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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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wahrgenommen hatte. Eine Sturzsee war über ihn dahingegangen. Er sah, wie sie auch den Piloten einhüllte, doch der Mann hatte nicht die geringste Furcht gezeigt. Yabu war wie vor den Kopf geschlagen! Wie konnte jemand, der kleinmütig einem Feind erlaubt hatte, ihm auf den Rücken zu pissen, um das Leben eines unbedeutenden Untergebenen zu retten – wie konnte ein solcher Mann nur die Kraft aufbringen, eine durch nichts zu tilgende Entehrung zu ertragen, auf dem Achterdeck zu stehen und die See zum Kampf herauszufordern gleich einem legendären Helden – um dieselben Feinde zu erretten? Und dann, als die große Sturzsee den Portugiesen hinweggeschwemmt hatte und sie hin und her geworfen worden waren, hatte der Anjin-san dem Tod ins Gesicht gelacht und ihnen die Kraft verliehen, sich mittels Riemenschlägen von den Felsen zu entfernen.
    Ich werde sie nie begreifen, dachte er.
    Am Rande der Klippe sah Yabu ein letztes Mal zurück. Ach, Anjin-san, ich weiß, du denkst, ich stürze jetzt in mein sicheres Verderben, ich bin dir in die Falle gegangen. Ich weiß, du selbst würdest es nicht wagen, dort hinunterzusteigen. Dazu habe ich dich viel zu genau beobachtet. Aber ich bin in den Bergen aufgewachsen, und Bergsteigen ist hier in Japan eine Sache des Stolzes und des Vergnügens. Also spiele ich jetzt nach meinen eigenen Regeln, nicht nach deinen. Ich werde es versuchen, und wenn ich sterbe, so hat das nichts weiter zu bedeuten.
    Wenn ich es jedoch schaffe, dann wirst du wissen, daß ich besser bin als du mit deinen Spielregeln. Außerdem wirst du in meiner Schuld stehen, wenn ich die Leiche heraufbringe.
    Du wirst mein Vasall werden, Anjin-san.
    Mit größter Behendigkeit kletterte er an der Klippenwand hinunter. Als er es halb geschafft hatte, rutschte er aus. Mit der linken Hand krallte er sich an einem kleinen Vorsprung fest. Das verhinderte, daß er ganz abstürzte, und jetzt hing er da, zwischen Leben und Tod. Tief bohrten seine Finger sich in das Gestein, und er fühlte, wie seine Kraft in den Händen erlahmte. Mit den Zehen drückte er sich in eine Spalte in dem verzweifelten Versuch, noch weiteren Halt zu finden. Als seine linke Hand dann weggerissen wurde, fanden seine Zehen einen Riß im Gestein, fanden Halt, und verzweifelt preßte er sich an den Felsen. Obgleich es ihm gelang, einen neuen Buckel zu finden, den er diesmal mit beiden Händen packte und an dem er sich momentan festklammerte, hielt auch dieser Buckel nicht. Er stürzte mindestens sieben Meter in die Tiefe.
    Er war darauf gefaßt gewesen und hatte sich darauf vorbereitet, so gut es ging, landete auf den Füßen, wie eine Katze, federte sich von der allmählich in einen sanften Abhang übergehenden Steilwand ab, um dem Aufprall entgegenzuwirken, und kam dann als rollende Kugel weiter nach unten. Die geschundenen Arme hatte er schützend über den Kopf gelegt. Unten schüttelte er den Kopf, um Klarheit in seine Gedanken zu bringen, und erhob sich. Den einen Fuß hatte er sich verstaucht. Ein bohrender Schmerz fuhr ihm die Beine herauf in die Eingeweide, und der Schweiß brach ihm aus.
    Ich spüre keinen Schmerz! Du wirst keinen Schmerz spüren! Bleib jetzt aufrecht stehen! Der Barbar sieht zu.
    Eine Gischtsäule hüllte ihn ein, und das half, den Schmerz zu bewältigen. Unter Aufbietung aller Vorsicht glitt er über die tangbewachsenen Felsen, schob er sich über die Felsspalten, und dann war er bei der Leiche.
    Jäh ging ihm auf, daß der Portugiese noch lebte. Er vergewisserte sich und setzte sich dann einen Moment zurück. Will ich ihn tot oder lebendig? Was ist besser? Ein Krebs kroch unter einem Felsen hervor und plumpste ins Wasser. Wellen spülten heran. Das Salz brannte in seinen Hautabschürfungen. Was ist besser: tot oder lebendig?
    Unsicher richtete er sich auf und rief: »Takatashi-san! Dieser Pilot lebt noch! Geh aufs Schiff und hol eine Tragbahre und einen Arzt, falls einer an Bord ist!«
    Schwach drangen Takatashis Worte durch den Wind. »Jawohl, Herr!« Als er davoneilte, schärfte er seinen Leuten ein: »Paßt gut auf den Barbaren auf, daß ihm nichts zustößt.«
    Yabu spähte zu der sanft an ihren Ankern treibenden Galeere hinüber. Der andere Samurai, den er der Seile wegen zurückgeschickt hatte, war bereits bei den Beibooten. Er sah, wie er in eines hineinsprang und abstieß. Yabu lächelte in sich hinein und blickte zurück. Blackthorne war an den Klippenrand getreten und rief ihm dringlich etwas zu.
    Was versucht er mir

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