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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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angebissen hatte. Du sitzt in der Falle, du Schuft, und dein Stolz ist es, der dich hat hineinstolpern lassen. Wenn du es wagst runterzuklettern, wirst du es nicht heil schaffen. Aber brich dir nicht das Genick, bitte, sondern nur deine Beine oder die Knöchel! Und dann ersauf!
    Ein Samurai schickte sich an, den Abstieg zu wagen, doch Yabu beorderte ihn zurück. »Lauf zum Schiff zurück und hol ein paar Seile«, sagte Yabu. Der Mann nahm die Beine in die Hand.
    Yabu schüttelte seine Riemensandalen ab, zog seine Schwerter aus dem Gürtel und brachte sie in Sicherheit. »Gebt auf sie acht, und paßt auf den Barbaren auf. Wenn einem von beiden irgendwas passiert, werdet ihr auf euren eigenen Schwertern Platz nehmen.«
    »Bitte, laßt mich hinuntersteigen, Yabu-sama«, sagte Takatashi. »Wenn Euch was passiert oder gar …«
    »Du glaubst, dir gelingt, was ich nicht schaffe?«
    »Nein, Euer Gnaden! Aber dann wartet zumindest, bis die Seile kommen.«
    Takatashi war kurz und gedrungen und trug einen dichten Bart.
    Warum nicht auf die Seile warten? fragte Yabu sich. Es wäre doch das vernünftigste. Er sah zu dem Barbaren hinauf und nickte kurz. Er war sich darüber im klaren, daß er herausgefordert worden war. Das hatte er erwartet, gehofft, daß es so kommen würde. Deshalb habe ich mich ja freiwillig für diese Aufgabe gemeldet, Anjin-san, sagte er sich, insgeheim amüsiert. Ihr seid wirklich leicht zu durchschauen, Omi hatte schon recht.
    Yabu zog seinen völlig verschwitzten Kimono aus, trat, nur mit seinem Lendentuch bekleidet, an den Klippenrand und prüfte ihn mit den Sohlen seiner baumwollenen Tabi – seiner Strumpfschuhe. Besser, sie anbehalten, dachte er, während sein Wille und sein Körper, gestählt durch eine lebenslange Zucht, der sich jeder Samurai bedingungslos unterziehen mußte, über die Kälte obsiegten. Du brauchst alle deine Kraft und Geschicklichkeit, um unten anzukommen. Ist es die Sache wert?
    Während des Sturms und bei dem Versuch, die Bucht zu erreichen, war er, unbemerkt von Blackthorne, nach oben an Deck gekommen und hatte einen Platz als Ruderer eingenommen. Mit Freuden hatte er sich zusammen mit den anderen ins Zeug gelegt. Er war zu dem Schluß gekommen, daß es besser sei, in der frischen Luft zu sterben, als unter Deck zu ersticken.
    Während er gemeinsam mit den anderen in der Kälte arbeitete, fing er an, die Piloten zu beobachten. Es wurde ihm völlig klar, daß auf See das Schiff und alle an Bord diesen beiden Männern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren. Die Piloten waren hier in ihrem Element. Keiner der Japaner an Bord konnte sich darin mit ihnen messen – weder was ihr Können, ihren Mut noch was ihr Wissen betraf. Und nach und nach hatte sein Bewußtsein einen grandiosen Plan ersonnen: moderne Barbarenschiffe, bemannt mit Samurai, mit Samurai als Piloten und Kapitänen. Seinen Samurai.
    Wenn ich für den Anfang erst einmal drei Barbarenschiffe hätte, müßte es mir ein leichtes sein, die Schiffahrtsstraßen zwischen Yedo und Osaka zu beherrschen. Von Izu aus könnte ich alle Schiffe anhalten oder passieren lassen. Damit würde ich nahezu den gesamten Reis- und den Seidenhandel kontrollieren. Könnte ich dann nicht als Schiedsrichter zwischen Toranaga und Ishido auftreten? Oder zumindest den Ausschlag zwischen ihnen geben?
    Kein Daimyo hatte sich jemals hinausgewagt aufs Meer, hatte jemals Schiffe besessen und Piloten gehabt. – Außer mir.
    Ich habe ein Schiff – gehabt –, und jetzt bekomme ich mein Schiff möglicherweise wieder – wenn ich nur klug vorgehe. Ich habe einen Piloten, der als Lehrer andere Piloten ausbilden könnte, wenn ich ihn von Toranaga frei bekomme. Wenn es mir gelingt, ihn zu beherrschen!
    Sobald er einmal von sich aus mein Vasall wird, wird er meine Männer ausbilden. Und Schiffe für mich bauen.
    Aber wie einen getreuen Vasallen aus ihm machen? Die Grube jedenfalls hat seinen Geist nicht gebrochen.
    Zunächst einmal muß ich ihn allein in die Hand bekommen und isoliert halten – hat Omi das nicht auch gesagt? Sodann könnte man diesem Piloten Manieren beibringen und ihn Japanisch lehren. Jawohl! Omi ist schon sehr gescheit! Was hat er noch gesagt? »Ihnen gilt das Leben als kostbarstes Gut.« Könnte ich dafür sorgen, daß er mir sein Leben verdankt? Ihm das Leben retten – ja, das wäre sehr gut.
    Yabu hatte sich von seiner Vision dermaßen beflügeln lassen, daß er die Bewegungen des Schiffes und der See kaum noch

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