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Shooting Stars (German Edition)

Shooting Stars (German Edition)

Titel: Shooting Stars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mandler
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breitmacht.
    Ich hätte Lust, schon heute zu ihm zu fahren. Und nicht erst morgen. Wenn es Zeit ist. Wenn mein Plan den nächsten Schritt vorsieht. Aber es ist mein Plan, denke ich. Ich könnte ihn jederzeit ändern. Und obwohl ich nicht genau weiß, was dagegen spricht, die Sache schon heute durchzuziehen, setze ich mich aufs Bett. Ich streife meine Schuhe ab. Ich bin es nicht mehr gewohnt, so weit zu gehen. Ich bin fett geworden in Florida. Auf meiner Terrasse und der grünen Designercouch, vor meinem riesigen Röhrenfernseher und mit all den anderen Annehmlichkeiten, die ich begonnen habe mir zu gönnen.
    Früher, denke ich, noch vor ein paar Jahren, lag es mir fern, das Geld zu verschleudern. Ich wollte es zusammenhalten, wie es mir mein Vater beigebracht hatte, das Familiengeld zusammenzuhalten. Es ist kein Geschenk, es ist eine positive Hypothek, denke ich. Und auch wenn er nicht mehr da ist, wenn mir mein Vater keine Vorwürfe mehr machen kann, dass ich die Firma nicht übernommen habe, dass ich mich um nichts gekümmert habe, sondern lieber in den Krieg gezogen bin, fällt es mir auch heute noch schwer, mein Geld gedankenlos auszugeben. Obwohl ich mir beinahe sicher bin, dass sich dieser große Haufen praktisch automatisch, weil sich professionelle Anlageberater darum kümmern, schneller vergrößert, als ich das Geld ausgebe. Zumindest wenn ich es nicht mit beiden Händen aus dem Fenster werfe, denke ich, kann ich es vermutlich nicht schnell genug ausgeben, um mich am Ende zu ruinieren und um damit auch Lukas und Elfi das ihnen zustehende Erbe zu nehmen. Das Erbe, das wir immer schon weitergetragen haben in unserer Familie. Wie eine Krankheit oder wie ein Talent, das uns miteinander verbindet. Nein. Es hat uns nie verbunden, dieses Geld. Es hat sich aber als eine der wenigen Gemeinsamkeiten in unsere Leben eingeschrieben. Manchen mag es gut getan haben. Aber andere hat es vernichtet, sie in seinen Bann gezogen, wie es meinen Vater in seinen Bann gezogen hat. Er konnte nicht anders, als immer nur an dieses Geld, an unseren Besitz und die damit verbundene Verantwortung zu denken. Daran, dass er nicht das Glied in unserer Erbfolge sein dürfe, das dem Reichtum und der materiellen Sicherheit, das unserer gesellschaftlichen Stellung und der nach außen getragenen Sicherheit ein unrühmliches Ende bereiten würde.
    Eigentlich, denke ich, könnte ich mit all dem hier aufhören. Ich könnte meine Koffer packen und zurück in die USA fliegen. Ich könnte versuchen, ein glückliches Leben zu führen. Ich könnte die Anständigkeit haben, mich wenigstens darum zu bemühen, all die erstklassigen Voraussetzungen, die mir mein Erbe mitgegeben hat, in ein schönes Leben zu verwandeln.
    Aber es ekelt mich an. Ich ekle mich an. Die Tatsache, dass ich zu nichts gezwungen bin, dass ich praktisch alles tun kann, aber so gut wie nichts tun muss, entwurzelt mich. Sie hebelt mich aus, lässt mich den Halt verlieren und ich habe nicht die Kraft, meine beiden Beine fest auf den Boden zu stellen und ein anständiges, oder wenn schon kein anständiges, dann wenigstens ein schönes Leben zu führen.

2
    Es ist ihnen gelungen. In Frankreich haben sie die Täter gefasst. Die Presse ist begeistert. Der kleine Ex-Präsident hat sich neben dem Innenminister vor die Kameras gestellt und gesagt, dass er sich über den Erfolg der Operation persönlich und auch als ehemaliger Präsident Frankreichs freue. Während er spricht, wippt er auf und ab. Er redet von einem Angriff auf die Demokratie und auf die Freiheit und vollführt dabei kleine Luftsprünge.
    Er sollte sich in Acht nehmen, denke ich. Nicht vor mir. Denn selbst wenn ich das wollte, könnte ich ihn nicht erreichen. Selbst wenn ich das könnte, würde ich es nicht wollen. Aber es könnte sein, dass er bei all seinem Gewippe und wegen der ungewöhnlich großen Gesten, die er heute an den Tag legt, von dem kleinen Podest fällt, auf das er sich bei solchen Gelegenheiten stellt. Wie Bogart, denke ich. Wie Bogart in Casablanca steht er auf einer Kiste, um größer zu erscheinen, als er ist. Sogar er, der oben angekommen war, der immer noch riesig ist, weit über sich selbst hinausgewachsen, stellt sich noch einmal eine kleine Stufe über sich selbst, denke ich. Und obwohl ich mich bemühe, das lächerlich zu finden, bewundere ich doch, wie er gerade auf sie zu sprechen kommt, wie er sich über die vielen Millionen Zuseher an die Frau wendet, die er verloren hat. Wie er plötzlich mit den

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