Shining
Gefälle nichts riskieren, sie hatte Angst.
»Glaubst du wirklich?« fragte Danny. Er sah sie einen Augenblick interessiert an und schüttelte dann den Kopf. »Ich glaube es aber nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil er sich Sorgen um uns macht«, sagte Danny und wählte seine Worte sorgfältig. Es war schwer zu erklären, denn er verstand es selbst nicht ganz. Er musste an den Vorfall denken, den er Hallorann erzählt hatte, an den großen Jungen, der im Warenhaus stehlen wollte. Das war betrüblich gewesen, aber es war klar, und selbst Danny, damals fast noch ein Baby, hatte gewusst, worum es ging. Aber Erwachsene waren ständig in Aufruhr. Bei allem, was sie taten, dachten sie an die Konsequenzen, hatten Selbstzweifel, dachten an ihren guten Ruf und empfanden Liebe und Verantwortung für irgendwen. Jede denkbare Entscheidung schien ihre Schattenseiten zu haben, und manchmal verstand er nicht, warum diese Schattenseiten eigentlich Schattenseiten waren. Es war sehr schwer.
»Er glaubt …« fing Danny wieder an und schaute rasch zu seiner Mutter hinüber. Sie achtete auf die Straße und sah ihn nicht an, und er hatte das Gefühl, dass er weitersprechen konnte.
»Er glaubt, dass wir vielleicht einsam sein werden. Und dann glaubt er, dass es ihm hier gefällt und dass es auch für uns gut ist. Er hat uns lieb und will nicht, dass wir einsam sind … oder traurig … aber er glaubt, selbst wenn wir es sind, auf LANGE SICHT könnte alles gut werden. Kennst du LANGE SICHT?«
Sie nickte. »Ja, Liebes, das kenne ich.«
»Er macht sich Sorgen, dass er keinen Job kriegt, wenn wir von hier fortgehen. Dass wir dann vielleicht betteln müssen.«
»Ist das alles?«
»Nein, aber der Rest ist ein Durcheinander. Denn er ist jetzt ganz anders.«
»Ja«, sagte sie und hätte fast laut geseufzt. Das Gefälle flachte sich ab, und vorsichtig legte sie wieder den dritten Gang ein.
»Das denke ich mir nicht aus, Mommy. Ehrlich.«
»Das weiß ich«, sagte sie und lächelte. »Hat Tony es dir gesagt?«
»Nein«, sagte er. »Ich weiß es einfach. Der Doktor glaubte nicht an Tony, nicht wahr?«
»Ach, lass nur den Doktor«, sagte sie. »Ich glaube an Tony. Ich weiß nicht, was er ist oder wer er ist, ob er ein Teil von dir ist oder ob er … von irgendwo außerhalb kommt, aber ich glaube an ihn. Und wenn du … er … meint, dass wir gehen sollten, werden wir es tun. Wir beide werden gehen und im Frühjahr wieder mit Daddy zusammensein.«
Er sah sie hoffnungsvoll an. »Wohin? In ein Motel?«
»Honey, ein Motel können wir uns nicht leisten. Wir müssten zu meiner Mutter gehen.«
Der hoffnungsvolle Ausdruck verschwand aus Dannys Gesicht. »Ich weiß«, sagte er und schwieg.
»Was?«
»Nichts«, murmelte er.
Sie schaltete in den zweiten Gang zurück, denn das Gefälle wurde wieder steiler. »Nein, Doc, das darfst du nicht sagen. Ich hätte schon vor Wochen mit dir sprechen sollen. Also bitte. Was weißt du? Ich werde nicht böse sein. Ich kann nicht böse sein, denn es ist zu wichtig. Du musst offen mit mir reden.«
»Ich kenne deine Gefühle ihr gegenüber«, sagte Danny und seufzte.
»Und wie sind die?«
»Schlecht«, sagte Danny, und was er dann sagte, ängstigte sie.
»Schlecht. Traurig. Böse. Als wäre sie gar nicht deine Mommy. Als ob sie dich fressen wollte.« Er schaute sie angstvoll an. »Und mir gefällt es dort nicht. Sie denkt immer, dass ich es bei ihr besser hätte, und sie überlegt, wie sie mich dir wegnehmen kann. Mommy, ich will nicht zu ihr. Lieber bleibe ich im Overlook.«
Wendy war erschüttert. War es so schlimm zwischen ihr und ihrer Mutter? Mein Gott, wie schrecklich für den Jungen, wenn das stimmte und er wirklich ihrer beider Gedanken lesen konnte. Sie kam sich plötzlich nackter als nackt vor, als habe man sie bei einer obszönen Handlung ertappt.
»Gut«, sagte sie. »Es ist ja schon gut, Danny.«
»Und nun bist du böse mit mir«, sagte er mit dünner Stimme und war den Tränen nahe.
»Nein, das bin ich nicht. Wirklich nicht.« Sie passierten ein Schild mit der Aufschrift »SIDEWINDER 15 Meilen«, und Wendy beruhigte sich ein wenig. Ab hier war die Straße besser.
»Ich möchte dich noch etwas fragen, Danny. Und ich möchte, dass du mir eine ehrliche Antwort gibst. Wirst du das tun?«
»Ja, Mommy«, sagte er fast flüsternd.
»Hat dein Daddy wieder getrunken?«
»Nein«, sagte er und erstickte die Worte, die dieser simplen Verneinung folgen wollten: Noch nicht.
Wendy war jetzt noch ein
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