Shoppen und fischen
Bierdosen.
«Deine Wohnung gefällt mir. Genau mein Geschmack», sagte ich.
Er schien sich über das Kompliment zu freuen, gestand aber gleich, dass er eine Innenarchitektin engagiert habe. «Sie ist ziemlich gut. Ich habe keine Geduld für so etwas.»
Ich sah mich um und entdeckte einen kleinen roten Tisch mit Stühlen. Er war übersät mit Buntstiften, Papier und dem halb fertigen Puzzle einer Cartoonfigur, die ich nicht kannte. «Max’ Spielecke?», fragte ich.
Er nickte. «Allerdings verstreut er sein Zeug meistens von seinem Zimmer aus in der ganzen Wohnung.»
Ich lächelte.
«Kann ich ein Foto von ihm sehen?»
Er deutete auf den Kaminsims. Dort stand ein Foto, aufdem Max an einem Kiesstrand entlanglief und in die Sonne blinzelte. «Auf dem Bild ist er zweieinhalb. Es wurde bei meinem Cottage in St. Mawe’s aufgenommen.»
«Was für ein hübscher kleiner Junge. Er hat Ähnlichkeit mit dir.» Ich wandte den Blick vom Foto ab und sah wieder Geoffrey an.
«Er hat eigentlich mehr Ähnlichkeit mit seiner Mum», sagte Geoffrey. «Aber er hat meine Nase. Der arme Kerl.»
Ich lachte und sagte, dass mir seine Nase gefalle. «Sie hat Charakter», erklärte ich und musste an Rachel denken. Sie hatte immer vom Charakter im Gesicht eines Menschen gesprochen und gesagt, dass kleine, hübsche Nasen bei Männern sie abtörnten. Irgendwie wusste ich jetzt, was sie gemeint hatte. Mir gefiel das kraftvolle Statement, das von Geoffreys Nase ausging.
Er nahm mich in die Arme und küsste mich auf die Nase. «Und mir gefällt deine.»
Dieser Austausch war einer jener sehr frühen Vorläufer von
Ich liebe dich
. Sie wissen schon – wenn zwei Leute einander sagen, dass ihnen bestimmte Dinge gefallen.
Ich mag deine Augen. Ich bin gern mit dir zusammen. Es ist schön mit dir.
Und dann, aus heiterem Himmel, das direkte
Ich liebe dich
.
Geoffrey bot mir etwas zu trinken an. «Saft? Wasser? Tee?»
«Gar nichts, danke.» Ich schob ein Tic Tac aus einer Wange in die andere und sah zu, wie er an seine Bar ging und sich ein Glas Bourbon einschenkte. Dann schaltete er seine Stereoanlage ein. Afrikanische Musik, die mich an die Hintergrundsänger auf Paul Simons
Graceland
erinnerte, erfüllte die Wohnung. Wir setzten uns auf seine moderneLedercouch, er legte einen Arm um meine Schultern, und wir unterhielten uns. Ich lauschte seinem bezaubernden Akzent und dem stimmungsvollen Klirren der Eiswürfel in seinem geschliffenen Kristallglas und versuchte herauszufinden, an wen er mich erinnerte. Endlich kam ich zu dem Schluss, er sei ein reifer Hugh Grant, ein straighter Rupert Everett und ein englischer Dex Thaler. Er war genau der, den ich mir gebacken hätte: ein absoluter Gentleman, kein Kumpel und kein Junge.
Und wie immer wartete er gerade eben lange genug, ehe er mich küsste. Er fiel nicht gleich über mich her. Wir lagen halb, aber hin und wieder zog Geoffrey die Bremse, setzte sich auf, nahm einen kleinen Schluck Bourbon und sammelte sich gewissermaßen wieder. Dann küsste er mich weiter, bis er zuletzt aufstand und mich in aller Form in sein Schlafzimmer einlud. Ich nahm die Einladung an und spürte, wie sehr ich mich nach Sex sehnte. Ich hatte ihn sehr vermisst. Es war für mich die längste Dürrezeit seit mindestens zehn Jahren gewesen, vielleicht überhaupt die längste meines erwachsenen Lebens. Aber was noch wichtiger war: Ich wollte die Sache mit Geoffrey auf eine neue Ebene bringen. Ich wollte unsere etwas förmliche Beziehung mit Intensität und Intimität erfüllen.
Wenig später wurde mein Wunsch befriedigt. Geoffrey und ich standen vor seinem Bett und zogen uns langsam gegenseitig aus. Wir standen einander gegenüber und entkleideten uns abwechselnd, Stück für Stück, wie bei einer Runde Strip Poker, wenn man sich nicht entscheiden kann, ob man lieber nackt und verletzlich sein will, oder ob man lieber die Zügel in der Hand behält. Ich wollte alles, und zwar alles gleichzeitig. Aber ich blieb geduldig und ließ zu,dass die Spannung sich aufbaute. Endlich waren wir beide nackt. Zum ersten Mal war ich vor einem Mann befangen wegen meines Körpers, aber Geoffrey vertrieb rasch jeden Rest von Besorgnis, dass meine Schwangerschaft ihn abtörnen könnte. Er kniete vor mir nieder und küsste meinen Nabel. Bei dieser sinnlichen Geste fühlte ich mich begehrenswert und schön.
Dann nahm er meine Hand und führte mich zu seinem Bett. Der Übergang war reibungslos wie eine Filmszene, in der sich alles fließend
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