Shogun
Tür zu, und Speere und Shuriken prallten vom Eisen ab.
Als er sah, wie stark die Tür war, wußte er, daß Brecheisen ihr nichts würden anhaben können, sie also fürs erste sicher waren. Immer noch keuchend sah er sich um. Mariko lag auf den Knien und rang ihrerseits nach Atem. Insgesamt waren es außer ihnen noch sechs Zofen, Achiko, Kiri und Sazuko sowie die alte Dame, die nahezu bewußtlos mit aschgrauem Gesicht auf dem Boden lag. Der Raum war klein, hatte Steinmauern und wies eine Seitentür auf, die auf einen kleinen zinnenbewehrten Söller hinausging. Er tastete sich zum Fenster hinüber und sah hinaus. Der Ecksöller ragte über den Vorhof und über die Gasse hinaus vor, und er konnte das Schlachtgetümmel von unten heraufdringen hören: Rufe und Schreie und ein paar erregte Kampfrufe. Etliche Graue und freie Samurai fingen bereits an, sich unten in der Gasse und auf den gegenüberliegenden Wehrgängen zu versammeln. Die Tore unten waren ihnen verschlossen und wurden von den Ninja gehalten.
»Was zum Teufel geht hier vor?« fragte Blackthorne mit schmerzender Brust. Niemand gab ihm Antwort. Er trat zurück, kniete neben Mariko und rüttelte sie sanft. »Was geht hier vor?« Aber sie konnte ihm noch nicht antworten.
Im Westflügel lief Yabu einen breiten Korridor zu seinem Schlafgemach entlang. Als er um eine Ecke bog, kam er rutschend zum Stehen. Vor ihm wurden Samurai von einem wütenden Gegenangriff der Ninja, die vom obersten Stockwerk heruntergekommen waren, arg bedrängt.
»Was geht hier vor?« rief Yabu über das Waffengeklirr hinweg, denn hier sollten ja keine Angreifer sein, nur unten.
»Sie haben uns in der Zange«, sagte ein Samurai keuchend. »Sie sind von oben gekommen …«
Yabu fluchte, denn er erkannte, daß man ihn übertölpelt und nicht in den ganzen Schlachtplan eingeweiht hatte. »Wo ist Sumiyori?«
»Er muß tot sein. Der Teil ist schon in ihrer Hand, Euer Gnaden. Wozu greifen diese Ninja denn bloß an?«
Am anderen Ende trugen Braune einen weiteren Gegenangriff vor; sie griffen aus der Deckung heraus mit Speeren an und drängten die Ninja zurück. Aber eine Wolke von Shuriken regnete auf sie herab, und bald schrien und verendeten sie, versperrten den Weg, und das Gift ließ sie in wilde Zuckungen verfallen. Augenblicklich zog der Rest der Braunen sich außer Reichweite der Wurfgeschosse zurück und formierte sich neu.
Yabu schrie unerschrocken: »Holt Bogenschützen!« Männer eilten fort, seinem Befehl zu gehorchen.
»Was hat dieser ganze Angriff denn zu bedeuten? Warum sind ihrer denn so viele?« fragte der Samurai abermals. Blut rann ihm aus einer Wangenwunde übers Gesicht. Für gewöhnlich griffen die gehaßten Ninja nur einzeln oder in kleinen Gruppen an.
»Ich weiß es nicht«, sagte Yabu. Dieser ganze Teil der Burg war jetzt in Aufruhr. Die Braunen hatten sich immer noch nicht wieder gesammelt und waren wegen der Schnelligkeit dieses Ansturms immer noch wie benommen.
»Wenn … wenn Toranaga-sama hier wäre, könnte ich verstehen, daß Ishido einen Überraschungsangriff befehlen würde … aber warum jetzt?« fragte der Samurai. »Es ist doch niemand und nichts …« Er sprach nicht weiter, als ihm aufging, um was es ging. »Die Dame Toda!«
Yabu versuchte, ihn beiseite zu schieben, doch der Mann brüllte: »Sie sind hinter ihr her, Yabu-san! Sie müssen es auf sie, die Dame Toda, abgesehen haben!«
Er stürzte voran, um zum Ostflügel hinüberzugelangen. Yabu zögerte, dann setzte er hinter ihm her.
Sie mußten dazu über den Haupttreppenabsatz hinweg, den die Ninja inzwischen besetzt hielten. Überall lagen tote Samurai umher. Angespornt von dem Bewußtsein, daß ihre verehrte Anführerin in Gefahr schwebte, wagten die Samurai einen ersten Einbruch in die Reihen der Ninja, doch wurden sie im Handumdrehen niedergemacht. Jetzt hatten weitere Kameraden den Ruf aufgenommen, die Kunde verbreitete sich rasch, und die Braunen verdoppelten ihre Anstrengungen. Yabu kam herbeigeeilt, um den Kampf zu leiten. Ein Ninja riß seine Tragetasche auf und entzündete an einer an der Wand steckenden Fackel die Zündschnur eines Wurfgeschosses und schleuderte es mitten unter die Braunen. Die Explosion und der Gegenangriff der Ninja verwandelten die Braunen in einen völlig aufgelösten Haufen.
»Zieht euch zurück, und formiert euch neu!« rief Yabu in einem der Korridore, die vom Haupttreppenabsatz fortführten. Es ging ihm darum, ihren Durchbruch so lange wie möglich
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