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Shoppen und fischen

Shoppen und fischen

Titel: Shoppen und fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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war gut!»
    Marcus lächelte halbherzig, als er begriff, dass sein Witz nicht gut angekommen war.
    Plötzlich hatte ich keine Lust mehr, den Abend oder das Image meines neuen Freundes zu retten. Ich stand auf und trug kerzengerade und mit hoch erhobenem Kopf meinen Teller in die Küche. Ich hörte, wie meine Mutter sich entschuldigte und mir auf klappernden Absätzen nachkam.
    «Schätzchen, er wollte doch nur komisch sein», flüsterte meine Mutter, als wir allein in der Küche waren. «Vielleicht ist er auch nervös, weil er deine Eltern kennen lernt. Dein Vater kann ziemlich einschüchternd wirken.»
    Aber ich sah ihr an, dass sie sich selbst nicht glaubte. In ihren Augen war Marcus taktlos und unter Niveau und hatte nicht annähernd Dexters Kragenweite.
    «Er ist sonst nicht so», sagte ich. «Er kann genauso charmant sein wie Dex, wenn er will.»
    Aber während ich noch versuchte, meine Mutter zu überzeugen, wurde mir klar: Marcus war absolut nicht wie Dexter. In keiner Hinsicht. Die letzten Tropfen Kaffee aus der Maschine fielen im Takt meiner Gedanken in die Kanne:
Die. Falsche. Wahl.
    Wir kehrten ins Esszimmer zurück, wo alle so taten, als verspeisten sie voller Genuss eine Erdbeersahne-Pie aus Crawford’s Bakery. Meine Mutter bat zweimal um Entschuldigung, weil sie nicht selbst gebacken hatte.
    «Aber ich liebe die Torten von Crawford’s! Die sind wie selbst gebacken», behauptete Lauren.
    Mein Vater pfiff zwischen den Bissen die Titelmusik der
Andy Griffith Show
vor sich hin und hörte erst auf, als meine Mutter ihn wütend anblitzte. Nach einigen weiteren, peinlichen Augenblicken erklärte ich: «Ich hab keine Lust auf Pie. Ich geh ins Bett. Gute Nacht.»
    Marcus stand auf, trommelte mit den Fingern auf die Tischkante und sagte, er sei auch «erledigt». Er dankte meiner Mutter für das Essen und folgte mir stumm. Seinen Teller ließ er auf dem Tisch zurück.
    Ich stieg vor ihm die Treppe hinauf, ging den Korridor entlang und blieb abrupt vor unserem Gästezimmer stehen. «Hier ist dein Zimmer. Gute Nacht.» Ich war zu erschöpft für einen großen Streit.
    Marcus massierte mir die Schulter. «Komm schon, Darce.»
    «Bist du stolz auf dich?»
    Er grinste schief – was mich nur noch wütender machte.
    «Wie konntest du mich so in Verlegenheit bringen?»
    «Es war ein Witz.»
    «Der war aber nicht komisch.»
    «Es tut mir Leid.»
    «Nein, tut’s dir nicht.»
    «Doch.»
    «Wie soll ich ihnen erzählen, dass ich ein Kind von dir bekomme und dich heirate?», zischelte ich. «Den Mann, der mich in dreißig Jahren wegen einer anderen Frau verlassen will?» Ich fühlte mich plötzlich verwundbar. Das hatte ich vor der Schwangerschaft noch nie erlebt. Es war ein furchtbares Gefühl.
    «Du weißt, dass es ein Witz war.»
    «Gute Nacht, Marcus.»
    Ich ging in mein Zimmer und hoffte, dass er mir nachkam. Tat er aber nicht. Ich setzte mich hin und starrte meine lavendelblauen Wände an; überall hingen Fotos aus glücklicheren Zeiten. Vergilbte Fotos mit eingerollten Ecken, die mich daran erinnerten, wie viel Zeit vergangen war, wie weit die High School zurücklag. Ich betrachtete ein Bild von Rachel, Annalise und mir nach einem Footballspiel. Ich trug meine Cheerleader-Uniform, die beiden anderen «Naperville High»-Sweatshirts. Wir hatten uns kleine orangegelbe Pfotenabdrücke auf die Wangen gemalt. Ich erinnerte mich, dass Blaine kurz vorher einen langen Touchdown-Pass erwischt und unser Team damit ins Viertelfinale der Meisterschaft von Indiana gebracht hatte. Ich erinnerte mich, wie er den Helm abgenommen hatte, Haare und Gesicht schweißnass wie bei dem sexy Star aus der Gatorade-Reklame. Und als die Menge jubelte, strahlte er von der Seitenlinie zu mir herüber und zeigte auf mich, als wollte er sagen: «Das war für dich, Süße!» Und es war,als folgte jeder Blick im Stadion seinem ausgestreckten Finger bis zu mir.
    Damals war das Leben schön, dachte ich und fing an zu weinen. Nicht so sehr, weil ich den guten Zeiten nachtrauerte, obwohl ich das tat. Aber vor allem, weil ich wusste, dass ich mich gerade in ein Mädchen verwandelte, das seine High-School-Fotos anschaut und wehmütig wird.

VIERZEHN
    Am nächsten Morgen klopfte es leise an der Tür, und meine Mutter fragte: «Darcy, bist du wach?» Durch ihren sanften Tonfall – ganz unnatürlich für sie – fühlte ich mich gleich noch elender.
    «Komm rein», sagte ich und verspürte eine Woge von Übelkeit.
    Sie kam herein und setzte sich ans

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