Shining
weg, und dann musste er in einem Raum mit weichen Wänden leben, und wenn er nach Hause schreiben wollte, musste er es mit Buntstiften tun.
»Wann darf er denn wieder zurückkommen?« fragte Danny seinen Vater.
»Sobald es ihm wieder besser geht, Doc.«
»Aber wann wird das sein?« wollte Danny wissen.
»Dan«, sagte Jack, »DAS WEISS NIEMAND.«
Und das war das Schlimmste von allem. Es war eine andere Art, nie – nie-nie zu sagen. Einen Monat später nahm Robins Mutter ihren Sohn aus dem Kindergarten, und sie zogen ohne Mr. Stenger von Stovington weg.
Das war schon über ein Jahr her, nachdem Daddy aufgehört hatte, das schlimme Zeug zu trinken, aber bevor er seinen Job verlor. Danny dachte noch oft daran. Manchmal, wenn er hinfiel oder sich den Kopf stieß oder Bauchschmerzen hatte, fing er an zu weinen, und dann kam die Erinnerung zurück, und dann hatte er immer Angst, dass er nicht aufhören könnte zu weinen, dass er endlos jammern und weinen würde, bis Daddy eine Nummer wählte und sagte: »Hallo? Hier spricht Jack Torrance, 149, Mapleline Way. Mein Sohn hier kann nicht aufhören zu weinen. Bitte, schicken sie DIE MÄNNER MIT DEN WEISEN KITTELN, damit sie ihn ins Sanatorium bringen. Ganz recht, er hat NICHT ALLE TASSEN IM SCHRANK. Vielen Dank.« Und der graue Wagen rollte vor seine Tür, und sie luden ihn ein, während er immer noch hysterisch weinte, und nahmen ihn mit. Wann würde er Mommy und Daddy je wieder sehen? DAS WEISS NIEMAND.
Und diese Angst war es, die ihn hatte schweigen lassen. Er war jetzt ein Jahr älter und war ganz sicher, dass Daddy und Mommy ihn nicht wegbringen lassen würden, weil er einen Schlauch für eine Schlange gehalten hatte, das sagte ihm sein Verstand, aber dennoch, wenn er drauf und dran war, es ihnen zu erzählen, stieg diese alte Erinnerung aus der Vergangenheit auf, und sie war wie ein Stein, den er im Mund hatte und der seine Worte blockierte.
Es war anders als die Sache mit Tony; Tony war ihm immer ganz natürlich erschienen (natürlich nur bis die schlimmen Träume kamen), und auch seine Eltern schienen Tony als mehr oder weniger natürliches Phänomen akzeptiert zu haben. So etwas wie Tony kam, wenn man HELL war, was sie beide von ihm glaubten (auf ähnliche Weise, wie sie von sich selbst glaubten, dass sie HELL seien), aber ein Feuerlöschschlauch, der sich in eine Schlange verwandelte, oder Blut- und Gehirnspritzer an der Wand der Präsidentensuite zu sehen, die kein anderer sehen konnte, war nicht natürlich. Sie hatten ihn schon zu einem Arzt gebracht. War es da nicht vernünftig, anzunehmen, dass DIE MÄNNER MIT DEN WEISSEN KITTELN als nächste kommen würden?
Trotzdem hätte er es ihnen vielleicht gesagt, wenn er nur sicher gewesen wäre, dass sie ihn früher oder später aus dem Hotel wegbringen würden. Er wollte so verzweifelt gern vom Overlook weg. Aber er wusste auch, dass dies Daddys letzte Chance war, dass er im Overlook mehr tun musste als auf das Hotel aufpassen. Er war hier, um an seinen Papieren zu arbeiten. Um darüber hinwegzukommen, dass er seinen Job verloren hatte. Um Mommy-Wendy liebzuhaben. Und bis vor kurzem schien das auch alles zu geschehen. Nur in allerletzter Zeit hatte Daddy wieder Schwierigkeiten. Seit er diese Papiere gefunden hatte.
(Dieser unmenschliche Ort macht Menschen zu Ungeheuern.)
Was bedeutete das? Er hatte zu Gott gebetet, aber Gott hatte es ihm nicht gesagt. Und was sollte Daddy anfangen, wenn er hier nicht mehr arbeitete? Er hatte versucht, es in Daddys Gedanken zu lesen, und war immer mehr davon überzeugt, dass Daddy es nicht wusste. Der beste Beweis dafür war am frühen Abend gekommen, als Onkel Al Daddy angerufen und gemeine Dinge zu ihm gesagt hatte, und Daddy hatte nichts zu antworten gewagt, denn Onkel Al konnte ihn genauso aus seinem Job feuern wie Mr. Crommert, der Rektor in Stovington, ihn aus seinem Schuljob gefeuert hatte. Und davor hatte Daddy entsetzliche Angst, auch wegen Mommy und Danny.
Deshalb wagte er nichts zu sagen. Er konnte nur hilflos zuschauen und hoffen, dass es keine Indianer gab, und wenn, dass sie die drei in Ruhe lassen und sich größerer Beute zuwenden würden.
Aber das konnte er nicht glauben, so sehr er es auch versuchte. Im Overlook standen die Dinge jetzt schlechter.
Der Schnee sollte kommen, und wenn er erst da war, gab es nicht mehr die geringste Möglichkeit für ihn. Und nach dem Schnee, was dann? Was dann, wenn sie eingeschlossen waren und wehrlos den Dingen ausgeliefert,
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