Shon'jir – die sterbende Sonne
strafen.
»Am besten überarbeite ich die Berichte«, sagte Duncan. Er wußte nicht, was er sonst sagen sollte. Ein Kolonial-Gouverneur verfügte über diktatorische Macht in diesem Stadium, bevor es Parlamente und Gesetze gab. Er, Duncan, war selbst kein Zivilist, und vor jeder Instanz ohne Schutz. Es gab wenig, das Stavros nicht tun konnte – einschließlich der Exekution, sicherlich einschließlich seiner Verschiffung zu einer Station irgendwo, fort von den Mri, fort von allen Hoffnungen des Zugangs zu ihnen oder zu Kesrith, für immer.
»Ihr Bericht war demzufolge nicht genau.«
Duncan warf alles in die Waagschale. »Ich war erschüttert. Nachdem ich die erste Zeit zum Schweigen verurteilt war, war ich mir nicht sicher, wieviel wirklich aufgezeichnet werden sollte.«
»Erzählen Sie mir nicht diesen Unsinn!«
»Ich war zu der Zeit nicht bei Verstand. Um ehrlich zu sein – um ehrlich zu sein, Sir, ich hatte das Gefühl, daß Sie alles über die Mri begraben wollten, alles, was passiert ist. Ich war mir nicht sicher, ob ich nicht von Kesrith verwiesen werden würde, weil ich zuviel wußte. Ich bin mir immer noch nicht dessen sicher, daß das nicht passiert.«
»Sie kennen die Ernsthaftigkeit dessen, was Sie vorbringen?«
»Dies ist eine Grenze«, sagte Duncan. »Ich weiß, daß Sie machen können, was Sie wollen. Sogar mich erschießen lassen. Ich kenne den Umfang dessen nicht, was ich weiß – oder wie wichtig es ist. Wenn eine ganze Rasse vom Tisch gefegt und vergessen werden kann – was bin dann ich?«
Stavros runzelte die Stirn, nippte an seinem Getränk, verzog das Gesicht und setzte die Tasse wieder ab. »Duncan, die Regul leben; ihre Opfer nicht. Also beschäftigen wir uns mit den Regul, die immer noch eine gefährliche Macht sind – und die Mri...« Er setzte seinen Schlitten in Bewegung, drehte ihn und betrachtete Duncan aus geringerem Abstand. »Sie haben Ihre Ansichten über die Mri, ganz offensichtlich. Was würden Sie mit ihnen machen?«
»Sie freilassen. In Gefangenschaft werden sie nicht lang überleben.«
»So einfach? Aber danach ist es nicht mehr ganz so einfach. Was ist mit den Regul?«
»Die Mri werden nicht mehr für die Regul kämpfen – und es gibt nur noch zwei von ihnen. Nur zwei...«
»Ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben sind selbst zwei Mri ein beachtlicher Faktor. Und sie haben einen beachtlichen Groll gegen Bai Hulagh – den Kopf der Regul-Friedenspartei, ObTak Duncan.«
»Ich kenne diese beiden Mri«, sagte Duncan. »Sie haben niemandem auf dieser Welt etwas getan, außer, daß sie sich selbst verteidigt haben. Sie haben nur versucht, sich in Sicherheit zu bringen, und wir wollten sie nicht lassen. Lassen Sie sie jetzt frei, und sie werden gehen. Das ist alles, was sie wollen.«
»Für jetzt.«
»Für sie gibt es kein Morgen«, meinte Duncan, und daraufhin betrachtete Stavros ihn seltsam. »Es wird keine weiteren Generationen geben. Es gibt ein Tabu zwischen diesen beiden. Aber selbst dann, wenn dem nicht so wäre, würden selbst zehn, sogar zwanzig Generationen aus ihnen keine ernstzunehmende Bedrohung machen.«
Stavros runzelte die Stirn, setzte den Schlitten zurück, öffnete die Tür. »Gehen Sie mit mir!« sagte er. »Nach oben. Ich vertraue darauf, daß Sie nirgendwo anders hingehen.«
»Ja, Sir«, stimmte Duncan zu. Stavros hatte unzweifelhaft vorgehabt, ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen, und er hatte es erreicht. Er war aufgefordert, Stavros in der Öffentlichkeit zu begleiten, vor den Regul. Es war eine Demonstration von etwas, eine Wiederherstellung des Vertrauens: er war sich nicht sicher, welches. Vielleicht wurde er auf subtile Weise bestochen, wurde ihm ein Status angeboten – und die Alternative war die Überführung auf die SABER. Stavros machte es sehr schwierig, die Debatte fortzusetzen.
Der Schlitten fuhr gemächlich durch die Bürotür, vorbei an dem KomTech, durch die äußere Tür in den Korridor. Duncan holte ihn ein, als Stavros auf ihn wartete. Stavros setzte den Schlitten nicht auf die Geleise, auf denen er mit einer Geschwindigkeit einherschießen konnte, der kein Mann zu Fuß gewachsen war, sondern rollte in einem sehr gemächlichen Tempo neben Duncan her.
»Das erste ist«, sagte er, »keine Bibliothek mehr!« Und als Duncan sofort den Mund zum Protest öffnete: »Da drüben müssen Sie sich zwischen Regul bewegen, und das möchte ich lieber nicht. Der Stab der FLOWER kann finden, was Sie benötigen, wenn Sie es beschreiben.
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