Showdown
Türkei, die sich seit Bekanntwerden der Ölvorkommen einen erbitterten Streit mit den Griechen um die Hoheitsrechte in der Ägäis liefern, und das völlige Desinteresse der griechischen Seite verloren die Kanadier die Lust an diesem Projekt, schlossen den Laden ab und übergaben den Schlüssel wieder an die griechische Regierung. Hier dümpelte die Ölentwicklung in gewohnter Manier vor sich hin. Mal waren es die ehemaligen Gewerkschafter der NAPC , mal eine schillernde Figur aus Rumänien mit seiner eigenen englischen Ölfirma. Das Geschäft wurde immer uninteressanter und war kaum mehr erwähnenswert. Der Hype der 1970er und 1980er Jahre während der hohen Ölpreise war dahin.
Doch mit dem Ölpreisanstieg seit 2004 werden die griechischen Öl- und Gasfelder plötzlich wieder interessant. Neue Erkundungen mit moderner Technik ergeben ein immer faszinierenderes Bild. Überall rund um Griechenland und seine Inseln entdeckt man riesige Vorkommen. Die einst schon optimistischen Schätzungen werden von den Experten heute noch weit übertroffen. Es beginnt ein Run auf die griechischen Vorkommen. Und hier liegt der Schlüssel für die aktuellen Ereignisse um Griechenland, Zypern und für viele Entwicklungen innerhalb der Europäischen Union.
Die Amerikaner entdecken wieder ihr Interesse an den griechischen Energiefeldern und versuchen erneut, die Hand daraufzulegen. Doch ganz anders als zur Zeit der US -freundlichen Militärjunta von 1968 ist der im Jahre 2008 amtierende Ministerpräsident Kostas Karamanlis ein denkbar schlechter Partner für die amerikanischen Interessen.
Karamanlis studierte zunächst Rechtswissenschaften in Athen, später Politik und Internationale Beziehungen an der Tufts Universität in Massachusetts, USA . Seit 2004 regiert er das schöne Griechenland und macht sich vor allem gegen Ende seiner Amtszeit große Feinde im westlichen Lager. Der griechisch-orthodoxe Karamanlis gehört der konservativen Nea Dimokratia an, die sich eher in Richtung Osteuropa als nach Amerika orientiert. Spätestens zu Beginn des Jahres 2008 treibt er es aber offenkundig zu weit. Das »Handelsblatt« überschreibt den entsprechenden Artikel mit den Worten »Griechenland verbündet sich mit Russland«. Es geht um die Gasversorgung Europas. Seit Jahren liegen die USA mit Russland um eine wichtige Gaspipeline im Süden im Clinch. Die Russen (Energiekonzern Gazprom) planen gemeinsam mit Italien (Energiekonzern Eni) eine Pipeline mit dem Namen »South Stream«, die, in Russland beginnend, am Grunde des Schwarzen Meeres nach Bulgarien laufen und sich von dort nach Österreich und Italien verzweigen soll. Diese Pipeline soll die Abhängigkeit von den bisherigen Transitländern Ukraine und Weißrussland beseitigen, die in den vergangenen Jahren immer wieder die Gaslieferungen von Russland nach Europa blockiert hatten.
Die Amerikaner im Verbund mit einigen europäischen Staaten hingegen haben anderes im Sinn. Sie planen das »Nabucco-Projekt«. Eine Pipeline, die von den Gasfeldern des Kaspischen Meeres bei Baku (Aserbaidschan) durch Georgien an Russland vorbei über türkisches Gebiet weiter nach Bulgarien, Rumänien, Ungarn und schließlich weiter zum Knotenpunkt Österreich verlaufen soll. Viele Konflikte in diesen Regionen der letzten Jahre – beispielsweise der Kaukasus-Konflikt 2008 – werden von Politikexperten auf den milliardenschweren Rivalitätskampf der Amerikaner und Russen um diese beiden Pipelineprojekte zurückgeführt. Auf diese beiden Pipelines kommen wir später noch einmal zurück.
Die USA wollen Russland das Geschäft mit dem Gasabnehmer Europa streitig machen. Und dieser Konflikt, der zwar in der Regel abseits der öffentlichen Wahrnehmung, aber dennoch mit großer Intention betrieben wird, muss als Grundlage für die folgende Entwicklung benannt werden. In die Spannungen hinein bietet der griechische Premier Karamanlis plötzlich an, sich an der russischen Pipeline South Stream zu beteiligen. Binnen fünf Monaten reist Karamanlis zweimal zum (übrigens russisch-orthodoxen) russischen Präsidenten Putin nach Moskau. Er möchte erreichen, dass der Abzweig nach Italien über griechisches Gebiet führt. Vieles deutet darauf hin, dass es bei diesen Gesprächen auch um die Erschließung der griechischen Gasfelder ging. Hat Karamanlis den Russen (Gazprom) angeboten, ihnen die Förderkonzessionen zu günstigen Konditionen zu übertragen, wenn sie im Gegenzug South Stream über griechisches Territorium nach
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