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Shoppen und fischen

Shoppen und fischen

Titel: Shoppen und fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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intakten Familie. «Haargenau», wiederholte er.
    Meine Mom verkniff sich eine Antwort und hielt uns die Tür weit auf. Als sie mir einen Kuss gab, bemerkte ich, dass sie etwas mehr ‹Chanel No. 5› als sonst aufgelegt hatte. Dann wandte sie sich Marcus zu, legte ihm beide Hände an die Wangen und drückte einen dicken Kuss dicht neben seinen Mund. «Marcus! Willkommen! Es ist so schön, Sie kennen zu lernen!»
    «Freut mich ebenfalls», nuschelte Marcus.
    Meine Mutter hasst Nuschler. Im Stillen hoffte ich, die Schmach, einen Gast zwischen der dunklen Garage und der Waschküche begrüßen zu müssen, werde sie von derjämmerlichen Aussprache meines neuen Freundes ablenken. Rasch trieb sie uns in die Küche. Ein Tablett mit Käse, Oliven und ihren berühmten Krabbenbällchen stand auf der Theke.
    Plötzlich kamen mein Bruder Jeremy und seine Freundin Lauren um die Ecke gesprungen wie zwei übermütige Haustiere. Die beiden hatten niemals schlechte Laune. Mein Vater sagte mal, für sie gebe es nur zwei Zustände: vergnügt oder schlafend. Wie immer verlor Lauren nach der Vorstellungsrunde keine Zeit, sondern fing sofort mit einer schwachsinnigen Geschichte über irgendwelche Nachbarn an. Ich kannte Lauren schon als Baby – sie wohnte bei uns in der Straße, und Rachel war gelegentlich ihr Babysitter   –, und deshalb wusste ich, dass sie eine Unterhaltung mit absolut sinnentleertem Geschwätz bestimmen konnte – ganz so, wie man es vielleicht von einer alten Dame in der Kirchengemeinde erwartete, aber nicht von einer Fünfundzwanzigjährigen. Sie erzählte vom Wetter, vom großen Ausverkauf bei JoAnn Fabrics und von der letzten Bingo-Gewinnerin im Good Haven, dem Seniorenheim, in dem sie arbeitete.
    Als Lauren mit ihrer Geschichte fertig war, bot mein Vater Marcus einen Drink an.
    «Ein Bier wäre toll», sagte Marcus.
    «Hol ihm ein gekühltes Glas, Gary», sagte meine Mutter, als mein Dad eine Flasche Budweiser öffnete.
    «Oh, ich brauche kein Glas, aber danke.» Marcus nahm die Flasche.
    Ich warf ihm einen Blick zu, der ihm sagte, er hätte das Glas nehmen sollen, und dann folgten wir alle meiner Mutter ins Wohnzimmer. Lauren setzte sich dicht neben meinen Bruder auf die Couch und umklammerte seinen Armmit ihrem Todesgriff. Mein Bruder ist auch ein ziemlicher Trottel, aber als ich das Sweatshirt seiner Freundin betrachtete, das «Good Haven»-Logo, die abgeschnittene Stonewashed-Jeans, die Vans ohne Socken (ein Look, den ich nicht mal während der kurzen Saison zu High-School-Zeiten ausstehen konnte), kam ich zum hundertstenmal zu dem Schluss, dass selbst er etwas Besseres haben könnte. Marcus und ich nahmen auf der Couch gegenüber Platz, und meine Eltern setzten sich in die Sessel.
    «Also», sagte meine Mutter und schlug die Fußknöchel übereinander. Ich nahm an, jetzt wollte sie Marcus ins Verhör nehmen. Ich war nervös, aber auch gespannt, und hoffte, er werde den Anforderungen gewachsen sein und mich stolz machen. Aber statt sich auf Marcus zu konzentrieren, verkündete meine Mutter: «Lauren und Jeremy haben Neuigkeiten.»
    Lauren kicherte und ließ die linke Hand vorschießen. Was sie uns zeigte, sah von dort, wo ich saß, aus wie ein Diamant im Prinzessschliff, gefasst in Weißgold oder Platin. «Überraschung!»
    Ich sah meinen Bruder an. Ich war tatsächlich überrascht, ja. Überrascht, dass es kein Marquisschliff in Gelbgold war.
    «Wir heiraten», bestätigte Jeremy.
    Marcus reagierte, bevor ich es tun konnte. «Gratuliere.» Er hob seine Bierflasche.
    Jeremy erwiderte die Geste mit seinem Glas Cola. «Danke, Mann.»
    Jeremy sollte nicht
Mann
sagen. Er kriegt’s einfach nicht hin. Er hat nicht ein einziges Gramm Coolness am Leib.
    «Herzlichen Glückwunsch», sagte ich, aber es klang gestelztund unnatürlich. Ich stand auf, um das gute Stück zu betrachten, und ich sah gleich, dass der Stein zwar eine ordentliche Größe hatte, aber leicht gelblich war. Auf der Farbskala vermutlich ein J.
    «Sehr hübsch», sagte ich und legte Laurens Hand wieder auf das Knie meines Bruders.
    Meine Mutter fing an, von einer Maienhochzeit in Indiana und einem Empfang in unserem Country Club zu schwärmen.
    Ich sagte ihnen, wie sehr ich mich für sie freute, und mein Mund verzog sich zu einem unechten Lächeln, während ich mich bemühte, meinen leisen Neid zu unterdrücken. Ich fragte mich, wie um alles in der Welt ich neidisch sein konnte auf meinen dämlichen kleinen Bruder und dieses Mädchen mit der

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