Showdown
schlug man den frommen Männern ein Tauschgeschäft vor. Gegen 260 wertvolle Immobilien in ganz Griechenland wechselte der See den Besitzer, und die Mönche waren plötzlich Eigentümer von Büros, Gebäuden, Grundstücken im Zentrum von Athen und sogar eines Filetstücks des Olympiageländes. Bei diesem Tauschgeschäft – die angebliche Urkunde wird von vielen Quellen als dreiste Fälschung bezeichnet – wurden der See extrem über- und die bisher staatlichen Grundstücke stark unterbewertet. Am Ende entstand dem griechischen Staat ein Schaden von etwa 100 Millionen Euro. Gute Tauschgeschäfte haben eine jahrtausendealte Tradition in Griechenland, aber hier hatte es jemand offenkundig übertrieben. Der Abt des Klosters wurde 2011 festgenommen. Er soll sich für diesen Immobilientausch seines Freundes Theodoros Rousopoulos (verzeihen sie die Zungenbrecher, aber ich habe mir die Namen ja nicht ausgedacht), seines Zeichens Regierungssprecher von Karamanlis, bedient haben. Und hier schließt sich der Kreis. Solche oder ähnliche Korruptionsleichen hatte in der damaligen Zeit sicherlich so manch ein Politiker im Weinkeller liegen, aber diese eine nutzte man nun, um Karamanlis aus dem Sattel zu heben. Die Opposition verursachte eine große Welle. Karamanlis konnte man nichts anhängen, aber eben seinem Regierungssprecher, der im Oktober 2008 zurücktrat. Der Handelsmarineminister war ebenfalls bereits zurückgetreten. Was die Handelsmarine mit einem griechischen Binnensee zu tun hat, erschließt sich einem auch nicht auf den ersten Blick. Der Druck auf Karamanlis nahm von allen Seiten weiter zu. Es kam zu immer heftigeren Protesten, die durch den Tod eines 15 -Jährigen, der von einem Polizisten unter umstrittenen Umständen erschossen worden war, erst richtig geschürt wurden.
2009 , zwei Jahre vor Ablauf seiner regulären Amtszeit, kündigte Karamanlis vorgezogene Neuwahlen an, obwohl er durch den Skandal im Rücken nicht den Hauch einer Chance auf Wiederwahl hatte. War es politischer Selbstmord aus Angst vor dem biologischen Tod? Karamanlis verlor die Wahl erwartungsgemäß mit Pauken und Trompeten, und sein Nachfolger trat auf den Plan, dessen Vita beängstigend in das bisherige Gesamtbild passt.
Giorgos Papandreou, 1952 als Sohn einer amerikanischen Mutter in Minnesota in den USA geboren, besuchte dort bis 1979 das Amherst College. Nur zwei Jahre später war er Parlamentsmitglied der griechischen Partei PASOK und von 1999 bis 2004 griechischer Außenminister. 1992 / 93 war er Fellow im Center for International Affairs an der Universität Harvard. Eine gewisse Beziehung zu den USA scheint also durchaus gegeben. Laut griechischen Politquellen setzt er viele »Gärtner« in hohe Ämter ein, unbekannte Lakaien also im Dienste der USA – so spekuliert man wenigstens in griechischen Kreisen. Am 6 . Oktober 2010 übernimmt er die Regierung und beginnt, Griechenland zu destabilisieren. Sofort nimmt er sein Versprechen einer Erhöhung der Sozialhilfe zurück, durch das er überhaupt erst an die Macht gekommen ist. Und nur 14 Tage nach den Wahlen deckt sein Finanzminister Giorgos Papakonstantinou auf, dass das griechische Defizit 2009 nicht, wie von der Vorgängerregierung benannt, bei 6 Prozent, sondern vermutlich bei 12 bis 13 Prozent liege. Damit erstattet er praktisch unmittelbar nach Amtsübernahme Selbstanzeige des griechischen Staates in Brüssel und löst den noch heute andauernden Feuersturm über Griechenland aus.
Ist das nicht extrem ungewöhnlich? Würde man nicht in guter Tradition versuchen, diese Fakten drei- und viermal zu prüfen und lieber weiter Stillschweigen zu wahren, als das eigene Land binnen zwei Wochen in den Abgrund zu werfen? Ist es nicht erstaunlich, wie schnell ein griechischer Finanzminister solche Zahlen erstellen kann, während andere in diesen wenigen Tagen nicht einmal ihre neue Büroeinrichtung ausgesucht haben? Oder war das alles ein abgekartetes Spiel? Hatte man ihm schon zuvor mitgeteilt, welche Daten er zu veröffentlichen hat, wenn er erst einmal im Amt ist? – Eine unglaubliche Vermutung? Keineswegs!
Im Januar 2013 erhebt die griechische Staatsanwaltschaft Anklage gegen den damaligen Chefstatistiker Andreas Georgiou, weil er die finanzielle Lage Griechenlands nach Amtsübernahme bewusst schlechter dargestellt hatte, als sie wirklich war. Georgiou, der wie Papandreou am Amherst College, USA , studierte, wurde an der University of Michigan promoviert, arbeitete von 1989 bis 2010
Weitere Kostenlose Bücher