Shoppen und fischen
weil ich mich in Manhattan zu leichtfertig verhalten habe. Weil ich zu viel eingekauft habe. Oder mich über jemandes äußere Erscheinung lustig gemacht habe. Oder hinter Dexters Rücken mit Marcus geschlafen habe …Und Gott sah stirnrunzelnd auf mich herab und –
zamm
– spaltete meinen Embryo in zwei Teile … und verpasste mir Zwillinge.» Ich brach in Tränen aus. Allmählich begriff ich es wirklich. Zwillinge, Zwillinge.
Zwillinge.
«Darcy. Reg dich ab, Honey. Ich wollte nichts dergleichen sagen.»
«Warum grinst du dann?»
«Ich grinse, weil ich … mich freue.»
«Du freust dich, weil ich am Arsch bin?»
«Nein, Darce. Ich freu mich für dich. Wenn ein Baby ein Segen ist, dann bist du zweimal gesegnet. Zwei Babys! Das ist ein kleines Wunder! Keine Strafe.» Seine Worte klangen aufrichtig, und sein Tonfall und sein Gesichtsausdruck waren es noch mehr.
«Glaubst du?»
«Ich weiß es! Es ist wunderbar.»
«Aber wie soll ich das schaffen?»
«Du
wirst
es einfach.»
«Ich weiß nicht, ob ich das kann.»
«Natürlich kannst du es … Also. Jetzt nimmst du eine heiße Dusche, ziehst einen warmen Pyjama an, und ich mache dir etwas zu essen.»
«Danke, Ethan.» Mir war schon wohler, bevor ich die feuchten Sachen ausgezogen hatte. Ethans Fürsorglichkeit gehörte zu den Eigenschaften, die mir an ihm am meisten gefielen. Das hatte er mit Rachel gemeinsam. Ich dachte daran, wie Rachel immer mit Pistazien vorbeigekommen war, wenn ich ordentlich aufgemuntert werden musste. Sie wusste, dass ich besonders gern Pistazien aß, aber das Beste daran war, dass sie immer die Rolle des Nussknackers übernahm und mir Kern um Kern reichte. Ich weiß noch, dassich immer fand, sie schmeckten so viel besser, wenn einem das lästige Knacken erspart wurde. Ethans Angebot, mir etwas zu essen zu machen, erinnerte mich an diese Pistazientage.
«Geh einfach duschen und überleg dir Jungennamen. Wayne und Dwayne wäre vielleicht genau das Richtige. Was meinst du?»
Ich kicherte. «Wayne und Dwayne Rhone … Gefällt mir.»
Später, nachdem Ethan und ich Rindfleischeintopf gegessen und lange Zeit die niedlichen, identischen Profile meiner Jungs auf den Ultraschallfotos bewundert hatten, gingen wir ins Bett.
«Wieso verbringst du nie die Nacht mit Sondrine?», fragte ich, als ich unter die Decke schlüpfte.
Ethan knipste das Licht aus, kam zu mir ins Bett und sagte: «So ernst ist es noch nicht.»
Das
«noch nicht»
versetzte mir einen kleinen Stich, aber ich sagte nur: «Oh», und ließ das Thema fallen.
Nach langem Schweigen flüsterte Ethan: «Nochmal herzlichen Glückwunsch, Darce. Zwillingsjungs. Wahnsinn.»
«Danke, Ethan», sagte ich und bekam einen Tritt von einem meiner beiden Kerlchen.
«Geht’s dir jetzt ein bisschen besser damit?»
«Ein winziges bisschen vielleicht», sagte ich. Begeistert war ich immer noch nicht, aber zumindest empfand ich es nicht mehr als Fluch oder als Strafe. «Danke, dass du gesagt hast, du freust dich darüber.»
«Aber ich freue mich wirklich.»
Ich lächelte und schob das Bein über das kühle Laken, bis ich Ethans kalten Fuß gefunden hatte. «Lieb dich,Ethan.» Ich hielt den Atem an und hatte Angst, ich könnte zu viel gesagt haben, obwohl ich das
Ich
in
Ich lieb dich
weggelassen hatte (was diese Äußerung ungefährlich und platonisch erscheinen lässt). Ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass ich mehr als seine Freundschaft wollte.
«Lieb dich auch, Darce», sagte Ethan und wackelte mit dem Zeh an meinem Fuß.
Ich lächelte im Dunkeln, ließ alle meine Sorgen fahren und versank in einen sehr tiefen, friedlichen Schlaf.
VIERUNDZWANZIG
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, erfasste mich neue Panik. Wie um alles in der Welt sollte ich je mit Zwillingen fertig werden? Würde Ethan uns bei sich wohnen lassen? Würden zwei Kinderbetten überhaupt in mein Kämmerchen passen? Und wenn ich keinen Job fand? Ich hatte inzwischen weniger als zweitausend Dollar auf dem Konto – kaum genug, um die Klinikrechnung zu bezahlen, von Babysachen, Essen und Miete gar nicht zu reden. Ich ermahnte mich, Ruhe zu bewahren, mich auf meine Liste zu konzentrieren und die Dinge Schritt für Schritt anzugehen.
Und so widmete ich die restliche Woche der Jobsuche. Ich blieb für alles offen: soziale Tätigkeiten, P R-Jobs , sogar Hilfsarbeiten. Ich las die Zeitungsanzeigen, telefonierte, lief mir die Absätze krumm. Ohne Ergebnis – außer der enttäuschenden Erkenntnis, wie
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