Short Stories - Sammelband 5-faches Lesevergnuegen
und altmodischen Teil meines Verstands gefällt sein besitzergreifendes Verhalten. Doch der größere und emanzipierte Teil meines Hirns duldet dieses altertümliche Wikingergetue nicht.
Mittlerweile ist es dreiviertel zwei, meine Füße schmerzen und mein Nacken spannt. Max sitzt noch immer mit mir flirtend an der Bar, er ist verdammt hartnäckig, wenn man bedenkt, mit was für düsteren Blicken Andy ihn taxiert. Als ich dachte, dass Andys Laune nicht noch finsterer werden könnte, kam mein Chef ums Bareck geschlendert und rief wieder Sweety. Seine vertrauliche Art, die er von Anfang an an den Tag gelegt hat, begrüße ich heute sehr, wenn das so weitergeht, platzt Andy noch vor Wut.
Marc zwinkert mir belustigt zu, unterhält sich mit Nick und den anderen Jungs aus dem Eishockeyteam und verbreitet, so wie es sich für den Inhaber einer Bar gehört, gute Laune. „Sweety, was hältst du davon, wenn wir morgen nach Dienstschluss alle zusammen essen gehen?“ An sich halte ich das für eine Superidee, allerdings habe ich ja morgen schon etwas vor, mein Date mit Andy steht an, auch wenn ich mir zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorstellen kann, dass ich das überleben werde. „Marc, naja, eigentlich habe ich morgen schon etwas vor ...“ Mit einem Seitenblick zu Andy überprüfe ich meine Überlebenschancen: Sie sehen sehr gering aus.
Theatralisch fasst er sich ans Herz und deutet einen Kniefall an. „Sweety, tu mir das nicht an ...“ Lachend und ihm meine Hand entziehend, vergesse ich für eine köstliche Minute meine Sorgen wegen Andy. „Ich sehe, was ich tun kann, allerdings nur, wenn du jetzt bitte endlich wieder aufstehst.“
Auch wenn Max und Andy auf unterschiedlichen Seiten kämpfen, im Hinblick auf Marc, sind sie sich einig: Sie würden ihn am liebsten ins Kühlhaus sperren.
Möglichst locker und mit einem Lächeln auf dem Gesicht bediene ich alle Gäste, unterhalte mich mit ihnen und flirte dann und wann auch ein wenig.
Im „Nah genug“ anzufangen war die beste Entscheidung seit Langem.
Andy verfolgt jede meiner Bewegungen, jedes gesprochene Wort und jeden noch so winzigen Flirt. Je länger dieses Theater geht, je mehr genieße ich es, ihn eifersüchtig zu machen. Wenn ich schon gerade dabei bin, mein Herz an ihn zu verlieren, kann ich mir dabei auch etwas Spaß gönnen.
Andy scheint die Nase endgültig voll zuhaben. „Kleines, es wird Zeit, dass wir endlich heimkommen, ich kann es kaum erwarten, mit dir heißen und hemmungslosen Sex zu haben.“
Oh Fuck! Hat er das wirklich gerade gesagt, so laut, dass es alle anwesenden Männer an der Bar gehört haben. Wie schrecklich, warum öffnet sich jetzt kein riesiges schwarzes Loch unter meinen Füßen, in dem ich verschwinden kann?
Der sehr, sehr böse Blick, den ich ihm gerade zuwerfe, scheint an ihm einfach abzuprallen. Max, der bis jetzt konsequent an seinen Flirtversuchen festgehalten hat, legt mir sein Geld auf die Bar und verschwindet mit einem einfachen „Bye“. Andy scheint mit seinem Plan ziemlich erfolgreich zu sein, im Nu ist gut die Hälfte der Männer verschwunden. Ich komme mir vor wie ein Laternenmast, der gerade von einem Neandertaler markiert wurde. Meinem Unterbewusstsein hat es komplett die Sprache verschlagen. „Na also, Kleines, dein Feierabend ist ziemlich in die Nähe gerückt.“
Am liebsten würde ich ihm eine schmieren, doch ich kann mich gerade noch so beherrschen. „Was sollte das? Spinnst du?“ Andy steht auf, geht um die Bar herum, kommt mir immer näher. „Kleines, ich erzähle dir jetzt mal was, etwas, das du dir merken solltest. Ich bin ein erwachsener Mann, kein kleiner Junge, mit dem du spielen kannst. Letzte Nacht war der absolute Wahnsinn, und ich will verdammt sein, wenn ich dich einfach entwischen lasse. Du gehörst seit unserem ersten Kuss zu mir, du bist mein Mädchen, und wenn es die Zukunft so will, in absehbarer Zeit meine Frau.“ Seine Hand umfasst mein Handgelenk, zieht mich noch näher an seinen Körper. „Ich beschütze, was mir gehört und ich pflege es auch zu behalten. Also, wenn du das, was sich zwischen uns gerade entwickelt, nicht willst, dann sag es, denn dann kannst du mit allen Männern in dieser Bar schlafen und es wird nicht mehr mein Problem sein. Wenn du aber zu mir gehören willst, dann hör auf mit deinen Spielchen und akzeptiere die Tatsache, dass ich nicht gerne Teile.“ Bei seinen letzten Worten ist seine Stimme immer rauer und dunkler geworden. Seine Mimik ist ernst
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