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Shotgun Lovesongs

Shotgun Lovesongs

Titel: Shotgun Lovesongs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nickolas Butler
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schon neue Batterien waren, und Leuchtraketen – lauter Sachen, die er wohl gerade aus dem Lager seines Ladens requiriert hatte.
    Ich ging zusammen mit Eddy los. Wir liefen zu Fuß in die Nacht hinaus, verbunden mit einem Seil, das wir an unseren Gürteln festgeknotet hatten. Wir riefen immerwieder Ronnys Namen, traten den Schnee auseinander, stachen mit Skistöcken und Wanderstöcken in Schneewehen. Der Nordwind fühlte sich an wie die Zähne einer rostigen alten Säge und immer noch fiel der Schnee, fiel und fiel, während wir uns immer weiter von der Mühle wegbewegten und von dem wenigen Licht, das das Gebäude und die herumstehenden Fahrzeuge spendeten. Ich dachte an Ronny, daran, dass ich meinen Freund verlieren könnte, und diese Möglichkeit schien plötzlich sehr real. Wir liefen weiter, schrien seinen Namen.
    ...
    Nicht lange nachdem Chloe und ich geheiratet hatten, rief Ronny mich an. Er erwischte uns gerade beim Abendessen im Restaurant. Zuerst wollte ich seinen Anruf gar nicht entgegennehmen. Chloe und ich waren damals gerade mal einen Monat verheiratet, aber es fing schon an zu kriseln. An diesem Abend hatten wir jedoch Spaß – redeten, hielten uns an den Händen, tranken Wein. Es war einer von den Abenden, die mir wieder Hoffnung machten. Weshalb ich, als mein Telefon klingelte und ich die vertraute 715er-Vorwahl erkannte, es zunächst fünf Mal klingeln ließ, bevor ich schließlich doch aufstand und meine Serviette auf meinen Stuhl warf. Ich hob einen Finger hoch, sah Chloe an und formte mit dem Mund die Worte Bin gleich wieder da . Dann trat ich auf die Straße hinaus.
    »He, Lee, hier ist Ronny. Wie geht’s dir, Kumpel? Wie geht’s Chloe?«
    Eine Bar in der Nähe überschwemmte den Bürgersteig mit laut dröhnender Tanzmusik, so dass ich seine Stimme kaum hören konnte. Ich steckte mir einen Finger ins Ohr.»Uns geht’s gut, Kumpel, echt gut. Hör zu, ich kann nicht lang reden, wir essen nämlich gerade. Kann ich dich zurückrufen?«
    Es gab eine Pause am anderen Ende und ich wusste, dass ich ihm den Wind aus den Segeln genommen hatte.
    Ronny ist wie ich, scheiße noch mal – er hat es immer schon gehasst zu telefonieren, hat es immer vorgezogen, mit den Leuten von Angesicht zu Angesicht zu reden, ihnen dabei in die Augen zu schauen. Er sagt, er kann die Leute dann besser einschätzen.
    »Na ja, ich hab gute Neuigkeiten«, fing er dann wieder an. »Hast du ’ne Sekunde, um dir so richtig gute Neuigkeiten anzuhören?«
    Ich atmete aus. »Klar hab ich das, Ronny. Gute Neuigkeiten höre ich doch immer gerne. Leg schon los.«
    »Ich werde heiraten. Ich werde heiraten , Kumpel. Ist das zu fassen, verdammt noch mal? Dass ich heiraten werde?«
    Er lachte und ich konnte Lucys Stimme im Hintergrund hören und ich dachte daran, wie ich meine eigene Verlobung bekanntgegeben hatte, Ronny gegenüber und Henry gegenüber – den wichtigsten Menschen in meinem Leben. Chloes persönliche Assistentin hatte ihnen die Einladungen mit der Post geschickt. Ich habe sie nie angerufen, wir waren zu beschäftigt, oder so was in der Art, ich kann mich nicht mehr erinnern. Aber verdammt noch mal, so wie Ronny, so musste man das machen. Ich konnte ihn mir in seiner Wohnung vorstellen, mit Lucy neben sich. Vielleicht hatten sie ja ihre Arme und Beine ineinander verschlungen und trugen beide ein Lächeln im Gesicht, das so breit war wie ein Regenbogen in der Prärie. Ich lehnte mich gegen das Gebäude hinter mir, aber es war ein Fenster und der Gast auf der anderen Seite klopfte ärgerlich gegen dieScheibe. Ich ging ein paar Schritte vor, auf die nächstgelegene Parkuhr zu, und lehnte mich dagegen.
    »Ronny«, sagte ich und musste stottern, nicht halb so glücklich, wie ich es hätte sein sollen, weil ich einfach nur fassungslos war, dass er überhaupt jemanden gefunden hatte. »Das ist fantastisch, Mann. Das ist – du lieber Gott, das ist das Allerbeste, was du mir erzählen konntest!« Und erst in diesem Moment wurde mir klar, wie großartig das war. Ich richtete mich auf, spürte, wie ich immer aufgeregter wurde, wie meine Stimme immer lauter wurde. Plötzlich wollte ich meinen Freund einfach nur noch umarmen, richtig fest umarmen, ihn in die Luft heben. »Scheiße, Ronny! Das sind die besten gottverdammten Neuigkeiten, die ich je gehört habe. Ich freue mich wahnsinnig für dich, Kumpel. Echt wahnsinnig.« Ich nickte mir selbst zu.
    »Du erinnerst dich doch an Lucy, oder?«, fragte er. »Von deiner Hochzeit? Das

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