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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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wußte, sie konnten jetzt jeden Augenblick über ihn herfallen und ihn fesseln. Aber wie sollten sie das machen? Sie hatten ja keine Taue …
    Taue! Beschaff dir Taue! Kannst du welche machen?
    Sein Blick fiel auf Yabus Kimono. Er fing an, ihn in Streifen zu reißen, prüfte, ob sie halten würden. Die Seide war sehr kräftig. »Kommt schon!« befahl er den Samurai und zog sich das eigene Hemd über den Kopf. »Ein Seil machen! Hai?«
    Sie begriffen. In Windeseile wickelten sie sich ihre Schärpen vom Leib, zogen ihre Kimonos aus und machten es ihm nach. Er fing an, die Enden zusammenzuknoten, die Schärpen dazu.
    Während sie das Seil zu Ende knüpften, legte Blackthorne sich vorsichtig auf den Bauch und schob sich Hand über Hand nach vorn, wobei er sich von zwei Samurai an den Beinen festhalten ließ. Er brauchte ihre Hilfe zwar nicht, wollte sie aber beruhigen.
    Er war sich ihrer Besorgnis sehr wohl bewußt, als er den Kopf so weit vorreckte wie nur irgend möglich. Dann suchte er die Felswand ab, wie er sonst die See absuchte – methodisch, Stück für Stück.
    Einmal von einer Seite zur anderen – nichts! Noch einmal! Nichts! Nochmal! – Was ist das? Gerade eben oberhalb der Flutlinie? War das ein Spalt im Felsen? Oder nur ein Schatten?
    Blackthorne versuchte es in einer anderen Lage, war sich aber völlig klar darüber, daß die See den Felsen, auf dem Yabu saß, fast schon ganz überspült hatte, desgleichen nahezu alle Felsen zwischen ihm und dem Fuß der Felswand. Jetzt konnte er besser sehen und zeigte nach unten.
    »Da! Was ist das?«
    Einer von den Samurai war gleichfalls auf Hände und Füße niedergegangen und folgte Blackthornes ausgestrecktem Finger, sah jedoch nichts.
    »Da! Ist das kein Sims?« Mit den Händen deutete er einen Felsvorsprung an, mit zwei Fingern einen Menschen, den er auf diesen Sims stellte. »Schnell! Isogi! Macht es ihm begreiflich – Kasigi Yabu-sama! Wakarimasu ka?«
    Ein Mann rappelte sich hoch und redete raschzüngig auf die anderen ein, und auch sie spähten hinunter. Jetzt sahen alle den Vorsprung und fingen an zu rufen. Trotzdem, Yabu schien wie aus Stein. Sie machten weiter, und Blackthorne schloß sich ihnen an. Trotzdem war es, als ob sie überhaupt nicht geschrien hätten.
    Einer redete kurz mit den anderen, und dann nickten alle und verneigten sich. Er erwiderte die Verneigung. Dann, mit einem laut hinausgeschrienen » Bansaiiii !« stürzte er sich über den Klippenrand in den Tod. Heftig wurde Yabu aus seiner Trance herausgerissen, fuhr herum und blickte in die Höhe.
    Die anderen Samurai schrien und zeigten, doch Blackthorne hörte nichts und sah nichts als den zerschmetterten Körper, der unten lag und bereits von der See fortgespült wurde. Was für Menschen sind das? Dieser Mann hatte Selbstmord begangen, bloß auf die geringe Chance hin, die Aufmerksamkeit eines anderen zu erregen, der aufgegeben hatte.
    Er sah, wie Yabu sich schwankend erhob. Er erwartete, daß er versuchen würde, sich torkelnd in Sicherheit zu bringen, und Rodrigues zurückließ. Ich jedenfalls hätte das getan. Oder etwa nicht? Ich weiß es nicht. Yabu jedenfalls kroch und rutschte und zog den Bewußtlosen mit sich durch das schäumende seichte Wasser bis an den Fuß der Klippe. Er fand den Sims, der kaum dreißig Zentimeter breit war. Unter großen Schmerzen schob er Rodrigues hinauf, fast wäre er einmal seinen Händen entglitten; dann schwang er sich selbst hinauf.
    Das Seil war fünf bis sechs Meter zu kurz. Kurzerhand banden die Samurai noch ihre Lendentücher daran. Wenn Yabu sich aufrichtete, konnte er das Ende jetzt gerade eben erreichen.
    Sie riefen ihm Mut zu und begannen zu warten.
    Trotz seines Hasses mußte Blackthorne die Kaltblütigkeit von Yabu bewundern. Fünf-, sechsmal wurde er von Brechern nahezu umgerissen. Zweimal drohte Rodrigues zu entschwinden, doch jedesmal zog Yabu ihn zurück und hielt seinen Kopf aus dem sie bedrängenden Wasser heraus. Wo nimmst du nur deinen Mut her, Yabu? Bist du eine Ausgeburt des Teufels? Seid ihr alle so?
    Schon hinunterzuklettern, hatte Mut gekostet. Anfangs hatte Blackthorne gedacht, daß er es aus reiner Tollkühnheit täte. Bald war ihm dann jedoch aufgegangen, daß der Mann seine Kräfte und sein Können an dieser Klippe maß und ums Haar den Sieg davongetragen hätte. Dann hatte er seinen Sturz nach Kräften abgefedert, und schließlich hatte er mit großer Würde aufgegeben.
    Himmelherrgott, ich bewundere den Hund – und

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