Shotgun Lovesongs
Getränken. Die Lieferfirma für das Essen war auch nicht von hier, sie kam den ganzen weiten Weg aus Minneapolis. Anscheinend wollte Kip keinerlei Risiko eingehen. Nur das Beste war gut genug.
Der Tag war graugolden und Wolkendunst verschleierte immer wieder die hell strahlende Sonnenscheibe. Es war ein guter Tag, um eine Jacke zu tragen.
Ronny saß auf der Bordsteinkante vor seiner Wohnung. Seine Haare waren nass und zurückgekämmt. An seinem Kinn klebte ein rotgefärbter Taschentuchfetzen, wo er sich beim Rasieren geschnitten hatte. Er winkte uns fröhlich zu, als wir uns ihm näherten. Er trug seinen Anzug aus Polyester, sein weißes Hemd und seine Bolotie, ohne dassihm das irgendwie peinlich gewesen wäre. Seine alten Cowboystiefel hatte er ganz offensichtlich mit Schuhcreme blankpoliert.
»Du siehst toll aus, Ronny Taylor!«, sagte Beth und rutschte auf der Bank unseres Pick-ups an mich heran, während sich Ronny auf den Platz am Fenster setzte. Sie küsste ihn auf die Wange und er wurde ganz rot, während sie den Lippenstift von seiner frisch rasierten Haut wischte.
»Danke, Beth«, sagte er schüchtern.
Wir hörten auf dem ganzen Weg dorthin Radio: die örtlichen Sportergebnisse, den Wetterbericht, die Meldung, dass man nicht weit von der Stadt entfernt einen Berglöwen gesichtet habe. Der Wagen rollte geschmeidig über die versteckten Seitenstraßen und wir legten den Weg zu Lees Haus schweigend zurück, in freudig-nervöser Stimmung. Chloe war eine große Schauspielerin, jeder kannte und mochte sie. Wenn sie nicht gerade filmte, trat sie am Broadway auf. Sie hatte einen Golden Globe gewonnen, für die Darstellung einer Dichterin, an deren Name sich keiner von uns erinnern konnte. Als wir die Auffahrt entlang auf das Haus zurumpelten, saßen sie draußen auf Lees Veranda. Sie hatten die Schuhe ausgezogen, die Füße auf das Geländer gestützt und winkten uns fröhlich zu, als wir in Sichtweite kamen. Selbst aus fünfzig Meter Entfernung konnten wir den Dampf sehen, der aus ihren Kaffeetassen aufstieg, und den Rauch, der sich aus Lees Lieblingsaschenbecher emporschlängelte und der, wie ich annahm, von zwei Joints stammte. Auf Lees Weide graste eine ziemlich große Herde von Rehen und er zeigte auf sie, als wir uns dem alten Schulhaus näherten.
»Sie sind schon den ganzen Morgen hier!«, rief Chloe und lächelte uns an, während sie sich mit einer Hand dieAugen vor einem Sonnenstrahl abschirmte, der soeben durch die Wolkendecke brach.
»Oh, klasse«, sagte Ronny vergnügt. »Ich liebe Rehgulasch.« Beth boxte ihn sanft in die Rippen und wir lachten alle, während der Truck vor dem Schulhaus hielt.
Außer Lee hatte ich noch nie jemanden Berühmtes kennengelernt, und wie gesagt, obwohl wir wussten , dass er berühmt war, dachten wir nicht weiter darüber nach. Aber Chloe kennenzulernen … das war für mich absolut unfassbar. Ihre Haare rochen nach Vanille und ich erinnere mich genau, wie sich ihr Skelett anfühlte, ihre zarten Knochen in meinen Händen, während wir uns umarmten. Ihre rotblonden Haare waren dick und glänzend und ihre weitgeöffneten Augen waren vom Hasch ein wenig gerötet. Sie hielt meine Oberarme leicht umfasst und betrachtete eingehend mein Gesicht, anerkennend, wie ich hoffte, bis ich meinen Blick abwandte und hinunter auf meine alten Schuhe starrte.
»Lee sagt, du seist sein bester Freund«, sagte sie, während sie mich immer noch festhielt. »Es ist mir eine Ehre, dich kennenzulernen, Hank.«
»Ich dachte, ich bin dein bester Freund«, beschwerte sich Ronny mit echtem Schmerz in den Augen.
Lee berührte ihn mit seiner Hand. »Das bist du auch, Ronny. Nur verrat es Hank nicht.«
»Ich bewundere all deine Filme«, sagte ich zu Chloe. »Du bist meine Lieblingsjulia.«
Sie errötete höflich und dehnte den Spann eines ihrer bezaubernden Füße. Ich konnte sehen, dass ihre Fußsohlen ganz dreckig waren, und ich hatte auf einmal das starke Verlangen, ihre Füße in die Hände zu nehmen und zu massieren.
Beth boxte mich sanft gegen den Arm und durchbrach meine Träumereien. »Ich dachte, ich sei deine Lieblingsjulia«, sagte sie. Wir lachten alle und dann umarmten sich Beth und Chloe. Lee ging ins Haus und kam mit einem orangefarbenen Medikamentenröhrchen aus Plastik zurück, das zwei weitere Joints enthielt. Er gab sie Beth und mir.
»Wir haben ganz vergessen, den Brunch vorzubereiten. Das hier muss also reichen. Willst du ’ne Coke?«, wandte er sich an Ronny, aber Ronny
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