Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen
eigenen Pistole an ihre Schläfe.
3.
D rei Uhr, das lässt sich machen«, sagte Abby, das Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt. Es war zwei Tage her, dass sie Lukes Sendung im Radio gehört und das Vorgespräch für die Nolan-Smythe-Hochzeit geführt hatte. Jetzt betrat Abby gerade ihre Küche, eine Einkaufstüte unter einem und ihre Mappe unter dem anderen Arm. Den größten Teil des Vortages und die frühen Morgenstunden des heutigen Tages hatte sie in ihrem Studio in der Stadt zugebracht, wo sie Rechnungen bearbeitet und mit ein paar College-Absolventen deren Abschluss-Fotos besprochen hatte. Dann war sie einkaufen gegangen und danach in aller Eile nach Hause gefahren.
Sie stellte die Einkaufstüte auf dem Küchentresen ab, auf dem Ansel saß und mit zuckender Schwanzspitze durch das Fenster die Vögel im Futterhäuschen beobachtete. »Husch«, flüsterte Abby, während sie der Frau am anderen Ende der Leitung zuhörte, die sich für ihr Haus interessierte.
Das Schild
Vom Eigentümer zu verkaufen
hing noch keine zweiundsiebzig Stunden, und schon hatten sich diverse potenzielle Käufer gemeldet. Diese Frau war die Erste, die »das Grundstück in Augenschein nehmen« wollte, nachdem sie den Preis und die Einzelheiten gehört hatte.
Ansel streckte sich auf der Arbeitsfläche und ignorierte Abbys Befehl. Sie ging ins Wohnzimmer, wo sie ihre Mappe auf einen Klapptisch legte.
»Wie war noch gleich Ihr Name? Und die Telefonnummer?«, fragte sie, kramte einen Stift aus ihrer Handtasche, eilte zurück in die Küche und kritzelte die Informationen auf einen Notizblock, der neben dem Telefon bereitlag.
»Okay, ich erwarte Sie um drei.«
Abby legte auf und warf einen Blick auf die Uhr. In knapp vier Stunden würde die potenzielle Käuferin bei ihr auftauchen.
Nicht, dass Haus und Grundstück nicht gut in Schuss gewesen wären. Es sei denn, jemand bemerkte die grauen Katzenhaare, die überall Knäuel bildeten und sich in den Ecken sammelten. Trotz all ihrer Bemühungen mit dem Staubsauger kam Abby gegen die Fusseln nicht an, denn Ansel wechselte gerade das Fell. »Vielleicht benötige ich viel eher einen Elektrorasierer für dich statt eines Staubsaugers fürs Haus, hm?«
Sie hob den schwergewichtigen Kater von seinem Platz auf dem Tresen und drückte ihn einen Augenblick lang an sich. Sie streichelte seinen weichen Pelz und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich liebe dich trotzdem. Obwohl wir beide wissen, dass du manchmal wirklich unausstehlich sein kannst.« Er rieb seinen Kopf unter ihrem Kinn und schnurrte so laut, dass sich die Vibrationen seines Körpers in ihrem fortsetzten.
Die vergangenen zwei Tage waren so hektisch gewesen, dass Abby kaum zum Luftholen gekommen war. Sie war von einer Fotosession zur nächsten gehetzt und hatte glücklicherweise keine Zeit gehabt, sich darüber aufzuregen, wie Luke sie in aller Öffentlichkeit fertig gemacht hatte. Zudem hatte sie beschlossen, sich Lukes Hasstiraden einfach nicht zu Herzen zu nehmen.
Sie gab dem Kater einen Kuss zwischen die Ohren, setzte ihn auf den Boden und sah nach seinem Trinknapf. Noch halb voll. Er stelzte zur Verandatür, drehte ein paar Kreise und jammerte, bis Abby die Tür öffnete. Ansel huschte nach draußen und lief zielstrebig zu dem Baum in der Nähe des Vogelhäuschens, um das Meisen und Kleiber herumflatterten. Die Wärme des Oktobers strömte mit einem sanften, erdig duftenden Hauch ins Zimmer.
Abby trat hinaus auf die Veranda. Die Sonne bemühte sich, die grauen Wolken zu durchbrechen. Eine Sekunde lang glaubte sie, einen blassen Regenbogen zu sehen, doch das Bild verschwand genauso rasch, wie es aufgetaucht war.
»Wunschdenken«, sagte sie zu sich selbst, ging zurück ins Haus und schloss die Tür hinter sich. Sie sah sich um und kam zu dem Schluss, dass sie doch noch ein bisschen aufräumen musste, bevor die Interessentin eintraf.
Im Schlafzimmer zog Abby Hose und Bluse aus und schlüpfte in ihre »Putzmontur«: ihre zerfetzte Lieblingsjeans und ein T-Shirt, das nicht nur alte Kaffeeflecken zierten, sondern obendrein auch Bleichspritzer. Sie bändigte ihr wildes Haar in einem Pferdeschwanz und machte sich an die Arbeit. Sie polierte Tische, putzte Fenster, schrubbte Arbeitsflächen und wischte die alten Holzfußböden.
Zur Hintergrundberieselung schaltete sie den Fernseher ein und hörte die Warnung vor einem Tropensturm, der sich über dem Atlantik aufbaute und binnen weniger Tage den Golf erreichen sollte. Nach allerlei
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