Showdown
direkt ins Schwarze Meer und an dessen Grund geradeaus durch bis nach Bulgarien. Dort geht die Röhre wieder an Land und führt über Bulgarien, Serbien und Ungarn weiter nach Österreich, ein anderer Abzweig nach Italien. Oder besser gesagt: sollte führen. Denn wie erwähnt ist diese Pipeline höchst umstritten. Ihr Bau begann erst im Dezember 2012 .
Und es gibt einen mächtigen Konkurrenten, der ebenfalls etwas vom großen Gasgeschäft mit Europa abhaben möchte. Der blöde Reiche (Europa) auf dem alten Kontinent war nie in der Lage, sich selbst um sein Gas zu kümmern, also kann man ihm das Notwendige teuer einreiben. An diesem fetten Geschäft wollen die Amerikaner gerne auch ein wenig verdienen. Nebenbei argumentiert man – sicherlich nicht zu Unrecht –, dass eine zu große Abhängigkeit von den Russen gefährlich sei und man sich doch bitte lieber auch ein bisschen von den Amerikanern abhängig machen sollte. So kann man es durchaus sehen. Also entschieden sich die Europäer, mit der österreichischen OMV , der Mineralölagentur MOL aus Ungarn, Transgaz aus Rumänien, RWE aus Deutschland und einigen anderen eine eigene Pipeline im Süden zu bauen: »Nabucco«. Der Name wurde gewählt, weil deren Initiatoren am Abend der entscheidenden Zusammenkunft gemeinsam Verdis Oper »Nabucco« angesehen haben. So einfach werden Dinge nun mal häufig entschieden. Unser ehemaliger Außenminister Joschka Fischer ist übrigens politischer Berater dieses europäisch-amerikanischen Pipelineprojektes. Wie da wohl die Gespräche aussehen, wenn Joschka Fischer auf seinen jetzigen Gegenspieler bei Gazprom und früheren Chef Gerhard Schröder stößt? Man möchte manchmal Mäuschen sein.
Diese Pipeline sollte nun also von den Gasfeldern am Kaspischen Meer und im Nordiran – sieh an – durch die Türkei, Bulgarien, Rumänien, Ungarn und schließlich wiederum nach Österreich führen. Mit ihren geplanten 30 Milliarden Kubikmeter Jahreskapazität sollte sie die russische South-Stream-Pipeline überflüssig machen. Das würde Europa ein klein wenig unabhängiger von russischen Gaslieferungen machen und wäre somit durchaus sinnvoll.
Aber woher kommt das Interesse der USA an dieser Pipeline? Neben dem selbstlosen Entschluss, Europa zu etwas mehr Unabhängigkeit von den Russen zu verhelfen, stehen noch ganz kleine, vernachlässigbare finanzielle und geostrategische Interessen im Raum. Im Wesentlichen geht es um den Kampf um die Rohstoffe des Kaspischen Meeres. Hier werden Ölvorkommen zwischen 50 und 100 Milliarden Barrel vermutet, was einem Gegenwert von aktuell etwa 4 bis 8 Billionen US $ entspricht.
Doch konzentrieren wir uns weiter aufs Gas. Im turkmenischen Teil des Kaspischen Meeres werden etwa 7 , 5 Billionen Kubikmeter Gas vermutet, was in etwa den gesamten konventionellen Gasvorkommen der USA (ohne Schiefergas) entspricht. Einige Geologen vermuten sogar noch größere Mengen. Noch ist es für westliche Unternehmen schwer, an diese Gasvorkommen heranzukommen, da in Turkmenistan eine knüppelharte Diktatur herrscht und zumindest offiziell niemand was mit diesem Staat zu tun haben will. Die US -Regierung arbeitet jedoch hart daran, die Bedingungen für ausländische Firmen im Land zu verbessern. Kurzum, man versucht alles, um Hand an die turkmenischen Gasvorkommen zu legen und diese dann über die Nabucco-Pipeline an Europa verkaufen zu können. Auch Aserbaidschan hat bekundet, sein Gas oder besser gesagt sein unter anderem von den amerikanischen Firmen ExxonMobil und Chevron gefördertes Gas über Nabucco verkaufen zu wollen. Hier sind jedoch noch einige technische Anschlussprobleme zu klären. Solange das alles nicht gelingt, weiß niemand so recht, mit welchem Gas Nabucco eigentlich befüllt werden soll.
Man kann das Ganze auch wie folgt zusammenfassen: Die Amerikaner haben ein großes Interesse daran, ihren Zugriff auf die Gasfelder des Kaspischen Meeres und einiger seiner Anrainerstaaten auszuweiten und dieses Gas dann über Nabucco an die Europäer zu verkaufen. Da würde eine konkurrierende russische South Stream mächtig stören. Die Russen haben ein Interesse daran, ihr eigenes Gas und jenes aus dem Kaspischen Meer, auf das sie bereits Zugriff haben, über South Stream an Europa zu verkaufen. Da würde eine konkurrierende Nabucco mächtig stören.
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