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Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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nicht.«
    Das kam durch, dachte er; es gab eine kleine Reaktion in Duncans Augen.
    Und dann wandte dieser sich mit einem wilden, abwesenden Blick zur Tür.
    Dus-Empfindungen. Niun empfing sie ebenfalls, sogar bevor er das Klicken der Klauen auf den Fliesen hörte. Die Sinne verschwammen. Es war hart, sich an die Bitterkeit zu erinnern, die sie empfunden hatten.
    »Nein!« schrie Duncan, als das Tier hereinkam. Es scheute und hob drohend eine Tatze, senkte sie dann wieder und schob sich vor, den Kopf leicht zur Seite gewandt. Ganz allmählich kam es näher, ließ sich nieder, schob sich die letzte Strecke an Duncans Seite. Duncan faßte es an, legte ihm den Arm um den Nakken. Das andere Tier tauchte in der Tür auf und kam ruhig zu Niun, legte sich hinter seinem Rücken nieder. Niun besänftigte es mit freundlichem Streicheln, das Herz pochend unter dem Elend, das von dem anderen ausgestrahlt wurde – die Kluft zwischen Mensch und Dus: sogar die Luft schmerzte darunter.
    »Du verletzt es«, sagte Niun. »Gib ihm nach! Gib ihm wenigstens ein bißchen nach!«
    »Ich habe eine Übereinkunft mit ihm. Ich dränge es nicht und es drängt mich nicht. Nur manchmal kommt es zu schnell, vergißt, wo die Grenze ist.«
    »Dusei haben kein Gedächtnis. Für sie gibt es nur das Jetzt .«
    »Glückliche Tiere«, sagte Duncan rauh.
    »Gib ihm nach! Du verlierst dadurch nichts.«
    Duncan schüttelte den Kopf. »Ich bin kein Mri. Und ich kann nicht vergessen.«
    Es lag Müdigkeit in seiner Stimme; sie bebte. Für einen Moment war dort wieder der Mann, der so lange fort gewesen war, Niun streckte die Hand aus und drückte seinen Arm in einer Geste, die er einem Bruder des Kel gegenüber gemacht hätte. »Duncan, ich habe versucht, dir zu helfen. Ich habe alles versucht, was ich konnte.«
    Duncan schloß die Augen und öffnete sie wieder; seine Finger auf dem Nacken des Dus hoben sich in einer Geste des Aufgebens. »Ich denke, daß zumindest das wahr ist.«
    »Wir lügen nicht«, sagte er. »Da sind die Dusei. Wir können es nicht.«
    »Das kann ich verstehen.« Duncan preßte die Lippen zu einer weißen Linie zusammen, entspannte sie wieder, während seine Hand nach wie vor das Dus liebkoste.
    »Mit einem Mann in dieser Stimmung würde ich nicht Shon'ai spielen«, sagte Niun, köderte ihn, suchte nach verborgenen Dingen. Sie hatten tatsächlich seit einiger Zeit nicht mehr gespielt.
    Langsam begann das Dus, sein Wohlbefinden zu äußern, entspannte sich unter Duncans Fingern, als dieser ihm den Arm sanft um den von Fettrollen bedeckten Nacken legte; das Tier seufzte, vergaß vergangenen Groll, erfreute sich an augenblicklicher Liebe.
    Der Mensch drückte die Stirn auf diesen dicken Schädel und wandte dann das Gesicht Niun zu. Seine Augen zeigten einen mitgenommenen Blick wie bei jemandem, der lange nicht geruht hatte. »Es hat kein glücklicheres Leben als ich«, meinte Duncan. »Ich kann ihm nicht geben, was es will, und ich kann mich nicht in einen Mri verwandeln.«
    Niun holte tief Luft und versuchte zu verhindern, daß sich in seinem Bewußtsein bestimmte Bilder formten. »Ich könnte es töten«, sagte er verhalten und rasch. Der Mensch, der in Kontakt mit dem Tier stand, zuckte zusammen und besänftigte das Dus mit den Händen. Niun verstand; er fühlte sich durch das bloße Angebot beschmutzt – aber manchmal war so etwas unumgänglich, wenn ein Dus seinen Kel'en verlor und nicht mehr beherrscht werden konnte. Dieses Tier hatte niemals den Kel'en gewonnen, den es sich wünschte.
    »Nein«, sagte Duncan letztlich, »nein.«
    Er stieß das Tier weg, und es stand auf und schlenderte in die Ecke hinüber. Die Empfindungen der Dusei waren jetzt friedlicher Art. So war es besser als zuvor.
    »Ich würde mich freuen«, sagte Niun, »wenn du der She'pan deine Entschuldigung zukommen ließest.«
    Duncan saß für einen Moment ruhig, die Arme auf den Knien. Schließlich nickte er und änderte die Geste zu der eines Mri. »Wenn sie mich braucht«, sagte er, »werde ich kommen. Sag ihr das!«
    »Das werde ich.«
    »Sag ihr, daß es mir leid tut.«
    »Auch das werde ich tun.«
    Duncan betrachtete ihn für einen Moment, raffte sich dann auf, blieb stehen und sah zu dem Dus hinüber. Er rief es mit einem tiefen Pfiff, und es schnaubte laut vor Interesse, erhob sich und kam herbei, folgte ihm in die Ecke, wo die Lager ausgebreitet waren.
    Und für lange Zeit saß dort der Mensch und fuhr mit den Händen über das Tier, streichelte und

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