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Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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benebelt war. Aber er kannte auch die andere Intel. Sein Magen verkrampfte sich, als er sich an alten Zorn und alten Groll erinnerte – an Intels besitzergreifende, unnachgiebige Sturheit. Sie war tot. Es war nicht richtig, Groll gegen die Toten zu hegen.
    »Sie hätte ein Schiff genommen«, sagte Melein mit hohler Stimme, »und die Götter wissen, was sie beim Verlassen Kesriths getan hätte. Wir dienten den Regul nicht mehr, waren, von unserem Eid befreit. Sie schickte mich in Sicherheit; ich glaube, sie versuchte zu folgen. Ich will es nicht wissen. Ich will so viele Dinge niemals wissen, die sie keine Zeit mehr fand, mir zu sagen. Sie redete von Heimkehr, vom Kampf gegen die Feinde des Volkes; Rasereien in den Komal - Träumen, wenn ich allein bei ihr saß. Die Feinde, die Feinde. Sie hätte sie vernichtet und uns dann heimgeführt. Das war ihr großer und unwahrscheinlicher Traum, daß diese Dunkelheit die letzte sein würde, um uns heimzuführen, denn wir waren bereits nur noch wenige; und sie war vielleicht verrückt.«
    Niun schaffte es nicht, sie anzusehen, denn es stimmte, was sie sagte, und war schmerzlich für sie beide.
    »Was sollen wir machen?« fragte er. »Darf das Kel um Erlaubnis bitten, zu fragen? Was sollen wir für uns selbst tun?«
    »Ich kann dieses Schiff nicht anhalten. Ich wollte, ich könnte es. Duncan sagt, daß er es auch nicht kann. Ich glaube, daß das wahr ist. Und er...«
    Es herrschte lange Schweigen. Niun brach es nicht, wußte, daß dergleichen nichts Gutes bringen konnte, und schließlich seufzte Melein.
    »Duncan«, sagte sie schwer.
    »Ich werde ihn von dir fernhalten.«
    »Du hast ihm die Mittel gegeben, uns zu schaden.«
    »Ich werde mich mit ihm befassen, She'pan.«
    Sie schüttelte wieder den Kopf und rieb die Augen mit den Fingern.
    Die Dusei kamen: Niun war sich dessen bewußt, bevor sie auftauchten, sah und erkannte sein eigenes großes Tier und hieß es willkommen. Es näherte sich auf die sehnsüchtige, geistesabwesende Art der Dusei und sank zu Meleins Füßen nieder, bot seinen geistlosen Trost an.
    Später, als Melein leichter atmete, spürte Niun eine weitere Gegenwart. Erstaunt sah er das kleinere Dus im Eingang stehen. Es kam ebenfalls herbei und legte sich neben seinem Gefährten nieder.
    Melein berührte es, und das Tier strahlte keine Feindseligkeit gegen die Hand aus, die es verletzt hatte. Aber an einer anderen Stelle im Schiff bedeutete diese Berührung Schmerz. Niun dachte an Duncan und dessen bittere Einsamkeit und wunderte sich darüber, daß dieses Dus sich hierhergezogen gefühlt hatte, durch die, die Duncan haßte.
    Sofern er es nicht brutal weggescheucht hatte oder seine Gedanken das Tier in diese Richtung gedrängt hatten.
    »Geh und kümmere dich um Duncan!« sagte Melein.
    Niun erhielt seinen Schleier von ihr zurück und warf ihn sich über die Schulter, dachte nicht daran, ihn zu tragen. Er stand auf und befahl seinem Dus zu bleiben, als es ihm folgen wollte, denn er wollte, daß es Melein tröstete.
    Und wie erwartet fand er Duncan in der Kel-Halle.
    * * *
    Duncan saß schweigend in der künstlichen Dämmerung, die Hände lose im Schoß. Niun ließ sich vor ihm auf die Knie nieder, und immer noch sah Duncan nicht auf. Der Mensch hatte sich verschleiert; Niun tat es nicht, bot ihm seine Gefühle offen an.
    »Du hast uns verletzt«, sagte Niun. »Kel Duncan, ist es nicht genug?«
    Duncan hob das Gesicht und starrte auf den Schirm, wo die Nhequuy genannte Welt nicht mehr sichtbar war.
    »Duncan, was willst du noch von uns?«
    Duncans Dus war bei Melein, berührt und berührend; er war verraten. Als seine Augen zu Niun glitten, gab es in ihnen keine Abwehr, nur noch Schmerz.
    »Ich habe«, sagte Duncan, »mich um euretwillen mit meinen Vorgesetzten auseinandergesetzt. Ich habe um euch gekämpft. Und wozu? Hatte sie eine Antwort? Sie kannte den Namen der Welt. Was ist mit ihr geschehen?«
    »Das wissen wir nicht.«
    »Und mit den anderen Welten?«
    »Wir wissen es nicht, Duncan.«
    »Killer«, sagte er, die Augen woandershin gerichtet. »Killer von Natur aus.«
    Niun preßte die Hände zusammen, die kalt geworden waren. » Du gehörst zu uns, Kel Duncan.«
    »Ich habe mich oft gefragt, warum.« Sein Blick begegnete wieder dem Niuns. Plötzlich zog er den Schleier weg und nahm das quastenverzierte Kopftuch ab, machte sein Menschsein offenkundig. »Außer daß ich unverzichtbar bin.«
    »Ja. Aber das wußte ich nicht. Wir wußten es vorher

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