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Shooting Stars (German Edition)

Shooting Stars (German Edition)

Titel: Shooting Stars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mandler
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nächster Schuss vielleicht den endgültigen Unterschied gemacht hätte, sprangen die beiden anderen, die sich mit dem Mörser verschanzt hatten, auf und liefen kopfüber davon. Nicht einmal den Mörser nahmen sie mit und das war unser Glück, denke ich. Denn weil der Mörser aufgehört hatte zu feuern, hatten auch die anderen aufgehört, auf uns zuzulaufen. Mit einem Schlag hatten sie nicht nur den Vorteil, sondern auch den Mut verloren, sagte ich zum Schaffner und sah in seinem Gesicht, dass er nicht mehr zuhörte. Dass er zumindest versuchte, nicht mehr zuhören zu müssen. Und ich hörte auf weiterzusprechen. Lies ihn in Ruhe. Ich wollte ihm noch ein zweites Glas Wein spendieren, das er, wie ich betonte, gerne allein trinken könne. Aber das lehnte er mit dem Hinweis, Arbeit warte auf ihn, schnell und entschieden ab. Und es war sofort klar, dass es nicht diese Arbeit war, die ihn davon abhielt, noch ein Glas mit mir zu trinken.
    Die zwei Polizisten, die draußen am Bahnsteig stehen, unterhalten sich. Sie sehen gelangweilt aus und ihr Gesichtsausdruck verrät mir, dass sie eine der Unterhaltungen führen, die auch ich so oft geführt habe. Dienstgespräche, in denen man sich stets an denselben Themen versucht. Dienstbedingungen. Überstunden. Lohnklassen, Vorgesetzte und all die anderen Nebensächlichkeiten eines Berufslebens.
    Ein junger Kellner kommt mit einem Wagen voller Kaffee, Snacks und Kaltgetränken vorbei und ich kaufe ihm drei Becher Kaffee ab. Weil der Zug vermutlich noch länger hier stehen wird, die Durchsage hat gerade 20 Minuten angekündigt, habe ich beschlossen, die beiden Polizisten auf einen Kaffee einzuladen.
    Draußen auf dem Bahnsteig stelle ich mich vor sie hin und mich gleichzeitig als Kollegen vor. Aus Köln. Was ja zum Teil auch stimmt, weil ich tatsächlich in Köln eingestiegen bin.
    Die beiden sehen mich misstrauisch an, als ich mich vorstelle. Als ich sie mit
Kollegen
anspreche. Aber die Kaffeebecher, die ich umständlich bis zu ihnen getragen habe, die kleinen Milchpackungen und Zuckerbeutel überzeugen sie. Sie nehmen sie mir so vorsichtig aus der Hand, dass aus keinem der Becher auch nur ein Tropfen verschüttet wird.
    Ein wenig zögerlich beginne ich ein Gespräch. Frage sie nach Überstunden. Und ob der Dienst auch bei ihnen in den letzten Tagen nervig geworden sei. Ich erzähle, dass ich beinahe meine kleine Reise nicht hätte antreten können. Und dass ich nicht damit rechne, lange in Hamburg bleiben zu können. Auf keinen Fall die zwei Wochen, die ich mir dafür Urlaub genommen hätte. Urlaub, auf den auch sie verzichten müssen, wie mir einer der beiden erzählt. Der gerne bei sich zu Hause eine kleine Gartenlaube gebaut hätte. Der das jetzt aber nicht kann, weil sein Urlaub bis auf weiteres gestrichen worden sei. Und das nur
wegen dieser Spinner. Die hier ohnehin nicht auftauchen werden
. Die ihm
sicher nicht in die Arme laufen werden
, meinte er.
    Und ich konnte es mir nicht verkneifen. Jetzt, als der Zug losfährt und ich den Arm hebe, um die beiden noch einmal zu grüßen, frage ich mich, was mich dazu getrieben hat, darauf zu sagen:
Ja, sie werden bestimmt nicht hierher kommen, dir einen Kaffee bringen und sagen: Hallo, hier bin ich. Ich will kein Terrorist mehr sein. Nimm mich doch bitte fest, aber tu mir dabei nicht weh, ja?
    Das Lachen der beiden war es wert. Und mein Lachen, dass ich mit ihnen und gleichzeitig über sie lachte.
    Trotzdem, denke ich. Jetzt, während der Zug langsam wieder aus Dortmund hinausfährt, wird mir klar, warum ich die beiden angesprochen habe. Es war mein Bedürfnis, Stärke und Überlegenheit zu zeigen. Mich vor diejenigen zu stellen, die nach mir suchen, und zu genießen, dass sie keine Ahnung haben. Aber grundlegender, glaube ich, war mein Verlangen danach, mich mit jemandem zu unterhalten. Mit diesen beiden Männern, die mir, gerade weil sie Polizisten sind, eigentlich zuhören müssen. Denn es schickt sich nicht, zumindest steht es gewöhnlichen Streifenpolizisten wie ihnen nicht zu, einen Gesprächspartner abzuweisen, nur weil es sie im Moment einfach nicht interessiert, was er zu sagen hat.

8
    Ich stehe in der Bernstorffstraße. In Hamburg.
    Ich warte.
    Eine Straße weiter habe ich den kleinen schwarzen BMW geparkt, den ich mir gemietet habe. Er wird reichen, um hier schnell wieder verschwinden zu können. Wenn es nötig sein sollte. Stark genug, um wirklich flüchten zu können, wenn sie mir auf den Fersen sind, ist er mit seinen

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