Shon'jir – die sterbende Sonne
sie mögen das Militärische nicht sonderlich. Seien Sie taktvoll. Damit werden Sie mehr aus ihnen herausbekommen.«
»Ja, Sir.« Duncan zitterte fast vor Eifer, denn fast alles, was er sich gewünscht hatte, hatte er nun in Händen, alles. »Und Zugang zu den Mri selbst...«
»Nein. Noch nicht. Noch nicht. Geben Sie mir Zeit.«
Duncan versuchte, irgendeine Geste zu machen, ein Zeichen der Höflichkeit; aber das war selbst zu den besten Zeiten zwischen ihm und Stavros nie einfach gewesen. Schließlich murmelte er nur etwas Unartikuliertes, verabschiedete sich unbeholfen und ging.
»Sir?«
Stavros drehte den Schlitten herum, erinnerte sich daran, daß er das Mittagessen für den Zeitpunkt seiner Rückkehr bestellt hatte. Er akzeptierte den angebotenen Becher mit Suppe und runzelte die Stirn über Evans Versuch, ihm dabei zu helfen, nahm ihn in die eigenen Hände. Die zurückkehrende Funktionsfähigkeit der beeinträchtigten Glieder machte ihn arrogant in seiner wiedergewonnenen Unabhängigkeit. Er analysierte seinen Ärger als Ungeduld mit seinen eigenen teilnahmslosen Muskeln und Evans als einen bloßen bequemen Brennpunkt. Er brummte mürrische Dankesworte.
»Akten über die Mri«, befahl er Evans, »und über Sten Duncan.«
Evans ging gehorsam. Stavros lehnte sich zurück und trank die Suppe, genoß etwas, das nur von Menschen zubereitet worden war, gewürzt mit menschlichem Gewürzverständnis. Es war ein Luxus, zu neu nach dem langen Aufenthalt in Regul-Gewahrsam, um als völlig selbstverständlich aufgefaßt zu werden, aber nach einem Moment ruhte der Becher vergessen in seiner Hand.
Es war eine Tatsache, daß er Duncan vermißte.
Er vermißte ihn bitter, und hielt ihn immer noch für besser verwendet, als wenn er ihn sich einfach vom Hals geschafft hätte. Der ObTak war in seinen Dienst getreten als Leibwächter, der als Diener verkleidet war, am Ende des Krieges aus dem Kampf abgezogen, um einem Diplomaten aufzuwarten. Duncan war ein junger Mann, sofern man überhaupt einen Mann, der das Geschehen bei Elag/Haven erlebt hatte, jemals wieder als jung bezeichnen konnte. Berichten zufolge, die Duncan wahrscheinlich nie zu Gesicht bekommen hatte, war er bemerkenswert intelligent – auch einer der jungen Männer, die der Krieg aufgeschnappt und verschluckt hatte, bevor sie jemals gewußt hatten, was aus ihnen hätte werden können. Duncan hatte gelernt, Befehle entgegenzunehmen, aber nach ObTak-Art: die Männer dieses Dienstes waren Einzelgänger, nicht an unmittelbare Führung gewöhnt. Gewöhnlich nannte man ihnen ein Angriffsziel von begrenztem Umfang und wies sie an, es zu erreichen: der Rest lag beim ObTak selbst, einem Spezialisten für fremde Umwelten, für Überleben und die Kriegführung hinter den feindlichen Linien.
Stavros hatte den ObTak selbst ausgeschickt, um Kesrith kennenzulernen.
Und Kesrith hatte Duncan beinahe getötet. Selbst sein Anblick hatte sich verändert, neugeformt unter der Gewalt der Wüste von Kesrith. Etwas war verschwunden, das dagewesen war, bevor Duncan in diese Wildnis hinausging – vielleicht seine Jugend; möglicherweise sein Menschsein. Er trug die Narben davon, das Gesicht halbgegerbt durch das Tragen von Mri-Schleiern im sengenden Sonnenlicht; Runzeln, eingebrannt in die Augenwinkel, machten seine Augen hart und fremdartig. Er war mit schmerzenden Lungen durch die dünne Luft und den ätzenden Staub zurückgekehrt, mit beträchtlich gesunkenem Körpergewicht und einem seltsamen, vorsichtig tastenden Schritt, als ob er stets dem Boden mißtraute. Während der Tage im Lazarett waren seine körperlichen Verletzungen behandelt worden, war er mit dem gesamten Aufgebot an fortschrittlicher Ausrü- stung, das auf dem Forschungsschiff zur Verfügung stand, wiederhergestellt worden. Aber es gab einen Schaden, der niemals repariert werden konnte, der den jungen ObTak zum Fanatiker geprägt hatte.
Der Regul-Bai hatte recht, wenn er Sten Duncan als Feind empfand. Die Lebensform der Regul hatte keinen tödlicheren Feind als ihn – außer den Mri selbst. Duncan haßte sie, und Duncan kannte die Regul besser als jeder andere lebende Mensch außer Stavros, denn sie beide waren mit den Regul hierhergekommen, die ersten Menschen, die hier auf Kesrith die Grenzen des Kontaktes zwischen Regul und Menschen durchbrochen hatten.
Und im besonderen haßte Duncan den Bai Hulagh Alagn-ni: Hulagh, der genau das getan hatte, wessen ihn Duncan beschuldigte, der die Mri getötet hatte, die
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