Short Stories - Sammelband 5-faches Lesevergnuegen
selbstsicher aufs Podium, anscheinend kommt jetzt die Schlussrede. Erleichtert seufzend nehme ich mir mein mittlerweile achtes oder neuntes Glas und trinke einen undamenhaft großen Schluck der angenehm kühlen Flüssigkeit.
Meine Füße schmerzen langsam höllisch, mein Kopf fühlt sich ziemlich alkohollastig an und ich bin absolut erledigt.
Die Rede unseres Chefs ist nicht wirklich überraschend, er bedankt sich für unsere Leistung, die wir im vergangenen Jahr für die Firma erbracht haben. Redet über Zukunftspläne und über seine Ablöse. Seine Ablöse? Schlagartig wird mir schlecht.
Wenn er geht, bedeutet das, dass ich meinen Job verliere oder dass ich einen neuen direkten Vorgesetzten bekomme?
Wie konnte er mich nur so hintergehen? Warum hat er mir das nicht früher gesagt? Enttäuscht begegne ich Bens Blick, sein selbstgefälliges Grinsen lässt mich sauer aufstoßen. Frustriert genehmige ich mir ein weiteres Sektglas und beschließe mich sinnlos zu betrinken, scheiß auf den Anstand, auf die Firma und vor allem auf die Loyalität meines Chefs!
In meinem Selbstmitleid versunken, ignoriere ich die Blicke meiner Kollegen; mein Chef, oder soll ich lieber Ex-Chef sagen, kann mich mal kreuzweise. Wenn gutes und loyales Benehmen nicht geschätzt wird, Pech! Ich kann auch anders.
Mit meinen Schuhen in der einen und einem frisch gefüllten Sektglas in der anderen Hand verlasse ich diese verlogene Veranstaltung. Während ich auf den Aufzug warte, der mich aus dieser Schlangengrube befreien soll, nähert sich mir Adrian. Eingebildet mustert er meinen Körper, leckt sich gierig über die Lippen und legt mir mehr als unverschämt seine Hand auf den Po. Am liebsten würde ich ihm meinen Handabdruck auf die Backe zaubern, doch ich glaube um meine Zielsicherheit steht es gerade nicht zum Besten. Also verschwinde ich schnellstens angewidert aus seinem Dunstkreis und benutze lieber die Treppe. Adrian ist ein Macho, er ist fälschlicherweise sehr selbstüberzeugt und kann nicht verstehen, warum ich auf seine subtilen und plumpen Anmachen nicht anspringe.
Der Portier des gigantischen Gebäudekomplexes, in dem auch unsere Firma ist, ruft mir mit einem nachsichtigen Lächeln ein Taxi.
Laue Sommernachtsluft umschmeichelt meine nackten Füße, genüsslich wartend leere ich mein Sektglas. Die Lust auf ein sehr bekanntes Mehr breitet sich in mir aus, es wird Zeit für Cocktails und Tequila. Meine beste Freundin Natalie arbeitet im Bayrischen Hof, in dessen mehr als edler Bar. Das Ambiente dort ist angenehm trendy, die Musik gut und die Cocktails noch besser. Das Publikum ist etwas gehobener, wahrscheinlich würde sich mein noch unbekannter und mehr als unerwünschter neuer Chef dort auch wohlfühlen. Vielleicht wartet da nicht nur leckerer und hochprozentiger Alkohol auf mich, sondern auch ein schnuckeliger Typ, der bereit ist, mir heute Nacht den ein oder anderen multiplen Orgasmus zu schenken. Etwas wackelig stelle ich mein mittlerweile leeres Sektglas auf den Gehsteig und steige möglichst elegant und selbstsicher in mein Taxi.
***
Die Fahrt dauert gerade einmal fünf Minuten, München scheint Mitleid mit mir zu haben.
Natalie sieht mich sofort und grinst mich wissend an, ich setze mich mehr oder minder grazil auf den ledernen Barhocker und warte, bis sie Zeit für mich hat.
Der Fire & Ice, der mich mit seinem fruchtig sauren Geschmack von meinen Sorgen ablenkt, flutet meine Geschmacksnerven. Die u-förmige Bar gibt ihren Besuchern die Möglichkeit einem Fremden gegenüberzusitzen. In meinem Fall, einem sehr sexy Anzugträger, der an einem Brandy nippt. Seine pechschwarzen Haare wirken verstrubbelt, ein Lausbuben-Detail, das ganz und gar nicht zu seinem Business Outfit passt. Unsere Blicke treffen sich, sein markantes Gesicht, volle Lippen und akkurat gestutzte Koteletten, wirken auf den ersten Blick ziemlich sexy. Natalie bemerkt unseren stillen ersten Flirt und sieht mich gespielt schmollend an. Was Männer betrifft, sind wir uns einig, wir stehen auf den sexy verspielten Typ, der trotz seines frechen Charmes ganz genau weiß, was er will.
Mit den zwei schwarzen Strohhalmen spiele ich mit meinen Eiswürfeln, nehme einen weiteren Schluck des flüssigen Glücklichmachers und überlege mir, wie weit ich heute Nacht denn wirklich gehen möchte. Wie in den Comics erscheinen zwei kleine imaginäre Gestalten auf meiner Schulter. Links sieht mich die Zeichentrickversion meiner inneren Göttin an. Sie
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