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Shoppen und fischen

Shoppen und fischen

Titel: Shoppen und fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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jedes Mal.
    «Ja. Ja. Es ist alles furchtbar und wunderbar normal.»
    In diesem Augenblick war
normal
das schönste Wort derenglischen Sprache. Meine Tochter musste nicht schön sein wie ich. Sie brauchte in keiner Hinsicht außergewöhnlich zu sein. Ich wollte nur, dass sie gesund war.
    «So. Sind Sie bereit für die große Neuigkeit?», fragte Mr.   Moore.
    «Oh, ich weiß, es ist ein Mädchen», sagte ich. «Ich habe nie einen Augenblick daran gezweifelt, aber sie
müssen
es mir jetzt bestätigen, damit ich anfangen kann, rosa Sachen zu kaufen.»
    Mr.   Moore schnalzte und sagte dann: «Aaah. Nun denn. Ich sollte Sie da wohl warnen. Rosa ist vielleicht nicht die beste Wahl.»
    «Was?» Angestrengt starrte ich auf das Bild auf dem Monitor. «Es ist kein Mädchen?»
    «Nein. Sie bekommen kein Mädchen.» Er sah mich an und lächelte stolz, als ginge er davon aus, dass alle lieber einen Jungen haben wollten.
    «Es ist ein Junge? Sind Sie sicher?»
    «Ja. Ich bin sicher. Sie bekommen einen Jungen   …» Er deutete mit dem rechten Zeigefinger auf den Bildschirm, während er mit der linken Hand immer noch die Sonde an meinen Bauch hielt. «Und
noch
einen Jungen.»
    Er wandte sich vom Bildschirm ab, strahlte mich an und wartete auf meine Reaktion.
    Meine Gedanken überschlugen sich und landeten auf einem früher alltäglichen Wort, das plötzlich von einer ganz verrückten, neuen Bedeutung erfüllt war:
Zwillinge
. Ich stieß mühsam eine Frage hervor: «Zwei Babys?»
    «Ja, Darcy. Sie bekommen Zwillingsjungen.» Mr.   Moores Lächeln wurde breiter. «Ich gratuliere.»
    «Das muss ein Fehler sein. Schauen Sie nochmal nach.»Er musste sich irren. In meiner Familie gab es keine Zwillinge. Ich hatte keine Fruchtbarkeitsmedikamente genommen. Ich
wollte
keine Zwillinge. Und schon gar keine Zwillings
jungen
!
    Mr.   Moore und Beatrix tauschten einen wissenden Blick und lachten dann ihr zurückhaltendes englisches Lachen. Vielleicht wollten sie mich nur aufziehen. Mir einen grausamen kleinen Streich spielen. Der unverheirateten Yankee-Göre erzählen, sie bekäme Zwillinge. Ha ha. Ethan hatte mir schon erzählt, dass der englische Humor anders sei.
    «Das ist ein Witz, nicht wahr?» Ich war völlig verdattert.
    «Nein», sagte Mr.   Moore. «Es ist mein voller Ernst. Sie bekommen zwei Jungen. Herzlichen Glückwunsch, Darcy.»
    Ich setzte mich auf, und die Papierdecke rutschte herunter und schwebte zu Boden. «Aber ich wollte ein Mädchen.
Ein
Mädchen. Nicht
zwei
Jungen.» Es kümmerte mich nicht, dass ich von der Hüfte abwärts nackt war.
    «Tja. So etwas kann man nicht bestellen wie eine Hackfleischpastete», sagte Mr.   Moore trocken. Er bückte sich nach der Papierdecke und reichte sie mir.
    Wütend funkelte ich ihn an. Mir gefiel weder sein Vergleich noch sein sichtliches Vergnügen daran. «Irren Sie sich denn nie in solchen Sachen?», fragte ich verzweifelt. «Ich hab schon gehört, dass das vorkommt. Ich meine, haben Sie nie einen Fehler gemacht?»
    Mr.   Moore sagte, er sei ganz sicher, dass ich Zwillinge bekäme. Dann erklärte er mir noch, dass Mädchen gelegentlich für Jungen gehalten würden, dass es aber anders herum nur sehr selten vorkomme.
    «Sie sind also hundertprozentig sicher?»
    Mit der Geduld einer Annie Sullivan, die Helen Keller das Alphabet beibrachte, deutete er auf die Bilder, die auf dem Monitor flimmerten. Zwei schlagende Herzen. Zwei Köpfe. Zwei Penisse.
    Ich fing an zu weinen, als meine süßen rosa Luftblasen platzten und die schrecklichen Erinnerungen an meinen kleinen Bruder Jeremy an ihre Stelle traten. An seine vibrierenden Lippen, wenn er endlos monotone Bulldozer-Geräusche von sich gab. So etwas würde ich jetzt zweifach bekommen. Unvorstellbar.
    Mr.   Moore spürte meine wachsende Verzweiflung und schaltete auf Mitgefühl um: Die Nachricht, dass es Zwillinge seien, sagte er, werde häufig mit sehr geringer Begeisterung aufgenommen.
    Ich kämpfte die Tränen nieder. «Das ist ein krasses Understatement.»
    «Sie werden nur eine Weile brauchen, um sich daran zu gewöhnen», sagte er.
    «An
zwei
Jungen?»
    «An zwei Jungen. Eineiige Zwillinge.»
    «Wie um alles in der Welt ist das passiert?»
    Mr.   Moore fasste die Frage wörtlich auf, denn er gab mir eine kurze Lektion in Biologie. Er zeigte auf den Bildschirm und erläuterte, dass meine Babys eine gemeinsame Plazenta, aber zwei Fruchtblasen hätten. «Das nennt man monochorial-diamniote Zwillinge», sagte er. «Es bedeutet,

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