. Er war aus einer Art Trance aufgewacht. Dann war Stottern normal. Er hatte auch nicht von einer Uhr gesprochen, sondern irgendeinen anderen Unsinn gesagt. Aber wie wusste er, dass beim Roque abwechselnd gespielt wird? Hatte Ullman ihm das gesagt? Oder Hallorann? Er betrachtete Dannys zu kleinen Fäusten geballte Hände, deren Nägel sich in das Fleisch gruben.
    (Oh Gott, ich brauche einen Drink)
    »Ich liebe dich, Danny«, flüsterte er. Gott weiß es.
    Er ging. Wieder hatte er die Beherrschung verloren. Er empfand Ekel und Angst. Ein Drink würde dieses Gefühl dämpfen.
    (Er hatte von einer Uhr gesprochen)
    Daran bestand kein Zweifel. Nicht der geringste. Er hatte die Worte ganz deutlich gehört. Er blieb im Flur stehen und sah sich noch einmal um. Automatisch wischte er sich mit dem Taschentuch die Lippen.
    *
    Ihre Gestalten waren dunkle Silhouetten im Schein der gedämpften Beleuchtung. Wendy trug nur einen Slip. Sie trat an sein Bett und deckte ihn zu. Er hatte die Decke weggestrampelt. Jack stand in der Tür und sah, dass sie ihm die Hand an die Stirn hielt.
    »Hat er Fieber?«
    »Nein.« Sie küsste den Jungen auf die Wange.
    »Gott sei Dank, dass du diesen Termin gemacht hast«, sagte er, als sie zur Tür zurückkam. »Meinst du, der Kerl versteht sein Handwerk?«
    »Die Frau im Supermarkt sagt, dass er sehr gut ist. Mehr weiß ich nicht.«
    »Wenn irgend etwas nicht in Ordnung ist, schicke ich dich und Danny zu deiner Mutter, Wendy.«
    »Nein.«
    »Ich weiß«, sagte er und legte den Arm um sie, »was du dabei empfindest.«
    »Du weißt nicht, was ich meiner Mutter gegenüber empfinde.«
    »Wendy, möchtest du mir sagen, wohin sonst ich dich schicken könnte?«
    »Wenn du vielleicht –«
    »Ohne diesen Job sind wir erledigt«, sagte er.

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