Shotgun Lovesongs
diesen Leuten, über die man in der Klatschpresse liest. Verdammte Scheiße. Wir waren nicht mal ein Jahr verheiratet. Was für ein Idiot muss man sein, wenn man’s nicht mal schafft, ein Jahr verheiratet zu bleiben?«
»Das ist den Leuten doch vollkommen egal«, sagte Henry. »Es wird ihnen jedenfalls bald vollkommen egal sein. Wart nur ein paar Monate – du wirst schon sehen. Wir sind einfach nur froh, dich wieder hierzuhaben.«
»Aber du verstehst doch, was ich meine, oder? Scheiße. Was zum Teufel habe ich mir bloß dabei gedacht?«
Henry sagte nichts, warf einfach nur Zweige in den Fluss und schaute zu, wie sie davontrieben.
»Hast du in letzter Zeit mal mit Ronny gesprochen?«
»Nein. Geht es ihm gut?«
Henry lächelte schief und nickte. »Besser als gut, würde ich sagen. Er wird heiraten.«
»Ach das. Ja, er hat mich vor ’ner Weile angerufen. Ich soll sein Trauzeuge werden.«
»Dann hast du’s also schon gehört.«
»Was denn?«
»Dass sie schwanger ist. Ich meine, Lucy ist schwanger – die Frau, die mit ihm auf deiner Hochzeit war.«
»Was? Du verarschst mich doch.«
»Ich schwör’s dir.«
»Lucy. Die mit auf der Hochzeit war. Die ist schwanger? Sie kriegen ein Kind?«
»Yep.«
»Und das passiert wirklich und wahrhaftig? Oder bin ich jetzt nur total bekifft?
»Sie ist schwanger.«
»Nein.«
»Doch.«
»Nein.«
»Technisch gesehen«, sagte Henry, »je nachdem, wann deine Scheidung durch ist, wird sie länger schwanger gewesen sein, als du verheiratet warst.«
Ich schaute Henry an, bereit, ihm eine reinzuknallen, aber dann brach ich in schallendes Gelächter aus. Und er lachte mit. Wir holten alles raus, was nur rauszuholen war. Unser Gelächter war so laut, dass kaum zwanzig Schritte von uns entfernt im tiefen Gras ein Moorhuhn aufgeschreckt wurde.
»Du solltest ihn anrufen«, sagte Henry. »Er wollte es dir persönlich sagen. Weil du ja der Trauzeuge bist und so.«
»Ich hab es wohl eher nicht verdient, sein Trauzeuge zu sein. Ich bin ein echter Scheißbrocken gewesen, dieses ganze letzte Jahr. Ich habe keine Ahnung, was da in mich gefahren war.«
Henry fuhr fort, Zweige in den Bach zu werfen, und sah mich nicht an. »Ich hab schon geglaubt, du würdest für immer weggehen.«
»Nein, das würde ich nie tun«, log ich. Und dann sagte ich: »Henry, da ist etwas, was ich dir sagen muss.«
Henrys Blick war auf den Bach gerichtet, der Joint zwischen seinen Lippen bis zum Filter heruntergebrannt. Die Sonne stand tief im Westen, das Licht des Tages war schon fast verschwunden. Es war kalt geworden. Wir zogen unsere Jacken eng um unsere Körper und bliesen in unsere Hände.
»Ja?« Er reichte mir den Joint.
Ich schaute zurück zum Haus – auf die Telefonmasten und Drähte, die das Haus mit der Welt verbanden. Auf den Drähten saßen die Vögel, wie Töne auf einem einzelnen langen nie enden wollenden Notenstrich.
»Na ja, es ist so eine Art Kompliment, denke ich.« Alles in mir ist so verschwommen, so traurig.
»Über Komplimente freut sich jeder.«
Wenn du etwas sagst, ist es kein Geheimnis mehr … »Es könnte sein, dass ich in Beth verliebt bin.« Ich nahm einen Zug von dem Joint. Zu spät …
Henry schwieg. Ich wartete darauf, dass er etwas sagte. Aber das tat er nicht. Er saß einfach nur da, rupfte tote Grashalme aus der Erde. Sein Kiefer sah seltsam verkrampft aus.
Ich wollte, dass er verstand, was ich zu sagen versuchte. »Ich weiß auch nicht, Hank. Aber ich glaube, ich bin in Beth verliebt. Ich glaube, ich bin schon seit ziemlich langer Zeit in sie verliebt.« Sie ist so wunderschön …
Henry schwieg lange. Ich war so bekifft, dass ich unmöglich hätte sagen können, wie viel Zeit verging, ob er nur ein paar Sekunden geschwiegen hatte, oder Minuten oder Stunden.
»Ich weiß, wir sind gerade beide high«, sagte er schließlich. »Deshalb gebe ich dir noch eine Chance. Wenn duecht so im Arsch bist und diese Sachen einfach nur so aus dir rauskommen und du es nicht kontrollieren kannst, dann wäre jetzt der Zeitpunkt zu sagen: › Henry, es tut mir echt leid, ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. ‹ Ansonsten, Mann – also, ich glaube, ansonsten haben wir zwei ein Problem.«
Du weißt nicht, was du sagst . »Ich glaube, dass sie vielleicht auch in mich verliebt ist.«
»Lee, halt verdammt noch mal die Schnauze.«
»Es tut mir leid, aber ich muss es einfach sagen.«
»Warum? Warum musst du es sagen?«
»Weil es stimmt. Wir haben miteinander
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