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Shoppen und fischen

Shoppen und fischen

Titel: Shoppen und fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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noch auf die Reihe bringen», sagte Ethan und drückte meine Hand. «Ich hab Vertrauen zu dir.»
    Ich sah ihn an und fühlte das Gleiche wie an Thanksgiving auf der Bank im Holland Park. Ich wollte ihn küssen. Aber natürlich tat ich es nicht. Ich fragte mich, woher dieser Widerstand kam, denn in der Vergangenheit war ich doch immer meinen Impulsen gefolgt, ohne viel über dieKonsequenzen nachzudenken. Vielleicht weil es mir mit Ethan nicht wie ein Spiel vorkam, wie es bei Marcus und so vielen Männern vor ihm der Fall gewesen war. Vielleicht weil ich jetzt mehr zu verlieren hatte. Die Grenze zwischen Freundschaft und Begehren zu verwischen war ein todsicherer Weg, einen Freund zu verlieren. Ich hatte schon eine gute Freundin verloren, und das reichte für dieses Jahr.
     
    Später, nachdem wir uns die Nachrichten angeschaut hatten, sah er mich an und sagte: «Komm, Darce. Lass uns schlafen gehen.»
    «In deinem Zimmer?», fragte ich hoffnungsvoll.
    Ethan lachte. «Ja. In meinem Zimmer.»
    «Also hast du mich letzte Nacht vermisst?»
    Er lachte wieder. «So weit würde ich nicht gehen.»
    Aber ich sah ihm an, dass er mich vermisst hatte. Ich sah auch, dass ihm unser Streit ein bisschen Leid tat, auch wenn vieles von dem, was er über mich gesagt hatte, die Wahrheit war. Ethan hatte mich gern, trotz meiner Fehler, und als ich neben ihm einschlief, dachte ich, wie viel lieber ihm erst die neue, bessere Darcy sein würde.

ZWEIUNDZWANZIG
    Am nächsten Morgen, angestachelt von einer weiteren Trittfolge meines Babys, beschloss ich, mich um einen Job in dem Altenheim zu bewerben, von dem Meg und Charlotte mir erzählt hatten. Ethan war schon gegangen, und sotippte ich meinen Lebenslauf auf seinem Computer. In einem kurzen Begleitbrief legte ich eloquent dar, dass mein Erfolg in der P R-Branche nur auf meine extrovertierte Persönlichkeit zurückzuführen sei und dass diese Qualität sich ohne Zweifel auch auf Bingo-Abenden als vorteilhaft erweisen werde. Ich ließ die Rechtschreibprüfung laufen und entschied mich im Zweifel für die britische und nicht für die amerikanische Schreibung, und dann duschte ich, zog mich an und ging hinaus in die Londoner Kälte.
    Als ich im Altenheim ankam, schlug mir der unverkennbare und deprimierende Geruch von alten Leuten und Anstaltsessen entgegen, und ich spürte die erste Woge von Morgenübelkeit seit dem Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels. Ich wühlte ein Pfefferminz aus meiner Handtasche und atmete tief durch den Mund ein, während ich zwei kleine alte Ladys in gleichartigen Blumenkitteln betrachtete, die in ihren Rollstühlen im Foyer parkten. Als ich sie da miteinander lachen und plaudern sah, musste ich an Rachel denken und daran, wie wir immer gesagt hatten, wir wollten als alte Witwen zusammen ins Pflegeheim gesteckt werden. Sie hatte gesagt, dass ich die Männer wahrscheinlich noch mit neunzig magnetisch anziehen würde und dass ich ihr dann helfen könnte, Dates mit den niedlichsten alten Knaben im Heim zu kriegen. Das hatte sie sich dann wohl sechzig Jahre zu früh abgeschminkt, dachte ich, als ein Gnom, den ich für einen Heimbewohner hielt, zur Tür kam und sich als Direktor vorstellte.
    «Darcy Rhone», sagte ich und gab ihm die Hand.
    «Bernard Dobbs», sagte er. «Wie kann ich Ihnen helfen?»
    «Die Frage ist, Mr.   Dobbs: Wie kann ich
Ihnen
helfen? Denn, wissen Sie, ich bin hier, weil ich eine Anstellung indieser schönen Einrichtung suche.» Im Geiste renovierte ich schon das schäbige, düstere Foyer.
    «Über welche Erfahrung verfügen Sie denn?», fragte er.
    «Ich komme aus der P R-Branche .» Ich überreichte ihm meinen Lebenslauf. «Das ist ein äußerst kommunikatives, menschenorientiertes Geschäft.» Ich fasste den Inhalt meines Bewerbungsschreibens zusammen und schloss mit den Worten: «Und was das Wichtigste ist: Ich möchte einfach mithelfen, unter den alten Menschen in Ihrem schönen Land ein wenig Fröhlichkeit zu verbreiten.»
    Mr.   Dobbs sah mich skeptisch an und fragte, ob ich eine Arbeitserlaubnis hätte.
    «Äh   … Nein», sagte ich. «Aber» – ich zwinkerte ihm zu – «das Problem können wir doch unter uns regeln, oder?»
    Er starrte mich ausdruckslos an und wollte wissen, ob ich je in einem Seniorenheim gearbeitet hätte. Ich überlegte, ob ich lügen sollte. Er würde doch wohl kaum ein Ferngespräch führen, um meine Referenzen zu überprüfen. Aber im Bruchteil einer Sekunde kam ich zu dem Schluss, dass eine Lüge nicht zur

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