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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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schauen, obwohl der Schlüssel zu diesem Zimmer an einem Haken hing, genau wie der Hauptschlüssel unten im Büro an der Wand hing. Blaubarts Frau war auf das verschlossene Zimmer immer neugieriger geworden. Sie versuchte, durchs Schlüsselloch zu gucken, ähnlich wie Danny ohne jeden Erfolg versucht hatte, durch das Guckloch von Zimmer 217 etwas zu erkennen. Im Buch war sogar ein Bild, das sie zeigte, wie sie kniete, um unter der Tür hindurchzuschauen, aber der Spalt war nicht breit genug. Weit öffnete sich die Tür …
    Das alte Märchenbuch hatte ihre Entdeckung grauenhaft und mit aller Liebe zum Detail beschrieben. Das Bild hatte sich Danny eingebrannt. In dem Zimmer standen die abgetrennten Köpfe der ersten sieben Frauen Blaubarts, jedes auf einem Sockel, die Augen verdreht, dass nur das Weiße zu sehen war, die Münder aufgerissen wie zu einem stummen Schrei. Sie ruhten auf ihren vom Richtschwert abgeschlagenen Hälsen, und Blut floss an den Sockeln herab.
    Entsetzt hatte sie sich abgewandt, um aus dem Zimmer und dem Schloss zu fliehen, aber nur um festzustellen, dass Blaubart in der Tür stand, die Augen vor Wut blitzend. »Ich habe dir verboten, das Zimmer zu betreten«, sagte Blaubart und zog sein Schwert. »Leider! Du bist in deiner Neugier wie die anderen sieben, und obwohl ich dich von allen am meisten liebte, wirst du wie sie enden. Mach dich zum Sterben bereit, elende Frau!«
    Vage schien es Danny, dass die Geschichte ein gutes Ende genommen hatte, aber das war zur Bedeutungslosigkeit verblasst neben den beiden dominierenden Bildern: der sie verhöhnenden verschlossenen Tür mit dem großen Geheimnis dahinter und dem grausigen Geheimnis selbst in seiner siebenfachen Ausführung. Er dachte nur an die Tür und die Köpfe, die abgetrennten Köpfe, die hinter ihr verborgen waren.
    Er streckte die Hand aus und strich fast verstohlen über den Türknopf. Er hatte keine Ahnung, wie lange er wie hypnotisiert vor dieser nichtssagenden verschlossenen Tür gestanden hatte.
    (Und vielleicht dreimal habe ich gedacht, dass ich Dinge gesehen habe … schlimme Dinge …)
    Aber Mr. Hallorann – Dick – hatte auch gesagt, dass diese Dinge einem wohl nicht wehtun konnten. Sie waren wie schreckliche Bilder in einem Buch. Und vielleicht würde er auch gar nichts finden. Andererseits …
    Er steckte die Hand in die linke Tasche, und als er sie wieder herausnahm, lag der Schlüssel darin. Natürlich hatte er ihn die ganze Zeit schon bei sich gehabt.
    Er hielt ihn an der kleinen Metallscheibe fest, in die »Büro« eingraviert war. Dann ließ er den Schlüssel an seiner Kette immer wieder um den Finger wirbeln. Es dauerte Minuten, bevor er damit aufhörte. Dann ließ er den Hauptschlüssel ins Schloss gleiten. Es ging so glatt, als hätte der Schlüssel es sich geradezu gewünscht.
    (Ich habe gedacht, dass ich Dinge gesehen habe … schlimme Dinge … versprich mir, dass du dort nicht hineingehst.)
    ((Ich verspreche es.)
    Und ein Versprechen war natürlich sehr wichtig. Dennoch war seine Neugier wie ein heftiges Jucken an einer Stelle, an der man sich nicht kratzen darf. Aber es war eine schreckliche Art von Neugier, die Neugier, die einen veranlasst, an den gruseligen Stellen eines Gruselfilms durch die vors Gesicht gehaltenen Finger zu blicken. Was hinter dieser Tür lauerte, würde kein Film sein.
    (Ich glaube nicht, dass diese Dinge einem wehtun können … wie schreckliche
    Bilder in einem Euch.)
    Plötzlich streckte er wieder die Hand aus, und bevor er wusste, was er tat, hatte er den Hauptschlüssel abgezogen und wieder in die Tasche gesteckt. Einen Augenblick starrte er noch die Tür an, die blaugrauen Augen weit geöffnet. Dann drehte er sich rasch um und ging zum Hauptkorridor zurück.
    Irgend etwas ließ ihn dort innehalten, er wusste einen Augenblick nicht was. Dann erinnerte er sich daran, dass direkt hinter dieser Ecke auf dem Weg zur Treppe einer dieser altmodischen Feuerlöscher aufgerollt an der Wand hing. Aufgerollt wie eine schlafende Schlange.
    Es waren keine Feuerlöscher des chemischen Typs, hatte Daddy gesagt, obwohl es einige der letzteren in der Küche gab. Diese waren die Vorläufer des modernen Sprinkler-Systems. Die langen Leinenschläuche wurden direkt an das Leitungssystem des Overlook angeschlossen, und wenn man ein Ventil aufdrehte, konnte man zur Einmannfeuerwehr werden. Daddy hatte gesagt, die chemischen Feuerlöscher, die Schaum oder CO2 versprühten, seien viel besser. Die chemischen

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