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Shooting Stars (German Edition)

Shooting Stars (German Edition)

Titel: Shooting Stars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mandler
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stehen, zu beschützen. Und dass es deshalb umso leichter sein wird, andere zu treffen.
    Sie erpressen die Gesellschaft, denke ich. Und weiß, dass das nicht reichen wird. Dass sich die Gesellschaft nicht erpressen lassen kann. Sie hat gar keine Möglichkeit, diese Forderungen zu erfüllen.
    Dieses Ultimatum wird scheitern. Muss scheitern, weil es versucht, die Welt von oben, indem man die Führung unter Druck setzt, zu ändern. Und genau das kann man nicht. Man kann die Medienmaschine nicht von oben herab anhalten. Auch nicht von unten. Die Zuseher und Konsumenten treiben die Macher des Systems in der gleichen Weise vor sich her, wie diese Macher die Zuseher und Konsumenten vor sich hertreiben. Keiner hat die Macht, sich diesem Kreis zu entziehen. Es gibt diese zwei Pole nicht, an denen man das System festmachen könnte. Alle im System agieren und reagieren gleichzeitig. Jeder will tun, was andere von ihm wollen und zwingt dadurch andere dazu, das zu tun, was er von ihnen will.
    Die Fronten verschwimmen in diesem Kampf. Es gibt keinen klaren Gegner. Es gibt kein Ziel, das man bekämpfen könnte. Und das macht einen offenen Krieg gegen diese Gesellschaft unmöglich. Man kann sie nicht bekämpfen, weil sie auch in uns steckt. Weil sie sich mit unseren Wünschen und Vorlieben, mit unseren Träumen in uns festschreibt. Wir alle wollen etwas Besonders sein. Das haben wir gelernt. Es ist unser urtümlicher Antrieb. Nein. Es ist kein urtümlicher Antrieb. Aber es ist das, was so viele von uns in unserer westlichen Gesellschaft in sich selbst hineingedacht haben. Wir wollen jemand sein. Und weil wir jemand sein wollen, müssen wir uns von den anderen unterscheiden. Und genau dabei tappen wir in die entscheidende Falle. Denn mit all unseren Handlungen und mit all den Dingen, die wir uns aneignen, um uns zu unterscheiden, machen wir uns doch nur wieder anderen gleich. Unser gesamtes Individualitätsbestreben läuft ins Leere, denke ich. Keiner hat den Prozess in der Hand. Alle laufen ihm und sich selbst hinterher. Keiner will bemerken, dass auf jeden Erfolg immer nur der nächste Wunsch folgt. Folgen muss, ohne dass man dabei jemals zu einem Ende kommen kann. Diesen Kreislauf kann man nicht anhalten, denke ich. Es wird nicht den Punkt geben, an dem man sagen können wird: Jetzt ist es gut.
    Ich habe das Gefühl, dass es gerade dieser Widerspruch ist, dieser groß angelegte Leerlauf des Systems, dem man immer wieder zu entkommen versucht, indem man jedes Mal aufs Neue voll in ihn hineinläuft. Ich glaube, dass es diese sinnlosen Ellipsen sind, die dem System sein größtes Drehmoment verleihen, die seine brachiale Dynamik erst erzeugen.
    Und wir, wir alle stehen da und wollen es nicht wahrhaben. Wir sind nicht in der Lage, diesen Widerspruch zu verstehen. Und vor allem sind wir, auch wenn wir ihn verstehen, nicht in der Lage. Ja. Vielleicht verstehen wir ihn im Grunde alle. Vielleicht wissen ohnehin alle, dass sie ständig ins Leere laufen. Aber obwohl wir das alle wissen, sind wir nicht in der Lage, diesen Widerspruch zu fühlen. Weil wir ihn nur denken, aber nicht fühlen können, laufen wir immer weiter in diesen Widerspruch hinein, drehen uns mit dem Kopf durch die Wand im Kreis.

9
    Aber es gibt ihn, den dritten Weg. Den Weg, der nicht von oben und nicht von unten an die Zerstörung des Systems heranführt, sondern der es von der Seite attackiert. Der seine Funktionen trifft oder seine Funktionäre. Nicht die Macher, nicht die Konsumenten, sondern die Bilder selbst, die Tag für Tag über uns kommen und die sich, weil es Bilder von Menschen sind, in uns einnisten und die in uns ihre volle Gewalt erst entfalten.
    Sie müsste man auslöschen, um das System zu schwächen. Nur kann man sie nicht auslöschen, diese Bilder. Man kann sie nicht direkt treffen, aber man kann die Menschen, die hinter diesen Bildern stehen, unter Druck setzten. Sie terrorisieren und dafür sorgen, dass sie den Bildern nicht mehr ihre Körper zur Verfügung stellen wollen. Wenn man ihnen Angst macht, Angst davor, vor der Kamera zu stehen, wenn man ihre Auftritte durch Terror lebensgefährlich macht, vielleicht kann man sie dann dazu bringen, sich zurückzuziehen. Trifft man die Körper hinter den Bildern, kann man auch die Bilder selbst treffen und das System an einer seiner empfindlichsten Stelle schwächen.
    Es wird sich zeigen, ob es der richtige Weg ist, diese übermächtigen und uns vernichtenden Bilder mit den Leibern derer, die sie

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