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Shotgun Lovesongs

Shotgun Lovesongs

Titel: Shotgun Lovesongs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nickolas Butler
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bankrott. Die Genossenschaft löste sich auf und ein Typ namens Aintry kaufte das Gebäude, um eine Lagerhalle daraus zu machen. Seine Idee war nicht schlecht, zumindest in der Theorie: Er wollte den Raum in einzelne Speichereinheiten aufteilen, den Leuten etwa vierzig Dollar pro Monat berechnen und sich dann gemütlich zurücklehnen und den Profit einfahren. Das Problem war nur, dass das Gebäude bereits anfing, aus den Fugen zu gehen. Der Keller hatte sich mit Wasser gefüllt, überall waren Ratten und Fledermäuse und in einer kleinen Ortschaft, wo alle Farmer nur relativ kleine Flächen bewirtschaften, ist die Nachfrage nach Lagerraum begrenzt. Die Leute lagern ihre Sachen einfach in ihren eigenen Scheunen oder in den Geräteschuppen oder sogar in ihren Vorgärten. Danach stand die Mühle leer und wartete geduldig auf die Abrissbirne. Oder auf so einen Idioten wie mich.
    Ich ging in die alte Lagerhalle, wo früher wohl einmal zahllose Paletten mit Milchpulver oder Getreidesäcken gestanden hatten. Alles war schon für Ronnys Hochzeit vorbereitet. Die Klappstühle waren in säuberlichen Reihen aufgestellt, die alle auf ein Podest in der Mitte ausgerichtet waren. Darauf stand eine kleine Bühne. Ich ging zu ihr hinüber, schaute zurück auf die Stuhlreihen und dachte an meine eigene Hochzeit und an Felicia.
    Ich beschloss, zu dem alten Motel zwischen Little Wing und Eau Claire zu fahren, in dem sie untergekommen war. Ich ging nach draußen, stieg in meinen Escalade und wartete, bis der Motor warm wurde. Ich fuhr sehr langsam. Eine Dreiviertelstunde für ein paar Meilen.
    Ich klopfte an die Tür, zuerst sehr leise, um sie nicht zu erschrecken, und dann ein bisschen lauter. Sie öffnete die Tür ein paar Zentimeter und ich konnte sehen, dass die Sicherheitskette bis zum Äußersten gespannt war. Sie sah müde aus.
    »Hallo«, sagte ich.
    Sie schloss die Tür, was mir für einen Augenblick einen Kloß in die Kehle steigen ließ, aber dann öffnete sie sie wieder und ließ mich eintreten.
    »Zieh die nassen Sachen aus«, sagte sie.
    Ich schlüpfte neben sie ins Bett und sie umschlang mich mit ihrem ganzen Körper. Ich schaute auf den Nachttisch. Öffnete die Schublade und tastete nach der Gideon-Bibel. Jemand musste sie gestohlen haben. Meine Finger berührten nur das kalte Glas eines Aschenbechers. Ich fuhr die glatten, rechteckigen Umrisse nach.
    »Lass uns von hier weggehen«, sagte ich. »Von Little Wing.«
    »Ich will ein Baby«, sagte sie. »Jemand hat mir den Ratgegeben, dich auszutricksen. Aber das will ich nicht. Mach mir einfach ein Kind und dann lass uns von hier abhauen.«
    Ich schaute auf die zerschlissenen Vorhänge des Motelzimmers. Sie waren mit einer Jagdszene bedruckt: Enten, die vor drei Männern mit Gewehren davonflogen, während die leeren Patronenhülsen munter aus den noch rauchenden Kammern purzelten. Und unter dem Bogen, den die Enten in ihrem Flug über den Himmel zogen, Schilfgras und ein sehr friedlich aussehender Sumpf. Die Wände waren vom Zigarettenrauch geschwärzt und der Teppich sah uralt und abgenutzt aus. Über dem Bett hing ein Bild von einem Schiff, das sich durch ein sturmgepeitschtes Meer kämpfte. Ich seufzte und dachte: Eigentlich war’s in Chicago doch gar nicht so übel.
    »Morgen früh«, sagte ich und schloss die Augen. »Morgen früh machen wir ein Baby.«
    Aber Felicia wollte nicht so lange warten.

Die ganze Stadt war gekommen. Es gab längst nicht genug Stühle und nicht genug Platz für die Schaulustigen, die herbeigeströmt waren. Viele Leute standen draußen vor der Mühle in der Kälte und spähten durch die Fenster herein, die schon ganz beschlagen waren. Andere hatten sich im Keller der Mühle versammelt, den Kip in einen wahrhaft atemberaubenden Ballsaal von rustikaler Eleganz verwandelt hatte. Wo früher einmal tote Ratten und Mäuse durch zehn Zentimeter tiefes lauwarmes Wasser getrieben waren, erglühte nun der riesige Raum in goldgelbem Licht unter zahllosen Kerzen und Weihnachtsbeleuchtung. Man hätte meinen können, es würde irgendein Königspaar heiraten, als würden sich heute die beiden bedeutendsten aristokratischen Häuser des amerikanischen Mittleren Westens vereinigen. Kips Hochzeit war ja schon recht prachtvoll gewesen, aber das hier übertraf sie bei weitem. Und vielleicht lag das ja auch an der ganzen Aufregung des vorigen Abends. Denn trotz seiner halb abgefrorenen Finger und seiner leuchtend roten Nase bestand Ronny darauf, die Hochzeit ganz

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