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Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Titel: Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
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entfernt, und einen mächtigen Berg – war es der Mount Rainier? – im Hintergrund, während Gierman in seinem Boot gegen den augenscheinlich stürmischen Wind kreuzte.
    Aufgrund der Lokalität und Giermans Alter auf dem Foto vermutete Montoya, dass er zu jener Zeit entweder mit Abby Chastain verheiratet oder zumindest liiert gewesen war. In Montoyas Augen waren sie ein sehr gegensätzliches Paar. Doch Montoyas Ermittlungen waren noch nicht so weit gediehen, dass er sich auf seinen ersten Eindruck verlassen konnte.
    Das Bad im ersten Stock war sauber. Trotz der Arbeit der Spurensucher standen Giermans Hygiene-Utensilien ordentlich aufgereiht. Die Duschkabine, die Wanne, selbst die Toilette, alles war in tadellosem Zustand, entweder von einer Freundin oder einem Reinigungsdienst geputzt – oder Gierman erledigte die Schmutzarbeit selbst.
    Eher unwahrscheinlich.
    Montoya öffnete einen Schrank. Keine schrägen Sex-Magazine. Nicht einmal ein einziges
Playboy
-Exemplar. Stattdessen fand Montoya Kataloge von teuren Möbelgeschäften und Kunstgalerien sowie die jüngsten Ausgaben einer Ski-Zeitschrift, von
Golf Digest
und
Men’s Health.
Wie es aussah, lebte Gierman allein, und anscheinend war sein großmäuliges, vulgäres Auftreten in der Öffentlichkeit nur Fassade. Oder er war ein sehr vielschichtiger Typ.
    Durch einen kurzen Flur gelangte Montoya in das zweite Schlafzimmer, das ausschließlich als Büro und Trainingsraum genutzt wurde. Kein Bett, kein Schlafsofa, nur ein Schreibtisch, ein Computer, ein Aktenschrank und ein Fernseher mit DVD-Player und Videorekorder und eine Bose-Musikanlage. Wie Gierman sie auch im Schlafzimmer und im Wohnbereich hatte. Ein Medien-Freak. An einer Wand befanden sich Laufband und Hanteln, in einem Bücherregal standen CDs mit klassischer Musik, Jazz und Rock ’n’ Roll.
    Falls Giermann je einen Gast beherbergt hatte, musste er wohl oder übel in Giermans Bett oder auf dem olivgrünen Sofa im Wohnzimmer geschlafen haben.
    Im Zuge der Ermittlungen war der Computer ausgeweidet worden, die Kabel, die vormals an den Rechner angeschlossen waren, hingen herab. Aktenschubladen standen offen, ein Großteil des darin verstauten Materials war entnommen worden, und diese Akten stapelten sich inzwischen zweifellos auf Montoyas Schreibtisch.
    Brinkman arbeitet gründlich, dachte er, aber er ist trotzdem ein elender Spießer.
    Wasser tropfte von den alten Rohren.
    Der Geruch nach feuchter Erde drang durch die Kacheln und das Mauerwerk, das schon seit langer Zeit bröckelte.
    Es störte ihn nicht.
    Es war nicht wichtig.
    Beeinträchtigte seine Pläne nicht.
    Wenn er ganz still stand und die Augen schloss, erinnerte er sich an den stechenden Geruch von Antiseptika und Ammoniak, der die säuerlichen menschlichen Ausdünstungen von Urin, Schweiß und Angst überlagerte.
    Zu den Gerüchen gesellten sich die Geräusche. Wenn er sehr konzentriert lauschte, hörte er heute noch das leise Flüstern, das gedämpfte Beten und das verhaltene, unablässige Stöhnen. Metallkarren rasselten, die Uhr schlug die Stunde, und über allem hing ein Hauch von Verfall und Verdorbenheit, überlagert von vorgeblichem Wohlbefinden, von Sonnenschein und falscher Hoffnung.
    Als er jetzt im Labyrinth der Gänge im Kellergeschoss stand, stellte er sich vor, wie es einmal gewesen war. Er sah die Lügen so überdeutlich … die leuchtenden Augen, das nachsichtige Lächeln, die besorgt gerunzelten Stirnen – aber alles war Lüge gewesen.
    Er öffnete die Augen. Angetrieben von dieser Falschheit, diesen dunklen, verborgenen Sünden, den Sünden, vor denen seine Mutter ihn gewarnt hatte, Sünden, für die er grausam bestraft worden war, glitt er durch die dunklen Korridore und hatte das Gefühl, endlich nach Hause gekommen zu sein, zurückgekehrt, um alles in Ordnung zu bringen.
    Er bewegte sich geräuschlos, zündete an den kritischen Stellen Laternen an, und das goldene Licht der kleinen Flämmchen beleuchtete die einstmals glänzenden, blitzsauberen Wände. Jetzt war überall Schimmel sichtbar, dunkle Flecken,die sich über die schmutzigen Kacheln an den Wänden in diesem Teil des Krankenhauskellers ausbreiteten. Dieser Teil war stets verschlossen und geheim gehalten worden, ein Ort, in den nie Tageslicht gefallen war, von dem nur wenige wussten, welches Grauen hier unten stattgefunden hatte. Diejenigen, die davon wussten, hatten den Mund gehalten und erwartet, dass der Betrug und die Schandtaten in Vergessenheit gerieten.
    Da

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