Shit
befolgte.
„Toll hast du ihm das beigebracht!“
Anja nickte und verschlang heißhungrig mehrere der aufgebackenen Brötchen und eine ganze Schokolade aus dem Kühlschrank. Zwischendurch warf sie dem Hund immer wieder Brötchenteig oder Wurstschnitten zu, die das Tier gierig verschlang.
Der Hund schluckte alles so schnell hinunter, als sei er in den letzten Tagen nicht gefüttert worden.
Wo steckt der kleine Kerl das alles hin?, dachte Frau Goldhausen und bekam selbst keinen einzigen Bissen herunter.
Mutter und Tochter saßen sich schweigend gegenüber. Anja wollte nicht reden und ihre Mutter hatte Angst, die Tochter würde vom Tisch aufspringen und weglaufen, wenn sie etwas Falsches sagte.
Die beiden lächelten nur stumm, wenn der kleine Hund sich auf die Hinterbeine stellte und um Essbares bettelte. Es schien fast so, als sei der Hund die einzige Verbindung zwischen Mutter und Tochter.
Früher durfte Anja noch nicht mal ein Meerschweinchen oder einen Hamster als Haustiere halten. Jetzt war es plötzlichvollkommen unwichtig, ob Tierhaare oder Essensreste, die der Hund verschmäht hatte, auf dem Boden lagen.
„Wie soll es weitergehen?“, brach Frau Goldhausen endlich das eisige Schweigen.
„Ich geh hoch“, erwiderte Anja nur und stand auf.
Frau Goldhausen blieb mit ihrer Frage allein und legte sich wieder auf die Couch.
11.
Tom Schneider steuerte den Dienstwagen durch die engen Kurven einer schmalen Landstraße der Eifel. Er hatte vor einer geplanten Durchsuchungsaktion noch einige Hausobjekte abgeklärt.
Plötzlich rauschte der Lautsprecher des Funkgerätes und kurz danach durchbrach die krächzende Stimme des Kollegen von der Einsatzleitstelle RHEIN beim Polizeipräsidium Koblenz die Stille.
„RHEIN 10/11 für RHEIN kommen!“
„RHEIN 10/11 hört!“
„10/11, fahren Sie dringend Kaufheimer Str. 170 zu Goldhausen. Suizidversuch der drogenabhängigen Tochter. DRK und Notarzt verständigt.“
„10/11 hat verstanden!“, antwortete eine weibliche Stimme am Funkgerät. Dann hörte man durch den Lautsprecher noch kurz die Martinshörner aufheulen.
Tom öffnete das Fenster, setzte das Blaulicht mit der Magnethalterung auf das Dach, schaltete das Martinshorn ein und raste mit überhöhter Geschwindigkeit über die kurvenreiche Landstraße. Es waren nur noch wenige Kilometer bis Koblenz.
In der Stadt bahnte sich Kriminalhauptkommissar Tom Schneider mit den schrillen Sirenen seinen Weg durch den Berufsverkehr.
Polizisten dürfen mit Sondersignalen zwar Verkehrsregeln missachten, müssen aber dennoch vorsichtig fahren. Bei zivilen Dienstwagen, die andere Verkehrsteilnehmer nicht auf Anhieb als Polizeifahrzeuge erkennen können, ist erfahrungsgemäß besondere Vorsicht geboten. Ein Zivilfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn wird meist erst spät erkannt. Und oft legen erschreckte Autofahrer eine Vollbremsung hin, stattan den rechten Fahrbahnrand zu fahren, um eine freie Gasse zu bilden.
Die schrillen Töne der Martinshörner hallten zwischen den Häuserschluchten wie ein Echo.
Vor dem Haus parkte ein Funkstreifenwagen.
Der Notarztwagen war ihm bereits entgegengekommen. Tom klingelte und Polizeikommissarin Claudia Schlüter öffnete die Haustür. Sie war blass im Gesicht.
„Hallo Tom. Das ging aber schnell. Wir haben euch doch gar nicht angefordert.“
„Ich war zufällig in der Nähe. Was ist passiert?“
„Anja hat sich die Pulsadern aufgeschnitten. Die Mutter ist mit dem NAW ins Krankenhaus gefahren und hat uns um eine Durchsuchung von Anjas Zimmer gebeten, damit sie was in der Hand hat.“
„Wozu? Was will sie in der Hand haben?“, fragte Tom.
Claudia Schlüter zog die Schultern hoch.
„Woher soll ich das wissen? Das Zimmer ist aufgeräumt und sauber. Da dürften wir nichts finden.“
Tom nickte nur.
Claudia Schlüter atmete tief durch.
„Ich kenne Anja!“, flüsterte die junge Kommissarin, die sich ehrenamtlich als Jugendgruppenleiterin bei den Pfadfindern engagierte. Anja war als Kind in ihrer Wölflingsmeute gewesen.
„Ich weiß!“, erwiderte Tom.
„Frau Goldhausen hatte in der letzten Zeit ständig Angst um Anja. Ob es wirklich eine sich selbst erfüllende Prophezeihung gibt, wenn man das Schlimmste befürchtet?“, fragte die junge Polizeikommissarin.
„Kann sein“, flüsterte Tom und spürte wieder die Schweißperlen in seinen Handinnenflächen. Es gab eine Zeit, da hatte ich auch große Angst um meine Tochter, habe immer nochAngst, die ich mit niemandem teilen
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