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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Mund«, sagte sie seltsam tonlos.
    »Was?« Er fuhr sich mit der Hand an die Lippen und zuckte unter einem leisen Schmerz zusammen. Sein Zeigefinger war blutig. Jetzt hatte er wirklich ein schlechtes Gewissen.
    »Du hast dir wieder den Mund gerieben«, sagte sie.
    Er sah zu Boden und zuckte die Achseln. »Muss ich wohl.«
    »Es ist schrecklich für dich gewesen, nicht wahr?«
    »Ach, so schlimm war es gar nicht.«
    »Ist es denn leichter geworden?«
    Er schaute zu ihr hoch und bewegte sich auf den Füßen. Wenn seine Füße erst in Bewegung waren, ging alles leichter. Er ging zu seiner Frau hinüber und legte ihr die Hand um die Hüfte. Er strich eine Strähne ihres blonden Haars zur Seite und küsste sie auf den Nacken. »Ja«, sagte er.
    »Wo ist Danny?«
    »Ach, irgendwo in der Nähe. Draußen ziehen Wolken auf. Hast du Hunger?«
    Mit gespielter Lüsternheit ließ er eine Hand über ihren straffen, jeansbekleideten Hintern gleiten. »Wie ein Bär, Madame.«
    »Pass auf, du brutaler Kerl. Fang nichts an, was du nicht zu Ende bringst.«
    »Bumsen, Madame?« fragte er und ließ seine Hand, wo sie war.
    »Schmutzige Bilder? Gewagte Stellungen?« Als sie durch den Mauerbogen gingen, warf er einen Blick zurück auf das Papier, unter dem er die Sammelmappe
    (wessen?)
    versteckt hatte. Bei gelöschtem Licht sah der Stapel nur noch wie ein Schatten aus. Er war froh, dass er Wendy hinausgeführt hatte. Seine Lüsternheit war jetzt nicht mehr nur gespielt und wurde zu einem ganz natürlichen Verlangen, als sie die Treppe hinaufgingen.
    »Vielleicht«, sagte sie. »Aber erst machen wir dir ein Sandwich – iiiihk!« Kichernd entwand sie sich ihm. »Das kitzelt!«
    »Das kitzelt nicht halb so sehr wie Jack Torrance Sie gerne kitzeln würde, Madame.«
    »Hau ab, Jack. Wie war’s mit Schinken und Käse … als erstem Gang?« Sie gingen gemeinsam die Treppen hinauf, und Jack schaute nicht wieder über die Schulter zurück. Aber er dachte an Watsons Worte:
    Jedes große Hotel hat sein Gespenst, Warum? Verdammt, die Leute kommen und gehen …
    Dann schloss Wendy die Tür zum Keller, der in der Dunkelheit hinter ihnen zurückblieb.

 
19
     
    VORZIMMER 217
     
    Danny erinnerte sich der Worte einer anderen Person, die während der Saison im Overlook gearbeitet hatte:
    Sie sagte, sie hätte in einem der Zimmer etwas gesehen, wo … etwas Schlimmes passiert war. Das war in Zimmer 217, und du musst mir versprechen, dass du dort nicht hineingehst, Danny … das Zimmer musst du meiden …
    Es war eine völlig normale Tür, die sich von den anderen Türen in den beiden ersten Stockwerken nicht unterschied. Sie war dunkelgrau gestrichen und lag in der Mitte eines rechtwinklig vom Hauptkorridor abzweigenden Gangs. Die Nummer an der Tür sah nicht anders aus als die Nummern an dem Wohnblock, in dem sie in Boulder gewohnt hatten. Direkt unter ihr war ein kleines rundes Glas, ein Guckloch. Danny hatte schon mehrere ausprobiert. Von innen hatte man einen guten Ausblick auf den Flur. Von außen konnte man seine Augen noch so sehr anstrengen -= man sah nichts. Ein schmutziger Trick.
    (Warum bist du überhaupt hier?)
    Nach dem Spaziergang hinter dem Overlook waren Mommy und er zurückgekommen, und sie hatte ihm sein Lieblingsessen gemacht, ein Käse-Sandwich und Campbells Bohnensuppe. Sie aßen und unterhielten sich in Dicks Küche. Aus dem Radio kam knackend und knisternd dünne Musik vom Sender in Estes Park. Die Küche war im Hotel sein Lieblingsplatz und Mommys und Daddys wohl auch, denn nachdem sie drei Tage lang im Speisesaal gegessen hatten, hatten sie in der Folgezeit unter allgemeiner Zustimmung ihre Mahlzeiten in der Küche eingenommen. Dabei stellten sie Stühle um Dick Halloranns Haublock, der fast so groß war wie ihr Esstisch zu Hause in Stovington. Der Speisesaal hatte sie alle deprimiert. Selbst wenn die Beleuchtung eingeschaltet war und der im Büro installierte Kassetten-Recorder spielte, blieb man doch einer von drei Menschen, die einsam an einem Tisch saßen, umgeben von Dutzenden von Tischen, alle leer und mit diesen durchsichtigen Schutzfolien bedeckt.
    Mommy sagte, es wäre, als ob man mitten in einem Roman von Horace Walpole zu Tisch säße, und Daddy hatte gelacht und ihr zugestimmt. Danny hatte keine Ahnung, wer Horace Walpole war, aber er hatte gemerkt, dass Mommys Essen besser schmeckte, seit sie in der Küche aßen. Kleine Spuren von Dick Halloranns Persönlichkeit befanden sich in diesem Raum, und das beruhigte ihn

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