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Shoppen und fischen

Shoppen und fischen

Titel: Shoppen und fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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verwandeltediese freundliche Erwiderung in eine Zeile aus einem Shakespeare-Stück.
    Beatrix sagte leise, sie sei gleich wieder da, und Mr.   Moore stellte mir ein paar höfliche Kennenlern-Fragen: Woher ich käme, seit wann ich in England sei, wann ich mit der Geburt rechnete. Ich beantwortete seine Fragen und erzählte ihm nüchtern und sachlich, ich sei unerwartet schwanger geworden, hätte mich von meinem Freund getrennt und sei nach London gezogen, um einen Neuanfang zu machen. Am 2.   Mai sei es so weit, und ich sei schon ein paar Wochen nicht mehr beim Arzt gewesen.
    «Wurde schon eine Ultraschalluntersuchung gemacht?», fragte er.
    Verlegen verneinte ich; ich hatte den Ultraschalltermin in der zehnten Woche in New York nicht wahrgenommen.
    «Tja, dann machen wir das heute und sehen uns alles an.» Mr.   Moore notierte etwas auf meiner Karte.
    «Werden Sie das Geschlecht erkennen können?»
    «Ja   … vorausgesetzt, ihr Baby zeigt sich kooperativ.»
    «Wirklich? Heute?»
    «M-hm.» Er nickte.
    Mein Herz klopfte vor Aufregung und leiser Angst. Ich würde zum ersten Mal meine Tochter sehen. Plötzlich wünschte ich, Ethan wäre bei mir.
    «Dann lassen Sie uns anfangen», sagte Mr.   Moore. «Wollen wir?»
    Ich nickte.
    «Gehen Sie nur hinter den Wandschirm, machen Sie den Unterleib frei und hüpfen Sie dort auf den Stuhl. Ich komme gleich mit Beatrix.»
    Ich nickte wieder und trat hinter den Schirm. Als ich denRock herunterschob, bereute ich, dass ich mir vor diesem Termin nicht die Bikini-Zone mit Wachs enthaart hatte. Jetzt würde ich auf den tadellos gepflegten Mr.   Moore einen jämmerlichen Eindruck machen. Aber als ich dann auf den Untersuchungsstuhl kletterte und die Papierdecke sorgfältig um mich herum feststeckte, beruhigte ich mich mit dem Gedanken, dass er wahrscheinlich schon sehr viel Schlimmeres gesehen hatte. Wenig später erschien der Arzt mit Beatrix. Er klopfte an die Wand, die den Untersuchungsraum von seinem Sprechzimmer trennte.
    «Fertig?», fragte er.
    «Fertig», sagte ich.
    Lächelnd setzte Mr.   Moore sich neben mir auf einen kleinen Hocker. Beatrix hielt sich sittsam im Hintergrund.
    «Also schön, Darcy», sagte Mr.   Moore. «Bitte rutschen Sie ein Stück herunter und legen Sie die Füße auf die Stützen. Ich untersuche jetzt den Gebärmutterhals. Sie werden dabei einen leichten Druck verspüren.»
    Er streifte Latexhandschuhe über und betastete meinen Gebärmutterhals mit zwei Fingern. Ich zuckte zusammen, und er murmelte: «Ihre Cervix ist geschlossen und lang. Wunderbar.» Er zog die Handschuhe aus, warf sie in einen kleinen Abfalleimer, schob meine Papierdecke herunter und drückte einen Klecks Gel auf meinen Bauch. «Verzeihen Sie, wenn das ein bisschen kalt ist.»
    «Kein Problem», sagte ich, dankbar für sein Feingefühl.
    Er fuhr mit der Ultraschallsonde über meinen Bauch, und auf dem Monitor erschien ein düsteres Schwarzweißbild. Zuerst sah es nur aus wie ein Tintenklecks, den man beim Psychiater gezeigt bekommt, aber dann erkannte ich einen Kopf und eine Hand.
    «O mein Gott!», schrie ich. «Sie lutscht an ihrem kleinen Daumen, oder?»
    «M-hm», sagte Mr.   Moore, und Beatrix lächelte.
    Ich verschluckte mich fast vor lauter Aufregung; noch nie hatte ich etwas so Wunderbares gesehen. «Sie ist perfekt», sagte ich. «Ist sie nicht absolut perfekt?»
    Mr.   Moore stimmte mir zu. «Wunderschön, ja», murmelte er. Blinzelnd betrachtete er den Monitor und ließ die Sonde langsam über meinen Bauch gleiten. Das Bild verschwand kurz und erschien dann wieder.
    «Was denn?», fragte ich. «Was sehen Sie? Es
ist
doch ein Mädchen, oder?»
    «Warten Sie noch einen Augenblick   … Ich muss es mir genauer ansehen. Danach werde ich ein paar Messungen vornehmen.»
    «Was müssen Sie denn messen?»
    «Kopf, Bauch, Oberschenkelknochen. Danach werden wir uns die Organe ansehen. Gehirn, Herzkammern und so weiter.»
    Plötzlich kam ich auf die Idee, dass mit meiner Tochter vielleicht etwas nicht in Ordnung war. Warum hatte ich daran noch nicht gedacht? Ich bereute plötzlich, dass ich so oft Wein getrunken und dass ich dem Kaffee morgens nicht widerstanden hatte. Was, wenn ich ihr damit geschadet hatte? In banger Sorge betrachtete ich den Bildschirm und suchte in Mr.   Moores Gesicht nach Hinweisen. In aller Ruhe zeigte er mir die verschiedenen Körperteile meines Babys und las Zahlen vor, die Beatrix auf meiner Karteikarte notierte. «Ist das normal?», fragte ich

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