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Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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verschlossen.«
    Duncan blieb noch für einen Moment sitzen – der ganze Impuls war ihm genommen. Und dann raffte er sich auf und ging zur Tür, das Dus hinter ihm.
    »Duncan.«
    Er wandte sich um.
    »Mein Bruder im Kel«, sagte Niun sanft, »in jeder Hinsicht für dich – bedenke, daß ich die Hand der She'pan bin, und daß, wenn du ihr gegenüber fehlgehst, ich das nicht dulden darf.«
    Für eine Moment war ein Abwehr-Impuls im Raum spürbar: das Dus wich zurück und legte die Ohren an. »Nein«, sagte Duncan und es blieb stehen. Er zog das Av'tlen aus seinem Gürtel und hätte alle seine Waffen abgelegt. »Nimm sie, wenn du so etwas von mir erwartest!« Es war erniedrigend, Waffen zu übergeben; Duncan bot sie im Bewußtsein dessen an, und Niun zuckte sichtlich zusammen.
    »Nein«, sagte er.
    Duncan steckte die Klinge wieder an ihren Platz und ging, das Dus hinter ihm. Niun folgte ihm nicht; vielleicht verbot es ihm der Stich des letzten Wortwechsels, und sein Verdacht würde ihm für eine Weile Sorgen machen – Duncan rechnete damit, daß Meleins Sicherheit, obwohl Niun neben ihm schlief, obwohl er beim Waffen-Üben seine Abwehr öffnete, um ihm etwas beizubringen, auf einem anderen Blatt stand. Der Kel'en war außerordentlich tief beunruhigt.
    Einem bewaffneten Tsi'mri Zugang zur She'pan zu gewähren, das ging sicherlich gegen die Instinkte des Mri.
    Aber die Türen waren nicht verschlossen.
    Die Türen waren nie verschlossen gewesen, vermutete Duncan auf einmal; er hatte niemals daran gedacht, es auszuprobieren. Melein selbst hatte hinter unverschlossenen Türen geschlafen, hatte ihm vertraut; und das erschütterte ihn tief, daß die Mri in dieser Hinsicht so unvorsichtig ihm gegenüber sein konnten.
    Und doch nicht unvorsichtig.
    Gefängnisse, verschlossene Türen, versiegelte Dinge, einen Mann seiner Waffen zu berauben – all dies verstieß gegen ihre Natur. Er hatte es von Beginn seines Umgangs mit ihnen an gewußt: keine Gefangenen, keine Gefangennahme – und selbst im Schrein war das Pan'en nur abgeschirmt, nicht abgeschlossen.
    Sogar die Kontrollen, sogar sie waren ihm jederzeit zugänglich gewesen, zu jedem Zeitpunkt, an dem er sich dazu entschlossen hätte, dort hinzugehen, wo es ihm verboten worden war; er hätte ruhig gehen und die Türen verschließen können und hätte das Schiff in der Hand gehabt – konnte es, in diesem Augenblick.
    Er tat es nicht. Er ging zu der Tür, die zu Melein führte, zu dieser matterleuchteten Halle, mit Symbolen bemalt und ohne Einrichtung außer einem Stuhl und den Sitzmatten. Er trat ein, die Schritte laut auf den Fliesen.
    »She'pan!« rief er, stand und wartete: stand, denn es war die She'pan, die zum Sitzen einlud oder nicht. Das Dus setzte sich neben ihm schwer auf das Hinterteil, sank schließlich nieder und legte den Kopf auf die Fliesen. Ein Seufzen brach aus ihm hervor.
    Und plötzlich hörte Duncan leichte Schritte hinter sich. Er drehte sich um und sah sich einer geisterhaften Gestalt im Schatten gegenüber, weißgewandet und schweigend. Er war nicht verschleiert. Er war sich nicht sicher, ob das unhöflich war, und senkte den Blick, um seinen Respekt zu zeigen.
    »Warum bist du hier?« fragte sie.
    »Ich möchte dich um Verzeihung bitten«, sagte er.
    Sie antwortete nicht, sondern starrte ihn nur an, als ob sie auf weitere Erklärungen wartete.
    »Niun hat gesagt«, fügte er hinzu, »daß du dazu bereit wärst, mich zu empfangen.«
    Sie preßte die Lippen zusammen. »Du hast immer noch Tsi'mri-Manieren.«
    Zorn überkam ihn; jedoch war diese Feststellung die simple Wahrheit. Er unterdrückte den Zorn und senkte den Blick ein zweitesmal zu Boden. »She'pan«, sagte er sanft, »ich bitte dich um Verzeihung.«
    »Ich gebe sie dir«, sagte sie. »Komm, setz dich!«
    Ihre Stimme klang plötzlich huldvoll; das brachte ihn aus dem Gleichgewicht, und für einen Augenblick starrte er sie an, wie sie zu ihrem Stuhl ging und sich daraufsetzte, darauf wartete, daß er sich zu ihren Füßen niederließ.
    »Mit deiner Erlaubnis«, sagte er, und als er sich an Niun erinnerte: »Ich sollte zurückgehen. Ich denke, daß Niun mir folgen wollte. Laß mich gehen und ihn holen!«
    Ein finsterer Blick legte Meleins glatte Stirn in Falten. »Das würde ihn mit Schande bedecken, Kel Duncan, wenn du ihn wissen läßt, warum. Nein, bleib! Wenn Frieden im Hause herrscht, wird er es wissen. Und wenn nicht, dann wird er es auch wissen. Und nenne ihn mir gegenüber nicht bei

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