Shoppen und fischen
Aufmerksamkeit anderer gesonnt hatte, hätte ich diesen Moment genießen müssen, aber stattdessen wäre ich am liebsten im Erdboden versunken, als ich jetzt gestand: «Äh … ja, tatsächlich bekomme ich Zwillinge.»
«Zwillinge»,
rief alles wie aus einem Mund.
«Oje», sagte Geoffrey bestürzt und setzte sich auf den freien Stuhl neben mir. «Meg sprach von ‹phantastischen Neuigkeiten›. Ich hab einfach angenommen … Es tut mir wirklich Leid.»
«Kein Problem», sagte ich leise, aber am liebsten hätte ich mich verkrochen, als Meg aufstand und einen Toast ausbrachte. «Auf unsere neue amerikanische Freundin und ihre beiden Babys! Herzlichen Glückwunsch, Darcy!»
Jetzt war ich also nicht nur die dumme Amerikanerin, sondern außerdem auch noch eine unverheiratete, verlogene Zwillingsmutter. Ich strahlte mit breitem, gekünsteltem Lächeln in die Runde und murmelte mit so viel Würde und Anstand wie möglich: «Mr. Moore – Geoffrey – hat mir einen ziemlichen Schock versetzt, als er mir letzte Woche erzählte, dass ich zwei Jungen bekomme … Ich glaube, ganz verdaut hab ich es immer noch nicht …»
Dann wartete ich darauf, dass die Gäste sich wieder anderen Dingen zuwandten – wozu sie überraschend lange brauchten, wenn man bedachte, dass sie sich eigentlich für sehr viel hochfliegendere Themen interessierten. Schließlich taten sie es, aber mein Unbehagen ließ nicht nach. Ich sprach sehr wenig und konzentrierte mich auf das fremdländische, zu stark gewürzte Essen. Geoffrey schien sich ebenso unbehaglich zu fühlen und ignorierte mich fast dieganze Zeit. Wenn er mich doch einmal ansprach, sagte er Dinge wie: «Schmeckt Ihnen das Lamm-Tajine und das Aprikosen-Couscous?»
Deshalb war ich sehr überrascht, als Geoffrey am Schluss, als sich alle bei Meg und Yossi bedankten und ihre Mäntel anzogen, anbot, mich nach Hause zu fahren. Ich nahm dankend an; vermutlich wollte er wieder gutmachen, was er angerichtet hatte. Offensichtlich war dies die Entschuldigung dafür, dass er mich bloßgestellt hatte. Aber die Art, wie er auf dem Weg zu seinem Wagen eine sanfte Hand an meinen Rücken legte, ließ mich ahnen, dass es möglicherweise um mehr ging. Und trotz der genierlichen Tatsache, dass er seine Finger in meiner Vagina gehabt hatte, verspürte ich unwillkürlich ein aufgeregtes Flattern, als er mir die Tür seines jagdgrünen Jaguars aufhielt. Denn schließlich war er der begehrenswerteste Mann, den ich in London bisher kennen gelernt hatte. Einen neuen Arzt, sagte ich mir, konnte ich mir jederzeit suchen.
Ich ließ mich in die beigefarbenen Lederpolster sinken und sah, dass Geoffrey einen Blick auf meine Fesseln warf, bevor er um den Wagen herumging und sich neben mich setzte. Er ließ den Motor an, rangierte den Wagen aus der engen Parklücke und sagte: «Mir ist ganz furchtbar zumute, Darcy. Es tut mir so Leid. Das war unglaublich unprofessionell von mir. Ich nahm einfach an, Sie hätten es allen erzählt. Unverzeihlich, wirklich.»
«Keine Sorge, Mr. Moore.» Ich sondierte das Gelände. Wenn er den
Mr.
stehen ließ, sah er mich noch immer als eine Patientin, die er schlecht behandelt hatte. Und in dem Fall fuhr er mich nur aus Mitleid heim.
Aber stattdessen sagte er: «Geoffrey. Bitte nennen Siemich Geoffrey.» Er sah mich an. Mandelförmige braune Augen mit dichten, dunklen Wimpern.
«Geoffrey», sagte ich mit flirtendem Unterton. «Ich verzeihe Ihnen.»
Er nickte und lächelte. Nach einer Fahrstrecke, die in New York ungefähr drei Blocks entsprochen hätte, fragte er: «Und wie geht es Ihnen jetzt mit … allem?»
«Ich gewöhne mich an den Gedanken. Vielleicht bin ich inzwischen sogar ein bisschen aufgeregt.»
«Tja, ich finde kleine Jungs einfach wundervoll», sagte er ernsthaft. «Ich habe auch einen. Er heißt Max.»
«Ach, wirklich? Wie alt ist er denn?» Ich fragte mich, ob Geoffrey auch eine Frau hatte.
«Er ist gerade vier geworden. Sie wachsen so schnell. Gerade wechselt man ihnen noch die Windeln, und im nächsten Augenblick gehen sie zur Schule und sind zu stolz, um sich an der Hand halten zu lassen.» Er lachte und flocht dann ein wenig verlegen an, er sei aber «nicht mehr mit Max’ Mum zusammen».
Ich schaute aus dem Fenster und lächelte im Stillen, denn jetzt wusste ich, dass Geoffrey definitiv interessiert war. Und ich konnte mir eine gewisse Selbstgefälligkeit nicht verkneifen. Ich wirkte immer noch anziehend – Schwangerschaft hin,
Weitere Kostenlose Bücher