Short Stories - Sammelband 5-faches Lesevergnuegen
zustimmen. Das war nicht so schlau. Unbeholfen schließe ich meine Augen und warte auf den schmerzenden Aufprall auf dem schwarzen Marmorboden. Doch statt fieser Schmerzen spüre ich warme Arme unter meinem Hintern und ein tiefes Lachen, das meine Wangen streift.
„ Sweety, versuchst du dich in Coyote Ugly?“
Puuh , das ist gerade noch einmal gut gegangen, statt auf meinem Po bin ich in den Armen meines Chefs gelandet. „Danke, Marc, ich wollte nur den Malibu aus dem Regal holen.“ Stolz präsentiere ich ihm die wohlbehalten gebliebene Spirituosenflasche. Verwundert schüttelt er seinen Kopf, ohne mich wieder auf die Füße zustellen. „Sweety, scheiß auf die Flasche, pass lieber auf deinen kleinen geilen Arsch auf, der ist viel wichtiger.“
Ich lehne mich ein Stückchen nach vorne, gebe ihm ein Küsschen auf seine Backe und flüstere ein Danke. „Gern geschehen, Sweety, jede Zeit wieder ...“
Endlich spüre ich wieder sicheren Boden unter meinen Füßen.
Routiniert gebe ich den Malibu, den Blue Curaçao und den Ananassaft in den Shaker. Noch etwas Eiswürfel dazu und ein paar Mal kräftig schütteln. Das Heimtückische an diesem Cocktail ist: Das Tonicwater wird erst zum Schluss mit den gemixten Zutaten in einem Glas aufgefüllt.
Während sich das Adrenalin in meinem Körper abbaut und meine Hände nicht mehr ganz so zittern, erzählt mir mein Unterbewusstsein etwas von seinem Allgemeinwissen:
Zu den Curaçaos gehört auch Blue Curaçao. Damit ist er den Orangenlikören zuzuordnen. Der Name "Curaçao" leitet sich von der südamerikanischen, vor Venezuela liegenden Inseln Curaçao ab. Für die Herstellung wird Neutralalkohol verwendet. Die Orangen- und Pomeranzenschalen werden darin eingelegt. Der Bue Curaçao ist ein Produkt, das aus dem Verbraucherverhalten entstand, als statt Geschmack die Farbenvielfalt im Mittelpunkt stand. Laut den Verordnungen der Europäischen Union müssen Liköre einen Volumenalkohol von mindestens 20 Prozent aufweisen. Die ebenfalls zu den Curaçaos zählenden Triple Sec-Liköre haben traditionell bis zu 40 Volumenprozent Alkohol.
Na super, ein Unterbewusstsein mit prozenthaltigem Insiderwissen, das hat mir gerade noch gefehlt.
Endlich ist der Blue Cobra fertig, schnell schlüpfe ich hinter der Bar raus und begebe mich zu meiner Kollegin, um ihr den Cocktail zu bringen.
Ein kräftiger Arm legt sich um meine Taille und zwingt mich zum Anhalten. Gerade als ich mich umdrehe, um den Arm abzuwehren, blicke ich in Andys dunkle und wütende Augen. „Mia, was soll das?“
Anscheinend hat Andy gleichzeitig mit Nick die Bar betreten und meine unfreiwillige Statisteneinlage mitbekommen. „Was soll was?“ Sei schlau, stell dich dumm, mein Unterbewusstsein und ich sind uns endlich einmal einig.
„ Was hast du in Marcs Armen verloren? Was soll dieses Sweety-Getue? Und was um Himmelswillen soll dieser nicht wirklich vorhandene Rock?“
O.k., in diesem Fall schadet es nicht, mich so richtig dumm zustellen. „Ich bin vom Hocker gefallen und Marc hat mich sozusagen gerettet, indem er mich aufgefangen hat. So, wie du Kleines zu mir sagst, sagt mein Chef eben Sweety zu mir. Und mein Rock muss ja anwesend sein, sonst hättest du ihn ja nicht bemerken können.“
Ich bin schön naiv bei der Wahrheit geblieben und habe alle seine Fragen beantwortet.
„ Und was sollte der Kuss? Was hast du dafür für eine Ausrede?“
„ Andy, du benimmst dich lächerlich, ich brauche keine Ausrede, ich kann küssen, wen und wann und wo ich will.“
Seine Kieferknochen treten deutlicher hervor, sein ganzer Körper spannt sich an, während sich seine Augen in einen tiefen schwarzen Krater verwandeln, in den ich zu fallen drohe. „Wir hatten gestern Sex, guten, intensiven Sex. Ich weiß ja nicht, wie du das sonst so handhabst, aber ich schlafe nicht mit jeder dahergelaufenen Frau. Du hast dich mir gestern hingegeben und so, wie ich das sehe, ohne einen Funken von Zweifel und Zurückhaltung. Mein Bissabdruck ziert deinen Hals, ich wusste schon, warum ich dir den verpasst habe und doch kapierst du es einfach nicht!“
Seine geknurrten Worte sind mir direkt unter die Haut gefahren, trotzdem muss ich ihm zustimmen, ich kapiere es gerade wirklich nicht. „Andy, ich bin in der Arbeit, ich muss zurück an die Bar, lass mich jetzt bitte los.“
„ Wir reden weiter, wenn du Feierabend hast, ich warte auf dich.“
Ohne seinen letzten Satz zu kommentieren, lasse ich ihn stehen.
Einem winzigen
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