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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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ihm, ein wenig zu trinken. »Danke«, sagte Spillbergen mit schwacher Stimme. »Wo ist Land – wo ist Land?«
    »Voraus«, erwiderte er, ohne es jetzt freilich selbst mehr zu glauben, stellte den Krug zurück, verschloß seine Ohren vor dem Gejammer, ging und haßte ihn aufs neue.
    Vor fast genau einem Jahr hatten sie Tierra del Fuego oder Feuerland erreicht, und die Winde waren günstig gewesen für einen Vorstoß ins Unbekannte der Magellanstraße. Doch der Generalkapitän hatte befohlen, an Land zu gehen und nach Gold und Schätzen zu suchen.
    »Himmelherrgott, Generalkapitän, seht Euch dies Land doch an! In diesen Wüsteneien gibt es keine Schätze!«
    »Es heißt, das Land sei reich an Gold, und wir können es für die glorreichen Niederlande in Besitz nehmen.«
    »Die Spanier sind seit fünfzig Jahren mit großer Stärke hier.«
    »Vielleicht – aber vielleicht doch nicht so weit südlich, Hauptpilot.«
    »So tief im Süden sind die Jahreszeiten anders als bei uns. Im Mai, Juni, Juli und August herrscht hier tiefster Winter. Aus dem roteiro geht hervor, daß der rechte Zeitpunkt äußerst wichtig ist, um durch die Magellanstraße hindurchzukommen. In ein paar Wochen schlagen die Winde um, und dann müßten wir hierbleiben und vielleicht monatelang überwintern.«
    »In wieviel Wochen, Pilot?«
    »Laut roteiro in acht. Aber die Jahreszeiten sind nicht immer gleich.«
    »Wir werden das Land ein paar Wochen lang erforschen. Dann bleibt uns immer noch reichlich Zeit, und falls notwendig, segeln wir wieder gen Norden und plündern noch ein paar Städte, was, meine Herren?«
    »Wir müssen es jetzt versuchen, Generalkapitän. Die Spanier haben nur wenige Kriegsschiffe im Stillen Ozean. Hier hingegen wimmelt es von ihnen, und sie halten Ausschau nach uns. Ich sage, wir müssen weiter.«
    Doch der Generalkapitän hatte sich über ihn hinweggesetzt und die Frage durch eine Abstimmung unter den anderen Kapitänen entschieden – nicht durch die anderen Piloten, einem Engländer und drei Holländern –, und die fruchtlosen Beutezüge an Land waren unter seiner Führung weitergegangen.
    In diesem Jahr waren die Winde früh umgeschlagen, und sie hatten dort unten überwintern müssen, da der Generalkapitän wegen der spanischen Flotte Angst hatte, weiter nach Norden hinaufzusegeln. Vier Monate waren verstrichen, ehe sie hatten weitersegeln können. Und mittlerweile waren einhundertundsechsundfünfzig Mann verhungert, erfroren, und sie hatten die Kalbsfelle gegessen, mit denen das Tauwerk zugedeckt gewesen war. Die furchtbaren Stürme innerhalb der Meerenge hatten die Flotte auseinandergetrieben, und die Erasmus war das einzige Schiff gewesen, das den vorbestimmten Treffpunkt vor der Küste von Chile erreicht hatte. Einen vollen Monat hatten sie dort auf die anderen gewartet, doch waren die Spanier immer näher herangekommen, und dann, als die Spanier drohten, sie in die Zange zu nehmen, hatten sie die Segel gesetzt und waren ins Unbekannte hinausgefahren. Bei Chile hatte der geheime roteiro aufgehört. Weiter war er nicht gegangen.
    Blackthorne ging den Gang entlang, schloß die Tür zu seiner eigenen Kammer auf und drehte den Schlüssel hinter sich wieder um. Die Balkendecke war niedrig, die Kammer war klein und aufgeräumt, und er mußte sich bücken, als er hinübertrat, um sich an seinen Schreibtisch zu setzen. Er schloß eine Schublade auf und wickelte bedächtig den letzten der Äpfel aus, die er die ganze Fahrt von der Insel Santa Maria vor der chilenischen Küste bis hierher so sorgsam aufbewahrt hatte. Er war angestoßen und sehr klein; dort, wo er anfing zu faulen, war er von einer weißlichen Schimmelschicht bedeckt. Er schnitt ein Viertel heraus. Im Gehäuse waren ein paar Würmer. Er aß sie jedoch mit, eingedenk der alten Seemannsweisheit, daß Würmer genausogut gegen den Skorbut wären wie der Apfel selbst, ja, daß sie das Ausfallen der Zähne verhinderten, wenn man sie am Gaumen zerrieb. Er kaute vorsichtig, denn seine Zähne taten ihm weh, und die Mundhöhle war entzündet und wund. Dann trank er etwas Wasser aus einem Weinschlauch. Es schmeckte brackig. Zuletzt wickelte er den Rest des Apfels wieder ein und schloß ihn fort.
    Eine Ratte huschte durch die Schatten, die von der über seinem Kopf hängenden Öllampe geworfen wurden. Die Holzplanken knarrten angenehm. Kakerlaken krochen zuhauf über den Boden.
    Ich bin müde, ach so müde!
    Er warf einen Blick auf seine lange schmale Koje mit dem

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